* Kapitel 16 *

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Ihre Verletzung und der dazugehörige Schmerz, sowie die Angst, unter der sie litt, hatten Sophia recht schnell das Bewusstsein geraubt. Als sie langsam wieder zu sich kam, spürte sie sogleich, dass man sie gefesselt hatte. Ihre Hände, die auf dem Rücken lagen, waren mit einem Seil festgebunden. Auch ihre Fußgelenke wurden mit Seilen zusammengehalten und es machte ein Laufen unmöglich. Der Schmerz in ihrem Arm war unerträglich und die Fesseln scheuerten ihre Haut wund. Mit dem Gedanken, dass, so schlecht ihre Situation auch war, sie wenigstens noch lebte, schlug sie ihre Augen auf.
Sie lag auf dem Boden eines großen Raumes, wohl eher einer Halle. Um sie herum standen zahlreiche Fässer und massig Säcke, deren Inhalt ihr aber nicht ersichtlich war. Es gab eine große Tür und mehrere Fenster, durch die Tageslicht hineinschien. Erschrocken richtete sich Sophia in eine sitzende Position auf. Wie weit war der Tag schon fortgeschritten, wie viele Stunden waren wohl vergangen? Der Schmerz in ihren Arm lenkte ihren Blick dorthin und sie sah mit Sorge, wie der Verband bereits blutgetränkt war. Auch wenn die Verletzung nicht lebensgefährlich war, so wusste sie, dass es bald zu ernsten Problemen kommen könnte, wenn die Wunde nicht bald richtig behandelt wurde.
Entschlossen biss sie ihre Zähne zusammen und versuchte, sich von den Fesseln zu befreien. Sie würde gewiss nicht tatenlos auf das warten, was Jayden als Nächstes mit ihr plante. Nach einigen hin und her, schaffte sie es, ihre gefesselten Hände über den Hintern hinweg nach vorne zu ziehen, wobei der Schmerz im Arm ihr die Tränen in die Augen trieb. Sie wartete einige Augenblicke bis sie bereit war weiterzumachen. Nun wo sie mit ihren Fingern an das Seil, das ihre Fußknöchel verband, herankam, versuchte sie es zu lösen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis sie den verdammt guten Knoten gelockert hatte und sie ihre Füße endlich befreien konnte. Sogleich stand sie auf, wobei sie sich erschreckend wackelig auf den Beinen fühlte. Nachdem sie um ihre Balance gerungen und etwas sicherer stand, eilte sie auf die große Tür zu. Doch wie erwartet war diese verschlossen. Dies deprimierte sie so sehr, dass sie einfach nicht anders konnte, als haltlos zu weinen. Sie hoffte so sehr, das Cole kommen würde, so wie er gesagt hatte. Doch wie sollte er sie hier finden und wäre sie ihm wichtig genug, um die Gefahr sie zu retten auf sich zu nehmen? Was, wenn er beschloss, das sie dieses Wagnis nicht wert sei?

Noch in den düsteren Stunden der vergangenen Nacht, hatte Cole mit einigen aus der Crew das Schiff verlassen, um ganz Lasciva auf den Kopf zu stellen. Nun, mehrere Stunden später gab es noch keinerlei Informationen und die jenen, die auf dem Schiff verblieben waren, mühten sich noch immer, die Spuren des Kampfes zu beseitigen. Isabelle war am Boden zerstört und kauerte schon seit Stunden schluchzend auf dem Boden ihrer Kammer. Vor einigen Minuten erst hatte sich Ben zu ihr gesellt. Mit blutbefleckter, eingerissener Kleidung saß er neben ihr und seine linke Wange war ganz geschwollen von den Schlägen, die er in der Nacht abbekommen hatte. Er war zu Isabelle gekommen, um sie zu trösten, doch er wusste nicht so recht wie.
"Glaube mir, Cole wird nicht aufgeben, er wird deine Freundin finden", versicherte er ihr, doch sie reagierte nicht und schien geistlich abwesend zu sein.
"Ich denke nicht das Jayden sie töten wird, immerhin gibt es mit ihr ein hübsches Sümmchen einzuheimsen und ...", er stockte, denn er merkte, dass er es nur schlimmer machte, da Isabelle nun fürchterlich zu weinen begann. Er schwieg eine Weile bis Isabelle wieder zu einem leisen Schluchzen übergegangen war.
"Du selbst hast doch nichts abbekommen oder?", fragte er und musterte sie prüfend. Es gab nichts, das auf irgendwelche Verletzungen hinwies. Dass dies so war, hatte sie wohl ihm zu verdanken. Nachdem sich die Crew der Angreifer bewusst geworden und es zu einem Kampf gekommen war, war er, einem inneren Drang folgend zu ihr geeilt. Das war auch gut so gewesen, denn er hatte einen dieser Schurken gerade noch so daran hindern können, ihr die Kehle aufzuschlitzen. Der Drang ihr helfen zu wollen war beinahe Schwindelerregend und nun, wo er sie so musterte, fragte er sich, wie sie ohne ihre Tom-Tom Verkleidung, die sie bisher nicht abgelegt hatte, aussah.
"Warum sprichst du eigentlich nicht?", wollte er wissen und fühlte sich vor den Kopf gestoßen, als sie ihm eiskalt den Rücken zudrehte. Deutlicher konnte sie ihm nicht klarmachen, das sie ihre Ruhe wollte. Schwer seufzte er und ließ ihr ihren Willen. Doch gerade als er in den Gang hinaus trat, hörte er einen unglaublichen Krach aus der Kombüse hallen. Eiligst machte er sich auf den Weg dorthin und staunte nicht schlecht, als er den Koch erblickte, der wütend alles zu Boden warf, was er in die Finger bekam. Sebastian hatte ordentlich Schläge einstecken müssen und war erst vor kurzem wieder bei Besinnung.
"Hast du zu viele Schläge gegen den Kopf bekommen oder warum wütest du in deiner geliebten Küche so herum?", fragte Ben.
"Halt einfach deine Fresse", schnauzte Sebastian und warf einen Teller zu Boden.
"Du hast eindeutig einen Gehirnschaden", stellte Ben trocken fest.
"Du sollst die Fresse halten, ich bin gerade verdammt wütend", schnauzte der Koch.
"Auf wen?".
"Auf mich verdammt nochmal", brüllte Sebastian.
"Warum denn das?".
"Da fragst du noch so blöd? Nur meinetwegen hat sich Jayden die arme Sophia gekrallt. Wie konnte ich mich von dem Penner überwältigen lassen?", rief Sebastian.
"Du hast dein Bestes gegeben", versicherte Ben ihm.
"Aber das war nicht genug!", brüllte Sebastian und warf noch einen Teller.
"Es wird nicht besser, wenn du alles zerstörst", warnte Ben.
"Verpiss dich einfach", rief Sebastian und Ben verließ rasch die Kombüse. Seid Jayden mit Sophia verschwunden war, war das Schiff von einer echt dicken Luft erfüllt. Ben hasste es und er hoffte, dass Cole sie bald fand und zurückbrachte. Doch warum hatte es bisher keine Rückmeldung gegeben? Gerade als er mit dieser stummen Frage das Deck betrat, eilte Adrian auf das Schiff. Er war einer von jenen, die Cole begleitet hatten.
"Hört, hört, ich verkünde den Befehl des Kapitäns. Alle Mann sofort an die Waffen und mitkommen", brüllte der alte und sein Ruf war kaum verklungen, da stürzten die Männer aus allen Ecken davon, um dem Befehl nachzukommen. Auch Ben eilte sich und er war der Erste, der zu Adrian zurückkehrte.
"Habt ihr Sophia gefunden?", fragte er aufgeregt.
"Nicht direkt. Aber wir fanden Jayden und wo er ist, wird auch sie sein. Der Drecksack hält sich in einem Lager am anderen Ende von Lasciva auf. Sind noch verdammt viele andere Mistkerle dort, ich wette, das wird viel Blut geben", antwortete Adrian und noch bevor Ben etwas sagen konnte, kam ein schwer bewaffneter Sebastian anmarschiert.
"Worauf warten wir dann noch, polieren wir mal paar Fressen", sagte er.

Des Piraten liebster SchatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt