* Kapitel 19 *

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So angenehm die frische Luft auch war, der Energieschub hielt nicht lange an und Sophia sehnte sich nach Ruhe. Den Umstand ausnutzend, dass Cole offensichtlich schwer beschäftigt war, kehrte sie in seine Kajüte zurück und genoss dort die Vorzüge der Einsamkeit. Ihren müden Gliedern die nötige Ruhe im Bett gönnend, wanderten ihre Gedanken aber bald schon zu unerfreulichen Dingen. Insula Peccati erfüllte sie mit Unbehagen. Sie fürchtete diesen ihr unbekannten Ort, der dank der gehörten Schilderungen auf sie wie die Hölle wirkte. Auch dachte sie viel über die Schwester von Cole nach. Sie ahnte, es belastete ihn schwer und sie konnte nicht verstehen, warum er nicht nach ihr suchte. Doch dann dachte sie daran, das, wenn ihr verschwinden wirklich Spurlos war, er genauso gut nach einer Nadel im Heuhaufen suchen könnte. Vielleicht hatte er einfach aufgegeben, so wie sie damals bei ihrem Bruder. Sie konnte gut nachvollziehen, wie sich Cole fühlen musste.
Mit einem schweren Seufzen riss sie sich schließlich von diesen Gedanken los und erhob sich wieder. Von der Langeweile gepeinigt, versuchte sie etwas Ordnung auf den Schreibtisch von Cole zu bringen. Er war in der Tat ein etwas unordentlicher Mann und diese Flausen musste sie ihm dringend austreiben. Erschrocken hielt sie inne. Was dachte sie da eigentlich? Rasch ließ sie ihre Finger von dem Tisch und sammelte stattdessen die Wäsche auf, die mal wieder sinnlos verstreut am Boden herum lag. Wenn Cole einer dieser Piratenfürsten war, dann war er es gewiss gewohnt, dass andere ihm sein Zeug hinterher räumten. Bei diesem Gedanken hielt sie erneut inne und ließ die Wäsche wieder achtlos zu Boden fallen.
"Ich werde gewiss nicht sein Dienstmädchen sein", murmelte sie, nahm sich eines der Bücher, die unordentlich unterhalb des Tisches aufgestapelt waren und begab sich damit zu Bett. Wie sich herausstellte, war das Buch sehr langweilig, denn es handelte vom Schiffsbau und der Seefahrt. Dennoch verschlang Sophia die Lektüre regelrecht, weil sie sonst nichts anderes mit sich anzufangen wusste. Der Himmel färbte sich rötlich und verkündete den Einbruch des Abends, als Sophia das Buch beiseite legte und sich fragte, wie lange sie wohl brauchten, bis sie Peccati erreichten. Gehörte Cole zu jenen Fürsten, die nach Frieden mit den anderen strebten oder zu jenen, die Blut vergossen? Das Letzte, was sie wollte, war in einen Krieg zwischen Piraten zu geraten. Rasch richtete sie sich im Bett auf, als sie Schritte hörte. Kurz darauf öffnete sich die Tür und Cole trat ein. Sogleich spielte ihr Herz wieder verrückt und sie sah zu, wie er die Tür bedächtig langsam hinter sich schloss und sein Blick dabei war sonderbar. Es gab keinen Zweifel daran, das er sich gerade vorstellte wie er sie übers Knie legte. Warum aber sah er so ungehalten aus? Fieberhaft überlegte sie, hatte sie etwas getan, das sein Verhalten rechtfertigte? Ihr fiel beim besten Willen kein Verschulden ein.
"Ich hatte soeben ein langes Gespräch mit Ben", sagte er und ließ sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch nieder. Mit seinen Fingern begann er auf der Platte seines Schreibtisches zu trommeln und sein Blick hielt sie dabei gefangen. Sophia wurde ziemlich nervös und zupfte an ihrer Kleidung herum.
"Und was genau, war der Inhalt dieses Gespräches?", fragte sie.
"Unter anderem, das Ben Interesse an deiner Freundin hat", antwortete Cole und Sophia warf ihm einen erstaunten Blick zu. Es war natürlich schön zu wissen, dass das Interesse von Isabelle nicht unerwidert blieb, doch sie war sich nicht sicher, ob die Gefühle der beiden eher freundschaftlich waren oder ob es vielleicht sogar in Liebe enden könnte. Letzteres könnte zu Problemen führen. Andererseits könnte Ben vielleicht genau das sein, was Isabelle brauchte. Sophia beschloss daher, sich in dieser Sache nicht einzumischen. Allerdings würde sie zur Furie werden, wenn Ben es wagte, Isabelle zu verletzen.
"Willst du nichts dazu sagen?", fragte Cole.
"Wieso sollte ich, was zwischen den beiden ist und was nicht, geht uns nichts an", antwortete sie und fragte sich, ob Cole dies anders sah. Störte es ihn etwa, das Ben und Isabelle füreinander Interesse hegten? War er deswegen so komisch?
"Isabelle verbringt seit kurzem sehr viel Zeit mit Ben und vorhin, hat sie ihm einige Dinge anvertraut, von denen er mir berichtet hat", sagte Cole und das Trommeln seiner Finger wurde immer schneller. Er wirkte, als würde er gleich explodieren, sein Kiefer mahlte kräftig und sein ganzer Körper schien unter Anspannung zu stehen.
"Tatsächlich? Was denn für Dinge?", fragte Sophia.
"Zum Beispiel, was zwischen euch und den Cortens vorgefallen ist", antwortete er und Sophia erschrak. Wenn sie ehrlich war, hätte sie nicht erwartet, das sich Isabelle tatsächlich Ben anvertrauen würde. Sie empfand es nicht als schlimm das andere es nun wussten, doch es verwirrte sie, das Cole sie ansah, als hätte sie eine Strafe verdient.
"Bist du deswegen so wütend?", fragte sie.
"Ich bin nicht wütend, ich bin nur fassungslos", antwortete er.
"Wieso?".
"Fragst du mich das gerade ernsthaft? Bei aller Ehre für dein Handeln, das mich ehrlich gesagt auch ein wenig Stolz macht, so bin ich Schockiert darüber, das du so leichtsinnig warst und dich in Gefahr begeben hast", sagte er.
"Willst du damit etwa sagen, es wäre besser gewesen wegzusehen?", fragte sie.
"Natürlich nicht, aber ist dir bewusst, was alles hätte passieren können?".
"Das war und ist mir durchaus klar, aber ich ....".
"Du hättest sterben oder gar geschändet werden können", schimpfte er.
"Ich hätte keine Ruhe gefunden, wenn ich das einfach ignoriert hätte", murmelte sie
"In Zukunft wirst du dich nicht mehr so leichtsinnig in Gefahr begeben", sagte er.
"Wie bitte?".
"Von nun an, werde ich es sein, der sich um deine Probleme kümmert".
"Ich kann mich selbst um meine Probleme kümmern und was ich tue oder nicht habe nur ich zu entscheiden", erwiderte sie, auch wenn es, ehrlich gesagt erleichternd war, zu wissen, das sie bei Cole jederzeit Unterstützung finden würde. Doch sie wollte nicht von ihm abhängig sein und er hatte nicht das Recht dazu, über ihr Leben zu bestimmen. Sie verstand ihn nicht, einerseits sagte er, er wäre stolz auf sie und andererseits war er wütend, weil sie sich in die Sache zwischen Cortens und Isabelle eingemischt hatte. Vielleicht wäre es besser, das Thema zu wechseln.
"Warum hast du eigentlich Lord Cortens überfallen?".
Ihre Frage erzielte die erhoffte Wirkung, denn Cole hielt sofort inne und sah sie verblüfft an. "Woher weißt du ...".
"Ich bin nicht dämlich, Cole", fuhr sie ihm ins Wort.
"Na schön, du hast recht, der Überfall war mein Verschulden. Der ganze erbeutete Schmuck war dabei aber nur ein Bonus für meine Männer, ich selbst hatte andere gründe für den Überfall", gestand er.
"Ich vermute, die Dokumente von Cortens?", fragte sie.
"Woher weißt du von den Papieren?", fragte er erstaunt.
"Weil erzählt wurde, das unter anderem Dokumente gestohlen worden sind und ich denke, ich habe diese in deinem Schreibtisch gefunden", gestand sie und sein verblüfftes Nicken bezeugte, dass sie richtig lag.
"Jedoch verstehe ich nicht, was so wichtig an diesen Schriftstücken ist und was die Namen und Zahlen darauf zu bedeuten haben", sagte sie.
"Lord Cortens ist ein noch größeres Schwein als du dir denken kannst, er treibt regen Handel mit dem weiblichen Geschlecht. Die Namen der Frauen sind seine Opfer und die Zahlen die Beträge, für die er sie verkauft hat. Die Namen der Männer gehören den Käufern", erklärte Cole ihr nun und Sophia erschrak. Es stand außer Frage, dass er die Frauen gegen ihren Willen verkaufte und das entsetzte sie. Er war nicht einfach nur ein Mörder, sondern ein Teufel. Deutlicher als noch zuvor, war ihr bewusst, wie gefährlich es für sie werden könnte, wenn Cortens sie in die Finger bekam.
"Das ist schrecklich, aber weshalb hast du es auf diese Dokumente abgesehen?", wollte sie wissen, doch Cole schien nicht gewillt ihr eine Antwort zu geben. Sie wünschte, sie könnte in seinen Kopf sehen, hören und verstehen, was er dachte. Vielleicht war es aber auch besser, das Thema um Cortens nicht weiterzuverfolgen.
"Wann werden wir denn Peccati erreichen?", fragte sie daher.
"In zwei Tagen", antwortete Cole und mit einem Ruck erhob er sich nun. Mit den Worten, dass er etwas zu erledigen habe, verließ er nun die Kajüte und Sophia war wieder alleine.

Als Sophia am nächsten Morgen aus dem Schlaf erwachte, fand sie sich in den Armen von Cole wieder. Seine Nähe ließ ihren Körper aus den Fugen geraten und lange, viel zu lange stellte sie sich weiterhin schlafend, um seine Nähe heimlich zu genießen. Die Wärme seines Körpers war beruhigend. Doch als er sich zu bewegen begann, riss sie sofort ihre Augen auf und versuchte sich aus seinen Armen zu befreien. Leider ließ Cole dies nicht zu, im Gegenteil, er zog sie noch dichter zu sich heran. Der Atem stockte ihr.
"Guten Morgen meine Schöne", raunte er und sie spürte, wie er sein Gesicht in ihrem Haar vergrub. Sie erschauderte und sie hasste es, das er das Zittern ihres Körpers deutlich spürte. Sie fühlte sich in seinen Armen sicher und doch gleichzeitig so ausgeliefert wie noch nie. Die Sehnsüchte in ihr waren groß und sie fragte sich, wie lange sie sich diesen noch erwehren konnte. Als sie spürte, wie seine Lippen ihr einen Kuss in den Nacken pressten, konnte sie nicht anders als ihre Augen zu schließen und den Moment zu genießen. Bedauerlicherweise löste er sich nun aber von ihr und stand auf. Sie versuchte sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen und sah dabei zu, wie er hinter dem Vorhang verschwand und sich hörbar wusch. Als er damit fertig war, kam er mit der bekannten Tasche zu ihr. Sophia ahnte, was er vorhatte und setzte sich sogleich im Bett auf.
"Schau gefälligst weg", grummelte sie und er gehorchte ihr, als sie das Hemd öffnete, ihren Arm entblößte und die Decke vor ihren Busen hielt. Anders ging es leider nicht und sie fühlte sich etwas verunsichert als er sich nun wieder an sie wandte und begann den Verband zu lösen. Natürlich entging er nicht, wie sein Blick kurz tiefer huschte, doch sie hatte sich gut bedeckt, sodass er das erhoffte nicht zu sehen bekam. Nachdem der Verband gelöst war, lag seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf ihrer Wunde.
"Das sieht deutlich besser aus", stellte er fest und war zufrieden. Sophia vertraute seinem Urteil, ohne selbst einen Blick zu riskieren. Schweigend musterte sie ihn, während er ihr einen neuen Verband anlegte.
"Gefällt dir, was du siehst?", fragte er als er fertig war und sie wurde sich bewusst, dass ihm ihr Starren nicht entgangen war. Verlegen wandte sie ihren Blick ab und blieb ihm eine Antwort schuldig. Natürlich würde sie ihm nicht eingestehen, dass er der schönste Mann war, den sie jemals gesehen hatte. Der Atem stockte ihr, als er ihr Kinn ergriff und ihr Gesicht zu sich drehte, sodass sie ihn nun doch wieder anblicken musste. Noch bevor sie überhaupt hätte erahnen können, was er vorhatte, beugte er sich bereits näher zu ihr und im nächsten Augenblick lagen seine Lippen auf den ihren. Im ersten Moment war Sophia wie erstarrt, doch dann, dem Zauber seines Kusses erlegen, schloss sie ihre Augen. Es war unglaublich, wie gut dieser Mann schmeckte und faszinierend, wie sich seine Lippen gegen die ihre schmiegten. Sie gab sich den Bewegungen seines Mundes hin, erwiderte es und verlor sich darin. Ihre Willigkeit und ihr Einverständnis waren deutlich spürbar, sodass Cole noch näher an sie rückte und seine Küsse an Leidenschaft gewannen. Sophia fühlte sich unfähig, klar zu denken. Alles, was sie wollte war weiterhin von ihm geküsst zu werden. Sie verfiel einem wahrhaftigen Rausch und gebot Cole keinen Einhalt, als er ihr die Decke wegzog und sie, noch immer voller Leidenschaft küssend, mit dem Rücken in das Bett niederdrückte. Ein leises Seufzen entfloh ihr, als er sich von ihren Lippen löste. Doch noch bevor sie zu verstand kommen konnte, senkte er sein Haupt und plötzlich liebkoste sein Mund eine ihrer rosigen Knospen. Es war überraschend und sie keuchte erschrocken auf. Doch das Gefühl, wie er an ihr saugte und wie seine Zunge gleichzeitig ihre Knospe umkreiste, war so unbeschreiblich, dass ihr jeglicher Gedanke dies zu beenden verwehrt blieb.
Ihr Körper bog sich ihm entgegen, während sie von Emotionen überrollt wurde, die sie erschütterten und begeisterten. Heiß brannte das Verlangen in ihr und am ganzen Leibe zitternd vergrub sie ihre Finger in seinem Haar. Sie wimmerte vor Lust leise auf, was sich schließlich in ein gehauchtes Stöhnen verwandelte. Doch plötzlich war dieses faszinierende Spiel vorbei, als sich Cole etwas von ihr löste.
"Warum gestehst du dir nicht einfach ein, das du mehr von mir willst?", fragte er flüsternd und seine Stimme riss sie aus ihrer Benommenheit hinaus. Schlagartig begann ihr verstand wieder zu arbeiten. Voller entsetzten sah sie ihn an. So Hart wie ein Fausthieb wurde ihr nun deutlich, was da gerade zwischen ihnen passiert war. Wie hatte sie das nur zulassen können? Und wieso um Himmelswillen war es so schön gewesen? Diese ganze Situation war ihr nun verdammt peinlich und ihr fehlten jegliche Worte. Das einzige, zudem sie in der Lage war, war verlegen ihren Blick abzuwenden und zögerlich an der Decke zu ziehen, um sich zu bedecken. Cole ließ sie gewähren und ihr wurde es ganz kalt, als er sich aus dem Bett erhob. Wie sollte sie ihm nun noch in die Augen sehen können?
"Du bist mir bereits genauso verfallen wie ich dir, meine Hübsche", zwitscherte Cole nun fröhlich und es schien ihn sehr zu erheitern, das er sie gerade so sehr in seinen Bann gezogen hatte. Beschämt und auch ziemlich verwirrt, zog sie ihr Hemd wieder richtig an, legte sich nieder und drehte ihm errötend ihren Rücken zu. Das Beste war nun, diese peinliche Situation totzuschweigen!

Des Piraten liebster SchatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt