* Kapitel 40 *

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Johnson schluckte schwer als Cole, dicht gefolgt von Ben und Sebastian, die große Stube betrat. In den Augen von Cole lag ein mörderisches Funkeln und Johnson befürchtete, dass man ihm auf die Schliche gekommen sein könnte. Verzweifelt fragte er sich, wie das möglich sein konnte. Er hatte beim Angriff sein Bestes gegeben, um alle in die Irre zu führen. Niemand würde behaupten können, er wäre daran beteiligt gewesen.
Vorsichtig ließ er seine Hand auf dem Griff seiner Pistole nieder, die an seinem Waffengürtel hing. Bereit war er, sie zu ziehen. Doch da setzte sich Cole ihm gegenüber und Johnson stockte. Nein, Cole hatte keine Ahnung.
Sicher war sich Johnson, dass Cole nicht einfach so bei ihm sitzen würde, wenn er wüsste, dass er hinter alldem steckte. So unauffällig wie möglich nahm er die Hand von seiner Waffe und fügte sich seiner Rolle als bestürzter Besitzer dieses Landes.
"Einfach schrecklich", seufzte er und erschauderte als Cole zu ihm sah.
Oh ja, er hatte die gleichen gefährlichen Augen wie Tigerkralle einst. Und genau wie sein Vater, war auch Cole dem Charme einer Frau erlegen. Johnson dachte mit Wehmut an die gute alte Zeit mit Tigerkralle. Geplündert und gemeuchelt hatten sie ohne Unterlass. Die Beute war immer gerecht geteilt worden. Doch alles hatte sich verändert als Tigerkralle sich verliebte. Er, der Mann, dessen Ruf für Angst und Schrecken sorgte, hatte sich tatsächlich verliebt. Das blöde Weib hatte ihn weich gemacht. Unter ihrem Blick war er zahm wie ein Lamm geworden und Tigerkralle hatte sich immer mehr verändert. Johnson ärgerte sich sehr, wenn er daran zurück dachte. Er fühlte sich noch heute, nach so vielen Jahren, schwer von Tigerkralle verraten. Eines war sicher, er würde nicht eher ruhen bis er den Schatz, oder zumindest seinen Anteil daran hatte. Und was Cole anging, der war genau wie sein Vater.
Für Sophia würde er alles tun, er war zu weichherzig, wenn es um sie ging. Das war wirklich schade, denn noch vor einigen Jahren hatte Johnson geglaubt, dass Cole genau nach sein Geschmack sei und nicht den gleichen Fehler wie sein Vater machen würde. Wie sehr hatte er sich doch geirrt. Sein Blick flog zu Ben. Dieser Idiot war auch nicht viel besser. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte Johnson noch gedacht, dass er der beste Mann von Cole sei. Er hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, ihn auf seine Seite zu locken. Doch nun war er verliebt, in dieses dumme Gör, das nicht einmal sprechen konnte. Eine Schande, wirklich eine Schande!
Ein flüchtiges Lächeln umspielte seine Lippen. Diese beiden Idioten würden ihre Weibsbilder nie wieder sehen. Sicher war er sich, dass Jayden schon aufgebrochen war. Er würde ein saftiges Vermögen für die beiden Weiber einheimsen und dann erst einmal untertauchen. Zu gegebener Zeit, wenn Johnson es für richtig erachtete, würde er seinen Sohn zurückholen.
"Ihr habt schon länger Probleme mit den Banditen. Was könnt ihr mir berichten?", fragte Cole und riss Johnson aus seinen Gedanken.
"So gut wie nichts. Sie sorgen immer wieder für Probleme, aber so weit wie heute, sind sie noch nie gegangen", antwortete er, aber natürlich war das gelogen, den die Banditen waren seine eigenen Leute.
"Wie lange genau sorgen sie hier für Probleme?", wollte Cole wissen.
"Warum fragt ihr das?".
"Antwortet einfach".
"Probleme gibt es schon seit Jahren mit ihnen. Richtig auffällig wurden sie erst seit ein paar Wochen", erzählte Johnson.
"Da kann doch was nicht stimmen", meinte Ben.
"Wisst ihr wirklich nichts? Jeder noch so kleine Hinweis kann uns helfen. Sind irgendwelche Verstecke bekannt?", fragte Cole.
"Wenn ich deren verstecke wüsste, hätte ich dies schon längst ausgenutzt. Aber warum fragt ihr mich das?".
"Weil diese Schweine meine Frau haben", brüllte Cole und Johnson zuckte zusammen.
"Und meine auch", fügte Ben rasch hinzu.
"Die beiden Frauen sind verschwunden?", spielte Johnson den Schockierten.
"Jayden hat sie wohl als Druckmittel entführt", sagte Sebastian.
"Jayden?".
"Ihr wisst es wohl noch nicht. Jayden konnte entkommen. Wir vermuten, die Banditen haben ihn befreit", erklärte Sebastian ihm.
"Verdammter Mist. Es tut mir Leid, das ist mir völlig entgangen", log Johnson.
"Im Augenblick ist mir Jayden egal. Sophia und Isabelle sind wichtiger. Die Banditen müssen irgendwo ein Versteck haben", sagte Cole.
"Wie schon gesagt, mir ist keines bekannt".
"Cole hier stimmt was nicht. Das kann doch kein Zufall sein, dass die Banditen hier Jayden kannten und ihn befreiten", meinte Ben.
"Du hast recht. Das scheint alles von langer Hand geplant. Jemand muss uns verraten haben", sagte Cole und sein Blick wurde nur noch finsterer.
"Wie oft werdet ihr eigentlich noch verraten, Cole? Ihr solltet eure Männer mit mehr bedacht wählen", meinte Johnson.
"Wie bitte? Von uns war das gewiss keiner", meinte Sebastian sofort.
"Ich würde für jeden einzelnen von ihnen, meine Hand in das Feuer legen", sagte Cole und Sebastian schenkte ihm einen dankbaren Blick.
"Wer ist es dann?", fragte Johnson und der Atem stockte ihm vor Schreck als Cole ihn sogleich eines prüfenden Blickes unterwarf. Johnson fluchte innerlich, da er erkannte, dass Cole ihn gerade verdächtigte. Doch zu seiner Erleichterung schüttelte Cole dann den Kopf. Wie vermutet, schien er ihm einen Verrat nicht zu zu trauen.
"Wir sollten nicht zögern und uns auf die Suche begeben", schlug Johnson vor, denn er plante natürlich, alle in die Irre zu führen. Doch da wurde es plötzlich laut im Haus. Aufgeregte Stimmen nahten und Johnson hatte seine Mimik nicht mehr unter Kontrolle als Johann mit einer völlig verstörten Isabelle die Stube betrat. Cole sprang sofort auf und sah sich hoffnungsvoll nach Sophia um, während Ben mit einem Aufschrei zu Isabelle rannte. Er entriss sie aus dem stützenden Griff von Johann und riss sie in seine Arme. Überglücklich sie wohl auf zu sehen, überhäufte er ihr Gesicht mit zahlreichen Küssen.
"Wo warst du nur gewesen?", fragte er, während Cole erkennen musste, dass Sophia nicht da war. Aufgelöst, setzte er sich wieder und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Er hielt das kaum mehr aus, die Sorge brachte ihn um den Verstand.
"Wir waren noch nicht lange unterwegs als sie uns entgegen kam", erklärte Johann und Ben schien jetzt erst zu erkennen, wie aufgelöst Isabelle war. Ihr Gesicht war ganz Nass von ihren Tränen, sie wirkte erschöpft und völlig verängstigt. Johnson fluchte innerlich, erhob sich und wich etwas im Raum zurück. Warum war das Weib hier? Er konnte es nicht begreifen und fragte sich, was bei Jayden schiefgelaufen war.
"Was ist geschehen?", fragte Ben und musterte sie besorgt.
"Bringt etwas zum Schreiben", rief er, da er erkannte, dass sie ihr Buch nicht hatte. Doch da verlor Cole seine Geduld, sprang auf und schubste Ben beiseite. Er packte Isabelle an beiden Schultern und schüttelte sie heftig durch.
"Wo ist Sophia?", schrie er sie an. Das sorgte aber nur dafür, dass Isabelle noch mehr weinte.
"Wo ist sie?", brüllte er nun.
"Hör auf damit", schimpfte Ben und befreite Isabelle von ihm.
"Isabelle, verdammt nochmal, sprich endlich", rief Cole.
"Sie ...".
Alle erstarrten als schwach und gebrochen ihre Stimme ertönte. Ben war sogleich ganz außer sich. Cole bat ihm um Ruhe und fixierte Isabelle, die versuchte zu sprechen, aber sichtlich Mühe hatte. Sie griff sich an ihren Hals, hustete und versuchte es immer wieder.
"Du kannst das", machte er ihr Mut. Isabelle sah sich im Raum um und schließlich hob sie ihre Hand und zeigte auf Johnson.
"Er ...".
Cole wusste sofort, was sie sagen wollte. Er realisierte es, noch bevor die anderen es taten. In einer unglaublichen Geschwindigkeit zog Cole seine Pistole, wirbelte herum und zielte auf Johnson. Dieser hatte seine Waffe ebenfalls gezogen und zielte auf ihn. Erschrocken hielten die anderen im Raum den Atem an.
"Wo ist Sophia?", fragte Cole und sein Blick war mörderisch. Ohne Furcht blickte er in die Mündung seines Gegenübers.
"Verdammte Scheiße, so war das aber nicht geplant", entfuhr es Johnson.
"Halt dein Maul und sag mir, wo sie ist", brüllte Cole.
"Dieses verdammte Weib hat alles ruiniert", fluchte Johnson und blickte erbost zu Isabelle. Ben knurrte und schob sie sogleich hinter seinen Rücken.
"Ich will nicht wissen, warum du das getan hast. Sag mir einfach, wo Sophia ist", drängte Cole. "Warum sollte ich? Du wirst sowieso zu spät kommen".
"Was soll das heißen?".
"Keine Ahnung, warum das Weib hier ist, aber da deine Kleine nicht dabei ist, scheint mein Sohn sie noch zu haben. Sicherlich ist er schon längst auf dem Weg. Egal wie das hier zwischen uns ausgeht, du wirst zu spät kommen", sagte Johnson.
"Dein Sohn?", fragte Ben.
"Jayden?", fragte Cole und Johnson nickte.
"Sophia hatte also recht", murmelte Cole fassungslos, während die anderen schockiert waren. "Die Frauen zu entführen, geschah ehrlich gesagt spontan. Der eigentliche Plan war es, beim Angriff dafür zu Sorgen, dass Jayden entkommen kann. Doch dein verdammtes Weib hat erkannt, wer ich bin. Sie hat wohl meine Stimme gehört, damals, bei der Lagerhalle", erzählte Johnson, denn nun, wo er entlarvt war, sah er keinen Grund mehr, zu schweigen.
"Du warst das", keuchte Cole erschrocken und Johnson nickte. Cole hatte Mühe, sich zu beherrschen, am liebsten hätte er Johnson für den Verrat sofort getötet. Doch erst musste er herausfinden, wo Sophia war. Das Wissen, dass sie in der Gewalt von Jayden war, schnürte ihm beinahe die Luft zum Atmen ab.
"Wo bringt er Sophia hin, sag es", verlangte Cole.
"Das werde ich nicht tun", erwiderte Johnson.
"Sag es", brüllte Cole.
"Das kannst du vergessen. Egal wie der heutige Tag für mich endet, ich werde es dir nicht verraten", meinte Johnson.
"Cor ...". Sogleich flogen alle Blicke zu Isabelle. Panisch griff sie sich an die Kehle.
"Was willst du sagen?", fragte Cole.
"Cor ...", sie schaffte es nicht. Ben nahm ihre Hand in die seine."Du kannst das", versicherte er ihr. Tief atmete Isabelle ein und aus.
"Cor-Cor-Cortens", krächzte sie.
"Jayden bringt sie zu Cortens?", fragte Ben entsetzt und sie nickte.
"Du verdammte Schlampe", brüllte Johnson, schwenkte seine Waffe herum und wollte auf Isabelle schießen. Sogleich stellte sich Ben schützend vor sie. Ein Knall ertönte. Mit einem Schmerzensschrei stolperte Johnson rücklings und hielt sich seine angeschossene Schulter. Cole hatte schneller abgedrückt als er. Johnson war unfähig, seine Waffe noch zu halten und sie flog ihm aus den Händen. Mit einem Blick, der den Teufel höchst persönlich in Angst und Schrecken versetzt hatte, trat Cole dichter zu Johnson heran.
"Wisse, dass ich deinen Sohn töten werde", sagte Cole und seine Stimme war ein Grollen, verzerrt von Wut.
"Du wirst zu spät sein", keuchte Johnson.
"Das werde ich nicht", sagte Cole und drückte noch einmal ab. Rasch verbarg Ben seiner Isabelle die Sicht, als sich die Kugel zwischen die Augen von Johnson jagte und die Wand hinter ihm mit seinem spritzenden Blut benetzt wurde. Keiner im Raum wagte es etwas zu sagen als sich Cole herumdrehte. Sein Blick war mörderisch. Dies war nicht mehr einfach nur Cole, sondern Cole Latemer der Pirat und er sann auf Rache. Als wäre der Leibhaftige hinter ihm her, stürzte Cole aus dem Raum. Johann und Sebastian folgten ihm rasch. Im Eingangsbereich trafen sie auf die Männer von Johnson, die aufgeschreckt von den Schüssen in das Haus eilten. Cole zögerte nicht und erschoss die ersten drei, ehe er einfach weiterlief und das Haus verließ.
Sebastian und Johann mussten sich um die restlichen Kümmern. Ben kam ihnen zur Hilfe. Schnell waren die Männer erledigt. Rasch holte Ben dann seine Isabelle, ehe sie das Haus ebenfalls verließen. Sie entdeckten Cole, zu seinen Füßen weitere Männer von Johnson und die Arbeiter rannten aufgeschreckt umher. Mit einem Blick der Verzweiflung wandte sich Cole zu ihnen herum.
"Wenn er zu Cortens will, muss er zum Hafen", sagte er.
"Stimmt und dort wartet unser Schiff", meinte Sebastian.
"Dann sollten wir uns Sputen. Vielleicht holen wir ihn noch ein", meinte Johann.
"Trommelt sofort alle zusammen und lasst uns aufbrechen", befahl Cole. Nickend eilten Sebastian und Johann davon.
"Wir werden sie rechtzeitig einholen", versicherte Ben und klopfte Cole auf die Schulter. Cole nickte und blickte zu Isabelle, die im Schüchtern am Hemd zog.
"Bi-Bi-Bitte", krächzte sie.
"Was willst du mir sagen?", fragte Cole.
"Bi-Bi-Bitte rette s-sie", krächzte Isabelle. Mit einem entschlossenen Lächeln legte er seine Hand auf ihren Kopf und tätschelte sie.
"Das werde ich", versprach er ihr.


Des Piraten liebster SchatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt