Als Sophia am frühen Morgen erwachte, konnte sie kaum glauben, wirklich auf der schwarzen Lady zu sein. Erst als sie die vielen leeren Hängematten entdeckte wurde ihr klar, das dies die Realität war. Schwer seufzte sie und erkannte mit Sorge, das die Hängematte von Isabelle ebenfalls leer war. Rasch erhob sich Sophia und ging sicher, das die Mütze fest sitzt und auch sonst alles an ihrer Tarnung nicht locker oder verrutscht war. Dann verließ sie die Koje und wollte sich auf die Suche nach Isabelle machen, doch Sebastian kam ihr in die Quere.
"Da bist du ja endlich, wie lange gedachtest du noch zu pennen?", fauchte er, packte sie am Hemd und zerrte sie mit sich in die Kombüse.
"Mach dich an die Arbeit, die Leute wollen ihr Frühstück", sagte er und gehorchend machte sie sich an das Werk. Doch natürlich dauerte es nicht lange bis er ihr ständig dazwischen funkte und alles schlecht redete, was sie tat. Seine Laune schien schlechter zu sein als noch am Vortag. Wenn er das Wort an sie wandte, dann sprach er nicht, er schrie. In Sophia begann es zu brodeln und sie hätte ihn liebend gerne ebenfalls angeschrien. Doch da sie ihn nicht provozieren wollte, zügelte sie ihre Wut. Allerdings wurde das Frühstück ein Misserfolg, da er sich einfach nicht helfen lassen wollte. Während die Crew sich an dem grässlichen Mahl stärkte, machte sich Sophia auf die Suche nach Isabelle. Doch weit kam sie nicht, denn Cole versperrte ihr den Weg. Sophia konnte nicht anders als leicht zu erröten, da ihr die Schmach von letzter Nacht noch zu deutlich war.
"Wie ich bemerkte, isst du nichts", sagte er und zu ihrer Verwunderung klang er besorgt. Tatsächlich hatte sie seit ihrer Anwesenheit auf diesem Schiff nichts mehr gegessen und es erstaunte sie, das ihm dies aufgefallen war.
"Lieber hungere ich, als das zu essen, was Sebastian kocht", gestand sie.
"Du solltest ihm doch helfen", meinte Cole.
"Will ich ja, er aber nicht", sagte sie und er lachte.
"Ich verstehe, er ist schwierig", murmelte er und wurde dann aber schlagartig ernst.
"Komm mit", befahl er und sie folgte ihm unter das Deck. Wie sich herausstellte, führte er sie in die Kombüse, wo Sebastian dabei war, das Geschirr zu spülen.
"Setzt dich und iss, das ist ein Befehl", meinte Cole und wandte sich dann an Sebastian.
"Lass ihn erst gehen, wenn er gegessen hat", befahl er und verließ dann die Kombüse. Entgeistert sah Sophia ihm hinterher, ehe sie zu Sebastian blickte, der ihr mit gerunzelter Stirn einen Teller reichte.
"Wenn wir mal tagelang hungern, stört es ihn nicht", hörte sie ihn leise murmeln. Sophia ergab sich ihrem Schicksal und zwang sich das Essen hinunter. Es war das schlimmste, was sie jemals zu sich genommen hatte und es war ihr schleierhaft, wie die Crew das ertragen konnte. Nur wenige Minuten später bekam sie grässliche Bauchkrämpfe und musste mehr als einmal in den kleinen Raum mit dem bodenlosen Eimer flüchten. Als sich dies endlich gelegt hatte, wurde es bereits wieder Zeit das Mittagessen vorzubereiten. Es lief genauso ab wie immer, Sebastian stänkerte herum und auch dieses Essen wurde grauenhaft. So konnte es wirklich nicht weitergehen, doch jeder Versuch ruhig mit Sebastian zu reden, scheiterte. Sophia war gerade dabei, das benutzte Geschirr, nachdem Essen der Crew zu reinigen, als plötzlich eine völlig aufgelöste Isabelle in die Kombüse stürzte. Sophia war froh sie endlich zu sehen, sorgte sich aber sogleich, da sie zitternd hinter ihrem Rücken Schutz suchte. Nur wenige Augenblicke später tauchte ein zornesroter Ben auf.
"Ich schwöre, ich bringe dich um, du abnormales Balg", brüllte er und versuchte sich Tom zu schnappen. Sophia war ihm jedoch im Weg und sie versuchte Isabelle zu schützen.
"Was hat sie, ich meine er, denn angestellt?", fragte Sophia und erschrak über ihren Versprecher. Ben war so wütend, das er das zum Glück nicht bemerkt hatte. Auch Sebastian war es entgangen, den er sah interessiert zwischen Tom-Tom und Ben hin und her.
"Das Balg kann gar nichts, wundert mich das er überhaupt laufen kann. Er sollte für Ordnung in der Waffenkammer sorgen, doch der Penner hat alles durcheinander gebracht. Es sieht aus als wäre eine Bombe eingeschlagen", brüllte Ben und eine Ader an seiner Schläfe pulsierte so sehr, das Sophia befürchtete, sie könnte gleich platzen.
"Beruhige dich, wir werden das in Ordnung bringen", bat Sophia.
"Beruhigen, wie soll ich mich denn da beruhigen? Munition und Waffen, alles liegt quer durcheinander. Wenn es nun zu einer Seeschlacht kommt, wird es uns wertvolle Zeit kosten und wir wären alle am Arsch", brüllte Ben und Isabelle entfloh ein viel zu weibisch klingendes Schluchzen. Welch ein Glück, dass die anderen dies überhörten. Vielleicht lag es auch daran, dass alle immer nur brüllten, anstatt normal zu sprechen. Ben war so außer sich, das er mit der Faust auf den Tisch neben sich schlug. Der Tisch blieb heile, doch eine Schüssel fiel zu Boden und machte einen ohrenbetäubenden Lärm.
"Ben, haben sie dir in das Gehirn geschissen? Hör auf in meiner Küche zu randalieren", brüllte Sebastian sogleich voller Empörung los.
"Halt deine Fresse du Schwabbelbacke", brüllte Ben zurück und die beiden knurrten sich an wie wilde Tiere. Sophia war sich sicher, dass es nun zu einer handfesten Rauferei kommen würde, doch da betrat der alte Adrian die Küche. Mit der flachen Seite seiner Hände verpasste er beiden Männern einen Hieb in den Nacken.
"Reißt euch zusammen, ihr Geburten von Huren", brüllte er und Sophia war entsetzt. Wo waren Isabelle und sie hier nur gelandet? Ben und Sebastian grummelten etwas Unverständliches, beruhigten sich aber etwas. Adrian gehorchten sie, was aber wohl daran lag, weil er die rechte Hand vom Kapitän war.
"Ich will, das er für Ordnung sorgt. Und im Anschluss soll er die Kanonen reinigen, sie sollen so sauber sein, das ich davon essen kann", verlangte Ben nun etwas ruhiger, erdolchte Isabelle mit bösen Blicken und stampfte dann davon. Isabelle lehnte zitternd gegen Sophias Rücken und schniefte leise vor sich hin. Adrian wandte sich nun an Sophia.
"Der Boss will dich sofort in seiner Kajüte sehen", sagte er und stampfte dann ebenfalls davon. Während Sebastian die Schüssel vom Boden aufhob, als wäre es ein kostbares Gut, fragte sich Sophia panisch, ob sie einen Fehler gemacht und vom Kapitän bestraft werden würde. Warum wollte er sie sonst sehen? Nervös wandte sie sich an Isabelle.
"Tue, was Ben verlangt hat. Sobald ich kann, werde ich dir helfen", versicherte sie ihr und machte sich dann mit zittrigen Gliedern auf den Weg zu Cole.Cole war der Krach in der Kombüse natürlich nicht entgangen. Auf dem ganzen Schiff hatte man es gehört. Um Sophia aus der Schusslinie von Bens Zorn zu bringen, hatte er Adrian, der gerade bei ihm war, losgeschickt. Wie erwartet dauerte es nicht lange, bis Ruhe einkehrte und ein zögerliches Klopfen an der Tür seiner Kajüte ertönte. Cole wusste, es war Sophia, denn er hatte Adrian befohlen, sie zu ihm zu schicken. Alles in ihm erwärmte sich, als sie nach seiner Erlaubnis mit sichtlicher Scheu eintrat. Er fragte sich, ob er bei ihr denselben Eindruck hinterlassen hatte, wie sie damals bei ihm. Wenn ja, dann ließ sie sich nichts anmerken und dass sie ihn gar fürchtete, war nicht zu übersehen. Das störte ihn, doch im Grunde hatte sie allen Grund dazu. Er war nicht der Mann, für den sie ihn vermutlich am Anfang gehalten hatte, doch das schien ihr inzwischen auch schon bewusst zu sein.
"Mach meine Kajüte sauber", befahl er als er bemerkte, das sie ihn mehrere Sekunden lang auf einen Befehl wartend ansah. Gehorchend machte sie sich an die Arbeit und er beobachtete sie dabei. Wie er feststellte, war Sophia sehr pingelig. Staub nahm sie mit gerümpfter Nase zur Kenntnis und seine dreckige Wäsche sammelte sie mit einem ungläubigen Kopfschütteln vom Boden auf. Einen komischen Blick widmete sie seinen Stiefeln, die mit Schlamm beschmutzt waren. Ein kaum merklicher Fluch entfloh ihr, einer, den er leider nicht verstehen konnte. Er räusperte sich etwas, als ihm bewusst wurde, wie er sie die ganze Zeit über lächelnd anstarrte. Rasch versuchte er sich auf die Schriftstücke zu konzentrieren, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen, doch es dauerte nicht lange, bis sein Blick wieder auf ihr ruhte. Zu gerne würde er ihr diese Verkleidung vom Leibe reißen und sie in die schönsten Kleider hüllen, die die Modewelt zu bieten hatte. Sie sähe sicherlich hinreißend darin aus. Noch schöner aber wäre sie, wenn sie komplett nackt wäre. Bei diesem Gedanken erhärtete sich seine Männlichkeit beinahe schmerzhaft und unruhig begann er mit seinen Fingern auf der Tischplatte zu trommeln. Eisern versuchte er seine Lust zu zügeln, doch es war schwer. Sophia brachte ihn wortwörtlich um den Verstand. Er durfte seinem Verlangen jedoch nicht nachgeben, immerhin musste er ihr Spielchen momentan mitspielen. Ruckartig hielt er inne, als ihm der Gedanke kam, dass, wenn sie Spielchen spielte, er es genauso tun könnte.
"Wusstest du eigentlich, das ich Burschen wie dich, ganz Reizvoll finde?", fragte er und hätte beinahe schallend losgelacht als sie sich schwungvoll zu ihm wandte und ihm einen entsetzten, wahrhaftig schockierten Blick zuwarf.
"Nein, ich hatte keine Ahnung", keuchte sie.
"Für einen jungen bist wirklich niedlich Tristan", sagte er.
"Sie machen Scherze mit mir?", fragte sie zweifelnd.
"Sehe ich so aus, als würde ich scherzen?", fragte er und erhob sich. Ihr ganzer Körper versteifte sich sichtlich als er sich ihrer näherte.
"Du glaubst ja nicht, wie viele Männer ich schon kennenlernte, die auf Burschen wie dich stehen. Es gibt erschreckend viele", sagte er und er hasste jene, die sich an Knaben vergriffen. Was er hier über sich behauptete, war natürlich gelogen. Doch sie spielte ihre Spielchen und er die seinen. Mit jedem Schritt, den er sich ihrer näherte, wich sie einen zurück. Schließlich stieß sie mit ihrem Rücken gegen die Wand und er blieb dicht vor ihr stehen.
"Warum trägst du eigentlich immer diese Mütze, lass mich dein Haar sehen", meinte er und griff nach besagtem Kopfschmuck. Panisch krallte sie sich in ihre Mütze und hielt sie fest.
"Na schön, dann eben nicht", seufzte er, hätte aber zu gerne gewusst, ob sie ihr schönes blondes Haar geschnitten hatte. Doch er würde wohl warten müssen, bis er die Zeit reif genug fand, ihr Spiel zu beenden. Sein Blick legte sich nun auf ihre zitternden Lippen. Er würde sie so gerne küssen. Doch die Furcht in ihren blauen Augen, hielt ihn davon ab, sein Spiel zu weit zu treiben. Daher entfernte er sich wieder von ihr, ungern jedoch.
"Tristan", sagte er und als sie nervös zu ihm sah, hob er seine Stiefel auf und reichte sie ihr.
"Reinige sie", befahl er und sie atmete erleichtert aus.
"Ihr habt doch gescherzt mit mir?", fragte sie und nahm die Stiefel an sich.
"Vielleicht, vielleicht auch nicht", sagte er mit einem schiefen Grinsen. Sie warf ihm einen forschenden Blick zu, sie wusste wohl nicht so recht, wie sie ihn einordnen sollte. Doch schließlich gab sie sich einen Ruck und huschte an ihm vorbei. Cole konnte es nicht lassen, bevor ihm bewusst wurde, was er tat, ließ er dabei seine Hand auf ihren Hintern klatschen. Ein eindeutig weibischer Aufschrei entfloh ihr.
"Ich konnte nicht widerstehen", gestand er und lachte schallend, als sie mit seinen Stiefeln fluchtartig und mit knallroten Wangen die Kajüte verließ.
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Des Piraten liebster Schatz
RomanceSophia arbeitet erst seit kurzem im Hause der Cortens als Dienstmagd und begreift viel zu spät, dass das adelige Ehepaar finstere Geheimnisse hütet. Bald schon kommt es Schlag auf Schlag und sie wird unrechtmäßig zu einer Verbrecherin erklärt, nach...