Ein angesehner Besuch

48 2 0
                                    

Die nächsten paar Tage sind Nathe und ich sehr bemüht uns in der Villa aus dem Weg zu gehen. Trotzdem schmuggeln wir uns nachts wie verrückte Teenager in ein Zimmer und quatschen, kuscheln, oder schauen einen Film. Der Trubel in der Schule wegen dem neuen Bild der >>Modelstar<< nimmt immer mehr zu, gerade weil Nathe und ich uns zusammen an einen Tisch setzen zum lernen, Strategien planen für sein Team oder zum Mittagessen.
Immer mehr werde ich von den Footballspielern am Tisch akzeptiert, sogar Feli und Brent scheinen sich gut zu verstehen. Die Schule ist für unsere inoffizielle Beziehung der Safe Space geworden, hier müssen wir uns nicht drei Mal Gedanken machen, ob wir überhaupt nebeneinander sitzen und reden sollen. Dafür muss ich vielen bösartigen Blicken in der Mädchentoilette standhalten. Ich höre sie hinter meinem Rücken kichern und tuscheln darüber, wie Nathan Silver mit einer aus den Slums zusammen sein kann. Am Anfang war mir die Art von Aufmerksamkeit sehr unangenehm, da ich es in der Medicin sehr genossen habe unbemerkt durch eine Schülermenge durchzulaufen. Das kann ich seit der Erscheinung der neuen Modelstarzeitschrift nicht mehr, es ist wie wenn ich mein Unsichbarkeitsumhang verloren habe.

Feli und ich haben heute beschlossen unser Mittagessen nach der Schule in einer kleiner Bäckerei zu verbringen. Weg von allen gestörten Teenagern, die mich für die Beziehung mit Nathe in ihren Träumen sicherlich lünchen. Es gab sogar das Gerücht, dass ich Nathan mit einem Liebeszauber zu all dem gebracht haben soll. Oder, dass ich ihn erpresse und er deswegen sein Pokerface abgelegt hat.
Keiner, der uns nicht näher kennt, kann sich herleiten, warum der beliebte Footballer mit dem unbeliebtem Mädchen aus den Slums zusammen ist und es nicht einmal verheimlicht.
Entspannt rühre ich meine heiße Schokolade um und beobachte meine beste Freundin, wie sie in einen Berliner beißt, wobei ihre Nase danach puderweiß ist.
„Oh Man, diese Dinger aus Europa sind der Wahnsinn.", schwärmt sie mit vollem Mund. „Warum gibt es die hier so selten?"
„Weil sie aus einer anderen Gegend kommen und es schwer ist, fremde Sachen schnell zu integrieren .", antworte ich mehr zu mir selbst und nehme einen Schluck der Schokolade. Manchmal fühl ich mich zu sehr wie dieser Berliner. Auch nach Jahren auf dieser Schule, hab ich immer noch das Gefühl hier nicht her zu gehören. Nathe macht das alles etwas erträglicher.
Als Feli nur noch gieriger in das Ding beißt, beschließe ich die einzige Frage zu stellen, die mir seit Tagen auf dem Herzen liegt.
„Feli... was ist eigentlich mit dir und Brent?"
Vor lauter Überraschung verschluckt sie sich an ihrem Essen. „Was soll mit uns sein?"
Ich versuche so sachlich und neutral wie möglich zu klingen: „Keine Ahnung. In Musik scheint ihr euch zu verstehen und jetzt auch immer beim Mittagessen in der Cafeteria... er scheint dich zu mögen."
Feli schiebt sich den Rest des Berliners in den Mund und spricht gleichzeitig, sodass der Puderzucker sich über den Tisch verteilt: „Wir sind nur Befreundet."
„Sieht er das auch so?", hacke ich nach.
„Ich hab dir doch versprochen, dass ich niemals was mit einem dieser Jungs anfange, Cat. Und ich halte meine Versprechen im Gegensatz zu meiner verliebten, besten Freundin. Außerdem würde ich dir es sofort erzählen, wenn wir uns Daten würden, wieder im Gegensatz zu meiner besten Freundin!"
Beschämt nehme ich noch einen Schluck. Als ich mich auf Nathe eingelassen habe, habe ich nicht an unser Versprechen gedacht, mich niemals in einen dieser Idioten zu verlieben. Was für ein dummes Versprechen, in wen man sich verliebt, kann man sich nicht aussuchen. Es passiert einfach. Hätte mir letztes Jahr jemand gesagt, dass der eiskalte Footballkaptain und das Slummädchen zusammen kommen werden, hätte ich nur laut gelacht und keinen weiteren Gedanken daran verschwendet.
Das ich Feli nichts von dem ersten Kuss erzählt habe, trägt sie mir noch immer nach. Ich kann ihr aber auch nicht sagen, in welcher Zwickmühle Nathe und ich bei den Silvers zuhause stecken.
„Ach Cat, mach dir doch jetzt keine Gedanken, die Liebe fällt halt da hin, wo sie hinfällt, oder so..."
Ich muss schmunzeln über ihren Versuch, ein schlaues Sprichwort heraus zu bringen. „Und klar, das mit dem Kuss im Wald hättest du mir ruhig gleich erzählen können, aber du hast ja auch ein Privatleben und musst nicht alles teilen. Beziehungsweise teilst du deine intimen Geheimnisse ja jetzt mit jemand anderen." verführerisch zwinkert sie mir zu.
Bevor ich etwas erwidere kann, fällt mir jemand ins Wort.
„Hey Cait"
Eine unbekannte tiefe Stimme zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Vor mir steht Neal, den ich nach der Gala beim Billardspielen als einen von Nathes Freunden kennenlernen durfte. Mit einer Bäckertüte in der Hand winkt er und kommt auf uns zu.
„Hey Neal", strahle ich ihn an. Er war einer der wenigen Normalen in dem Billardraum am Abend der Gala. Jemand, den Vanessa nicht vergiftet hat mit ihrer Begierde nach Aufmerksamkeit.
„Hey ihr zwei. Hattet ihr auch keine Lust auf die Mensa?"
„Gut erraten", murmelt Feli und legt zum ersten Mal ihr Essen beiseite.
„Da vorne gibt es einen guten Laden um in der Mittagspause zu Essen.", der Blonde zeigt willkürlich in eine Richtung aus dem Fenster. „Salate, Burger, Fleisch, Veganes Zeug..."
„Wirklich? Wo genau?" Felies Aufmerksamkeit war bei dem Wort Burger geweckt.
„Zwei Querstraßen von hier. Ich kann dir nachher den Laden schicken, deine Nummer ist ja in der Stufengruppe Cait."
Ich lächele dankend, ohne wirkliche Interesse zu zeigen. Ich mag unsere kleine Bäckerei hier.
„Dann will ich euch zwei nicht länger stören." Mit einem Lächeln, bei dem seine Grübchen hervortreten schaut er mich an. „Wie sehen uns", zwinkert er mir zu und verlässt dem Laden.
Wow, war das komisch.
„Was war das denn?"
„Was denn, du bist halt jetzt interessant geworden für andere Jungs die sich an Nathan messen wollen. Übrigens, hättest du Lust dich für die Cheereos dieses Jahr anzumelden?", lenkt mich Feli ab.
Jetzt könnte aus meinem Mund Puderzucker fallen, so perplex schaue ich mein Gegenüber an.
„Ist das dein Ernst?"
Feli zuckt mit den Schultern und wischt sich gleichzeitig ihre Finger an einer Serviette ab. „Ich meine ja nur, wir könnten unsere Jungs, die uns zur Zeit so nett aufnehmen, auch ruhig etwas zurück geben und sie anfeuern."
„Du weist aber schon, das Nessa bei dem Cheerleadern das Sagen hat?"
„Ja schon", murmelt sie. „Aber ist dir Vanessas Meinung mehr Wert als die Unterstützung für deinen Freund?"
Nein, natürlich nicht. Vanessas Meinung ist mir gar nichts Wert. Seit dem ich weiß, dass sie mir Depressionen zu kämpfen hat, versuche ich sie nicht all zu sehr zu verachten. Aber es fällt mir doch echt schwer. Jeder Blick in der Schule von ihr tötet mich und jede Berührung gegenüber Nathe macht mich unnormal eifersüchtig.
„Er ist nicht mein Freund und ... weiß nicht, Feli..."
„Also, ich mach es nur, wenn du es auch machst."
Oh nein, bitte nicht. Jetzt bin ich sozusagen gezwungen, mitzumachen, damit ich eine gute Freundin bin. Zusammen durch dick und dünn.
„Ich überlege es mir nochmal.", versuche ich das Thema so schnell wie möglich zu beenden und trinke den Kakao aus.
„Hast du heute Stress?", hinterfragt Feli mein Aufbrechaktion.
„Tut mir leid, aber heute kommen Verwandte von den Silvers."
Feli verzieht das Gesicht. „Pass auf, Familientreffen sind immer scheiße."
Ich schlüpfe in meine Jacke und krame meinen Geldbeutel heraus. „Also unsere sind immer toll. Viele Menschen, lustige Gespräche, gutes Essen..."
„Ach Caitlin, lass stecken, ich zahl für dich."
Dankend nicke ich ihr zu und umarme sie zum Abschied fest.
„Ich meine es Ernst, Cat! In dieser Welt will die eigene Familie nichts gutes füreinander."

An deiner Seite Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt