Verräter

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Das Spiel fängt gleich an!", rief Steve und hupte aggressiv vor meiner Haustür. Sofort rannte ich aus dem Haus und stieg ins Auto, in dem auch Robin schon wartete.
„Hat ja lange genug gedauert jetzt schnall dich an!", gab Steve mit einem Befehlston von sich und schaute in den Rückspiegel. Ich verdrehte bloß die Augen.
„Wo ist dein Freund?", fragte Robin und deutete auf den lehren Sitz neben mir.
„Bruno kommt nicht mit. Er muss wohl noch was erledigen.", gab ich zurück.
„Gut, auf den hätte ich auch nicht mehr gewartet.", sagte Steve und schon setzte sich das Auto in Bewegung.
„Was ist das eigentlich mit Bruno und dir? Ich hab gehört ihr verbringt oft Nächte zusammen.", fragte Robin und lächelte breit.
„Was? Von wem?", platzte es aus mir heraus.
„Also stimmt es?", sagte Steve dazwischen.
„Nein. Also ja aber nicht so ihr denkt."
„Warum sollte ein Junge in der Nacht bei dir sein?"
„Er ist einfach nicht gerne alleine."
Robin fing an zu lachen.
„Nicht gerne alleine.", machte sie mich mit verstellter Stimme nach.
„Hör zu, der steht doch ganz klar auf dich. Starrt er dich manchmal an?", fragte  Steve.
„Ja, aber auch nur wenn ich spreche."
„Wenn ihr Musik hört, was ihr oft macht, welches Ohr nimmt er für den Kopfhörer?"
„Das äußere. Aber nur damit er mich besser hören kann."
„Und diese Mixtapes, die er dir ständig schenkt, sowas hat mein Vater auch auf meine Mutter gemacht."

Jetzt wurde mir einiges klar.

„Sei lieber vorsichtig, ich mag diesen Typen nicht. Der führt doch was im Schädel.", sagte Steve.
„Schilde", korrigierte Robin. Sofort schnellte Steves Blick entgeistert in die Richtung des Mädchens.
„Lass mich bitte hier raus.", sagte ich und schnallte mich ab.
„Was?", fragten die beiden jungen Erwachsenen vor mir und das Auto stoppte mit einer Vollbremsung, als ich die Tür öffnete.
„Wo willst du hin? Steig wieder ein!", rief Steve. Ich allerdings lief nur in die Richtung des Trailer parks in dem Bruno wohnte. Ich wollte ihn zur Rede stellen. Wissen ob es stimmt. Immerhin musste er ja erzählt haben, dass er bei mir übernachtet hatte.

Angekommen klopfte ich laut an der Tür. Keiner öffnete, also klopfte ich noch mal. Ich nahm unerkennbares sprechen wahr. Es war eindeutig Bruno. Und schon stand die Tür offen. Sein überraschter Blick traf auf meinen ernsten.
„Ich dachte du bist beim Spiel.", gab er von sich.
„Ich dachte das mit dem übernachten bleibt unter uns.", antwortete ich. Sofort änderte sich sein gesamter Gesichtsausdruck. So ein Spiel der Emotionen hatte ich noch nicht gesehen.
„Willst du nicht reinkommen?", fragte er und wich zur Seite. So wie er auch meiner Aussage auswich.

Ich blieb stehen wo ich war. Immerhin wollte ich es so kurz wie möglich halten. „Willst du mir nicht sagen woher die anderen das Wissen?", fragte ich.
„Vielleicht haben die mich ja rauskommen sehen?", antwortete er und deutete erneut in den Wohnwagen. Da er mir nicht in die Augen schaute wusste ich, dass er log. Also ließ ich ein genervtes Stöhnen von mir. Er merke sofort, dass ich es wusste.
„Ich hab's Dustin gesagt.", gab er schließlich zu.
„Dustin?!Wieso-", sagte ich etwas lauter, wurde allerdings unterbrochen. Bruno zog mich jetzt in den Wohnwagen und knallte die Tür hinter sich zu. Warum war er jetzt so aufgebracht? Dazu hatte er absolut kein Recht.
„Hör zu, es ist doch egal wem ich's gesagt hab. Wo ist das scheiß Problem?", fuhr er mich an.
„Warum würdest du es überhaupt sagen? Wir haben zusammen in einem Bett geschlafen. Als Freunde. Was hast du Dustin bitte noch gesagt?", gab ich im selben Ton zurück.
„Nur Freunde also?", sagte Bruno und ließ seine Zunge genervt über das Innere seiner Wange fahren.

Der steht bestimmt auf dich.
Steve hatte also recht.

„Was glaubst du was wir sind?", fragte ich sarkastisch.
„Du kannst mir nicht sagen. Dass da nichts zwischen uns ist. Du fühlst es doch auch!", antwortete er unerwartet ruhig, während er von der Tür weg trat. Ich schaue nur fragend. Da ist etwas zwischen aber ich liebe ihn doch nicht.
„Du gibst es also zu?", warf der Junge mir nun entgegen. Erst jetzt bemerkte ich wie nah er mit plötzlich stand, weshalb ich mich langsam nach hinten bewegte.
„Wieso sagst du denn nichts."
Dies war keine Frage, es war eine Aussage. Seine Worte schrieen nach Aufmerksamkeit. Man konnte allerdings auch Verzweiflung hören. Meine Beine stießen an das Sofa, auf dem ich wegen eines weiteren Fluchtversuchs jetzt saß. Eine Hand platzierte er auf der hinteren Lehne neben meinem Kopf und er beugte sich leicht zu mir nach vorne, um mit mir auf Augenhöhe zu sein.
„Da ist etwas zwischen uns.", flüsterte er nun. Ich rutschte etwas weiter nach unten, um seiner Nähe zu entkommen. Allerdings waren meine Taten zwecklos. Er schaute mir in die Augen. Anscheinend wollte er mein Schweigen deuten. Mein Blick wanderte bloß wild durch sein Gesicht. Was ich auch immer fühlte wurde stärker. Nun berührte seie Nasenspitze meine, was mich überrascht aufatmen ließ. Ein Grinsen machte sich auf seinem Geschickt breit.
„Bruno, Ich-", fing ich an, wurde allerdings von meinem gegenüber unterbrochen. Er hielt mein Kinn grob mit seiner freien Hand fest und presste seine Lippen auf meine. Es war das komplette Gegenteil von Will. Es war leidenschaftlicher, es war schneller, es war trotzdem nicht das was ich wollte.
Seine Zunge glitt in meinen Mund. Sofort merkte ich wie sehr der Kuss ihn aus dem Konzept brachte. Kurz stieß er einen leisen tiefen Ton hervor, was nur durch eine leicht Vibration auf meiner Seite zu spüren war. Ich drückte ihn weg. Sein Gesicht war mit so nah wie vor dem Kuss. Verwirrt schaute er wieder in meine Augen.
„Was zur Hölle tust du da?", fragte ich wütend aufgeregt. Sofort entfernte er sich von mir. Er schaute mich immer noch verwirrt an.
„Ich liebe dich, Emily! Schon seit der Party bei der du und Will-", sagte er nun aufgebracht und warf seine Hände in die Luft.

Party.
Wir waren in dieser Realität nie auf einer Party. Bruno wusste also doch etwas! Und er schien seinen Fehler bemerkt zu haben.

„Ich wusste es.", sagte ich enttäuscht :„Du bist also doch ein Verräter."

Sofort wusste er was ich meinte.
„Ich habe das alles hier nur für dich getan!", brachte er raus und schaute mich geschockt an.
„Für mich? Soll ich dir danken? Zwischen mir und Will wurde es gerade besser! Du weißt doch, dass-", entgegnete ich aufgebracht. Bruno schaute mich bloß geschockt an. Dies war nicht die Reaktion, die er sich erhoffte.

„Mach es wieder rückgängig!"
„Ich kann nicht."
„Du kannst nicht? Du kannst nicht?!"

Erneut stille von seiner Seite.

„Erklär es mir! Wie hast du's angestellt?", brachte ich wütend hervor.
„Ich hatte Hilfe, von-", antwortete er, ich unterbrach ihn allerdings.
„Wo ist diese Person jetzt?"
Mir war es egal wer es war. Ich wollte einfach wieder zurück. Ich wollte die Sache mit Will wieder geradebiegen und ein halbwegs normales Leben leben.
„Sie ist nicht im Land."
Genervt schnalzte ich mit der Zunge.
„Verarschen kann ich mich auch selbst, du blöder Idiot. Wieso habe ich dir überhaupt jemals vertraut?"
„Прости меня. (Verzeih mir.)", sagte Bruno nun und griff nach meiner Hand. Mein Blick lag nun auf dem Geschehen. Ein Teil von mir wollte ihn verzeihen aber er hatte mich hintergangen. Schließlich löste ich meine Hand aus seinem Griff und schaute ihm in die Augen.
„Mach das alles wieder Rückgängig, Bruno.", sagte ich. Er schaute mir bloß schweigend nach. Erst als ich die Tür erreichte kam er zu Wort.
„Я действительно ничего для тебя не значу? (Bedeute ich dir wirklich nichts?)", sagte er nun. Kurz schaute ich zurück zu dem Jungen. Ich verlor kein einziges Wort. Vielleicht verstand er es nur auf diese Weise. Erneut drehte ich mich um und schloss die Tür hinter mir.

Kaum hatte mein Fuß die letzte Stufe verlassen machte sich ein komisches Gefühl in mir breit. Kurz darauf fiel im ganzen Block die Elektrizität aus. Verwundet drehte ich mich um. Mein Blick erfasste meine rothaarige Freundin, Max, die ebenfalls draußen stand. Ihr Blick war Starr auf den Wohnwagen gegenüber gerichtet. Kaum blickte auch ich in diese Richtung, lief auch schon eine Gestallt schnell heraus in Richtung eines Autos, das unmittelbar vor dem Gehäuse parkte. Mit einem genauen Blick konnte ich Eddie erkennen. So schnell wie er eingestiegen war, fuhr er auch davon. Warum zur Hölle hatte er es so eilig?

-
Außer Atem kam ich anders Schule an. Meine Hände stützte ich auf meinen Knien ab. Mein Blick scannte die gesamte Umgebung. Und schon hatte ich die gesuchte Person erfasst. Glücklicherweise war das Team noch nicht weitergezogen. Schnell zog ich die Luft ein und näherte mich dem Hawkins-High Basketball Team. Lucas erfasste meinen Blick.
„Hey, die Verspätung tut mir leid. Habt ihr gewonnen?", sagte ich immer noch außer Atem.
„Ja, unser Sinclair hier hat das Spiel für uns gewonnen?", sagte einer seiner Teamkollegen. Alle lachten glücklich auf und Lucas lächelte stolz.
„Wirklich? Lucas, super gemacht.", sagte ich und hob meine Hand für ein High-five, worauf Lucas sofort reagierte.
„Ich bin übrigens Jason Carver.", sagte der Teamkapitän und streckte mir seine Hand entgegen.
„Emily.", antwortete ich und schüttelte seine Hand.
„Es findet noch eine Party im alten Restaurant statt, willst du vielleicht mitkommen?", fragte Lucas und schaute mich beinahe flehend an.
„Es sind auch nur VIP's eingeladen.", gab Jason dazu und grinste mich an. Ich versuchte dieses Kommentar zu ignorieren. Auch wenn ich solche Partys eigentlich nicht mag, könnte es nicht schaden Lucas etwas Gesellschaft zu leisten. Dann ist er wenigstens nicht alleine unter diesen Idioten. Also stimmte ich nickend zu, wodurch Lucas mich erleichtert anschaute.
„Dann können wir uns ja jetzt auf den Weg machen.", gab einer der anderen Jungs von sich.

Stranger Things:„Die Rückkehr" Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt