Kapitel 1

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Montag 07:45 Uhr

In Fünfzehn Minuten fängt mein Unterricht an und ich bin nicht mal aus dem Haus, was wohl meine Schuld ist, weil mein Handywecker mal wieder nicht geklingelt hat, obwohl ich schwören könnte, dass ich gestern noch einen Wecker für 6:45 Uhr gestellt habe. Zum Glück hab ich schon gestern meine Schultasche gepackt und meine Uniform rausgelegt, sonst wäre ich jetzt noch später dran.

Als ich die Treppen runter renne, stolpere ich beinahe über die verdammte Treppenstufe, die mein Vater schon seit drei Monaten reparieren will. Aber irgendwie ist er dazu noch nicht gekommen, wenn ich oder Mum ihn drauf ansprechen, meint er immer nur, dass er ja so viel Arbeit um die Ohren hat, aber dass er es ganz sicher bald erledigen will. Aber schlag ihm daraufhin bloß nicht vor, einen Handwerker zu holen, dann darf ich mir nämlich einen ganzen Vortrag darüber anhören, dass das ja totale Geldverschwänderei wäre, denn er kann das ja und er wird mir auch zeigen wie das geht, damit ich nie in meinem Leben einen Handwerker für sowas bezahlen muss. Innerlich roll ich dann immer die Augen und weiß dass es Mama genauso macht, aber nach außen hin nicke ich einfach und gebe ein ganz überzeugendes „Natürlich, Papa.", von mir.

„Joder!" Scheiße, rutscht es mir raus, als ich mich fange und auch die letzten Stufen runter sprinte. „Im Haus wird nicht geflucht!", ruft mir meine Mutter aus der Küche schon entgegen. Sie hat ihre Ohren wirklich überall. „Diese ver-" Ich halt mich grade so noch selbst auf. „Diese äußerst unpraktische Stufe muss endlich repariert werden.", presse ich stattdessen hervor und trete in die kleine Küche ein, in der es schon jetzt herrlich nach frischem Essen duftet. Wenn meine Mutter nicht grade auf der Arbeit in dem kleinen Restaurant in der Stadt kocht, dann tut sie es hier. Und meine Mutter ist wirklich ausgezeichnet im kochen, die beste sogar. „Paula wartet schon auf dich." Ich schwinge sofort wieder zu Mum herum, meine Augen groß. „Was? Ich bin doch so schon viel zu spät ran!" Aber meine Mutter zuckt nur mit den Schultern. „Du hast gesagt du würdest sie heute zur Schule bringen, also." Ich gestikuliere schon jetzt wild in der Luft herum. „Ja, aber das war gestern! Da wusste ich noch nicht, dass ich heute verschlafen würde!"

Wieder nur dieses kleine Achselzucken. „Dann stell dir das nächste mal einen Wecker, Oliv. Und jetzt solltest du wirklich los, sonst kommt Paula auch noch zu spät zur Schule." Ich würd gerne nochmal widersprechen und erklären, dass es doch gar nicht meine Schuld ist, weil ich mir ja ganz sicher den Wecker gestellt habe, aber das hat jetzt auch keinen Zweck mehr. Ich schnappe mir noch einen Apfel aus der Obstschale am Rand der Küche und eile dann weiter in den Flur, in dem Paula schon brav vor der Tür wartet. Ihre widerspenstigen Locken hat Mum in zwei Zöpfe gezwungen und wenn ich auf Paulas Socken herabgucke, ist sie anscheinend noch nicht über ihre Zwei-verschiedenen-Socken-Phase hinüber. Ein Pink-orangener Streifensocken ziert ihren rechten Fuß und ein knall grüner den linken. „Du siehst aus wie ein Clown.", murmle ich meiner kleinen Schwester zu und quetsche mich in meine Schuhe rein, ohne die Schnürsenkel aufzumachen.

„Und du siehst aus, als wärst du ein Zombie.", bellt sie in einer nervigen Quietschestimme zurück. „Wer hat dir nur so beigebracht zu reden?", frag ich mich leise grummelnd selbst und kann mir auch schon in der gleichen Sekunde die Frage beantworten. Ich, natürlich. „Hast du alles?" Ich frag und check sie auch gleichzeitig ab. Knallgelber Rucksack, der auf ihrem Rücken viel zu groß aussieht, Blaue Schuhe, weil wir ja noch nicht genug wie ein Farbklecks aussehen und der orangene Teddy in Form eines Fuxes. Alles da. Als ich Paula leicht auf den Rucksack klopfe, als Zeichen dafür, dass wir los können, ruf ich noch einmal meiner Mutter zu und verabschiede mich. Dann stolpern wir beide auch schon aus der Tür und direkt in die Einfahrt wo der rote, alte Wagen meiner Mutter steht. Wir haben zwar Zwei Autos, aber nur eins fährt so zu 100% und den Wagen muss mein Vater natürlich nehmen, wenn er zur Arbeit fährt und sich mit Kunden trifft.

Farbenfroh |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt