Kapitel 20

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„Ezra?!"

Mir rutscht sein Name so laut raus, dass sich ein Pärchen ganz in der Nähe nach mir umdreht, ich winke Ihnen unsicher zu und beug mich dann etwas über den Tresen, um leiser zu sprechen, aber sicher zu gehen, dass er mich auch hört. „Das war eine Begrüßung, an die ich mich gewöhnen kann.", sagt er locker und schaut mit erst tief in die Augen, dann fallen sie für einen Moment auf die laminierten Speisekarte in seinen schönen Händen. Schönen Händen? Hände können nicht schön sein. Ich betrachte seine Hände kurz abschätzend. Okay, vielleicht können Hände doch schön sein. „Und zum essen nehm ich die Paella, mit extra Shrimps, bitte."
Statt meinen Job zu tun und seine Bestellung aufzunehmen, zieh ich meinen Blick von seinen Händen hoch, nur um zu sehen, dass er mich wieder ganz genau anschaut. Kein Lächeln, aber er wirkt trotzdem viel lockerer als die anderen Male, die ich ihn getroffen habe. Vielleicht, weil es dieses Mal überhaupt nicht wie ein Zufall wirkt, dass wir uns treffen.

Ich fass mich wieder etwas, mein Oberkörper ihm noch immer zu geneigt. „Ezra, was tust du hier?", frag ich leiser und mit einem deutlichen Unterton. „Stell dich nicht so an, Diáz. Das ist doch offensichtlich, ich bin hier, um was zu essen." Er pausiert und als seine Augen mich dieses Mal genauer inspizieren, realisiere ich erst, wie ich grade für ihn aussehen muss. Meine Wellen, die über den Tag eher nur noch ein kruseliger Knoten auf meinem Kopf sind, meine Augenringe, die von meinem Concealer nicht mehr ganz versteckt werden, ein weißes Shirt, was an manchen Stellen bestimmt schon Schweißflecken besitzt und nicht nur Schweißflecken und oben drauf noch meine dreckige Schürze. Am liebsten würd ich mich ducken und hinter dem Tresen verstecken, wie ein kleines Kind. Lionel hätt mich so nicht mal angesehen, geschweige denn mit mir geredet, aber Ezra scheint sich weder an meinem Ton, noch an meinem Auftreten zu stören.

„Ich weiß- Ich mein, das kann ich sehe .", stottere ich und muss die Augen schließen und den Block in meiner Hand etwas fester umfassen, um mich zu konzentrieren und ihn nicht anzustarren. „Aber, was tust du hier." Ich öffne die Augen wieder und deute um mich herum. „Ich meine in diesem Restaurant." Ezra legt die Speisekarte langsam auf die steinige Oberfläche vor ihm ab und stützt sich auf seine Ellbogen, die grade so noch von seinen weißen Ärmeln bedeckt werden. „Was denkst du, was ich hier tue, Diaz?" Er betont meinen Namen so schön, dass ich für den Moment die Luft anhalte. Es ist nur mein Name, aber aus seinem Mund, reagiere ich wie sonst nie. „Ich-"
Ja, was denke ich eigentlich? Das es reiner Zufall ist, dass er hier vor mir sitzt? Denn das denke ich auf keinen Fall, aber ihm einfach vorzuwerfen, mich zu stalken, geht dann doch einen Schritt zu weit. Ich schüttle mich selbst innerlich, leg sowohl meinen Block, als auch meinen Stift vor mich hin und atme nochmal durch.
„Ich wundere mich einfach. Ich hab dich hier noch nie gesehen und es wirkt so, als würdest du du dich überhaupt nicht wundern mich zu sehen. Warum bist du hier in diesem kleinen Restaurant, wenn du überall in der Stadt essen gehen könntest? Du..." Ich mustere ihn genauer, dabei fällt mich nicht zum ersten Mal auf, wie verdammt attraktiv er ist. Und seine gewählten cleanen und hellen looks mit diesem old-money-vibe machen ihn noch viel attraktiver. Seine dunkel blonden Wellen, die eher Locken sind, sind gleichzeitig gestylte und locker einfach. Ein wahres Mysterium, wie seine ganze Persönlichkeit.

„Ich? Bitte sprich doch in ganzen Sätzen, Olivia."
Seine Stimme ist hart und ich spann mich sofort weiter an. „Du bist mir doch nicht gefolgt?", flüster-frag ich und beug mich noch ein Stück zu ihm rüber. Erst hebt er nur seine Augenbrauen, dann kreuzt doch tatsächlich ein Grinsen seine Lippen. Ein so einfaches und perfektes Grinsen, dass mein Bauch sofort beginnt zu kribbeln. Mein Blick bleibt auf seinen schönen Lippen hängen, bis es anfängt zu sprechen. Man kann das Grinsen in seiner Stimme hören. „Was würdest du tun, wenn?"
Ich reiße die Augen unwillkürlich auf. „Was?! Was ich tun würde? Ezra, das wär verrückt!" Ja, und warum gefällt mir der Gedanke? Die Idee, das ich Ezra so sehr interessiere, dass er sich die Mühe macht, mich zu finden und mir zu folgen.

Farbenfroh |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt