Kapitel 10

1.4K 43 0
                                    

Meine Suche nach Lionel bleibt lange vergebens. Vielleicht hätte ich ihm doch erst schreiben sollen, dass ich heute hier bin. Nach gefühlt einer Stunde hab ich aufgegeben und bin eigentlich schon fest davon überzeugt, dass es ein Missverständnis sein muss und Lionel gar nicht hier ist, da rempelt mich ein schnell laufender großer Junge an. Dabei klatscht er mir mindestens die Hälfte seines Bieres aufs Shirt. „¡Maldita sea, ten cuidado!" Verdammt, pass doch auf., fluche ich laut los und springe automatisch einen Schritt nach hinten. Der Junge ist einfach weiter gegangen, hat sich nicht einmal entschuldigt. „Oliv?!" Ich drehe mich blitzschnell um, meine Hände feucht vom Bier, als mein Blick in der Menge hinter mir auf Lionel fällt. Sein kurzes Shirt, drei Knöpfe auf, sodass der Ansatz seiner Brust zum Vorschein kommt und seine Fahne so doll, das ich sie selbst Vier Schritte von ihm entfernt rieche. Er scheint wie erfroren zu sein. Als ich einen Schritt auf ihn zu gehen will, übernimmt er den Rest und ist sofort bei mir. An seinem schwankenden Gang kann ich genau erkennen, dass er nicht nur ein paar Bier intus haben kann.

„Wie viel hast du getrunken?", frag ich mit einem sorgvollem Unterton und legt ihm meine Hände auf die Wangen, um in seine klein wirkenden Augen zu gucken, die total trüb wirken. „Was machst du hier?", entgegnet er mir fragend, ohne auf meine Frage einzugehen. Er wirkt total überrascht, nicht einfach nur überrascht, fast schon geschockt. Ich ziehe meine Hände wieder weg. „Ich hatte Langeweile, Henry hat mich mitgenommen und ich dachte wir könnte zusammen ein wenig feiern. Du weißt schon, einfach bisschen vergessen." Lios Blick schweift kurz an mir vorbei, ich folge seinem Blick, aber da ist nichts und er dreht mein Gesicht sofort wieder mit seinen Händen zu sich. „Du überraschst mich.", meint er etwas lallend. Sein Atem stinkt echt verdammt hart nach Alkohol und ich muss mich zusammenreißen, um mein Gesicht nicht zu einer Grimasse zu verziehen.

„Das war der Sinn hier hinter. Ist denn alles okay?" Er nickt schnell, tätschelt mir die Wange und guckt mich so es geht an. „Ja, ich freu mich total, nur bin ich hier nach noch wo eingeladen und ich kann das nicht absagen."
„Ich mein-" Er schüttelt schon den Kopf. „Ich kann niemanden mitbringen, das geht echt nicht, Oliv, Baby. Du hättest mir bescheid sagen sollen, dann hätte ich mich nicht verabredet, dann hätten wir hier nach zu mir fahren können." Ich überhöre das Baby einfach mal. „Nein, du hast recht, ich hätte vorher bescheid sagen sollen, ich dachte es wäre eine gute Idee aber, anscheinend doch nicht." Seine Hände legen sich ganz auf meine Wangen und er lächelt mich verschmolzen an. „Es war eine gute Idee, Oliv. An jedem anderen tag wäre sie super gewesen, nur heute."

„Okay, ja ich weiß." Er zieht mich an sich, küsst mich und dieses Mal will ich wirklich nicht los lassen. Ich will ihn wirklich küssen. Will ihn. Meine Arme schlinge ich um seinen Nacken und meine Hüften drücke ich seinen beim küssen entgegen. Selbst als ich merke, als er sich lösen will, halte ich ihn und küsse ihn weiter. Ich schaffe es ein paar weitere Berührungen und Sekunden aus ihm heraus zu kitzeln. „Und was ist wenn wir einfach abhauen?" Ich versuche mich nicht nur an ihn zu drücken, sondern auch eine Hand versucht ihn zu überzeugen, indem sie über den Teil seiner Brust streicht, der nackt ist. Ich spüre, wie er sich unter meiner Berührung anspannt. „Oliv, das geht nicht.", nuschelt er mir zu, aber ich gebe noch nicht auf. Anscheinend hatte der Alkohol genug Zeit um zu wirken.
Doch auch mein zweiter Versuch eines innigen Kusses, wird irgendwann von ihm beendet. Außer Ate, trennt er sich von mir. Seine Lippen leicht geschwollen, sein Blick genauso müde und Alkohol getrübt wie grade noch. „Ich würde so gern, aber es geht heute einfach nicht."

Ich glaube rot zu werden, beiße mir schnell auf die Unterlippe, um einen kühlen Kopf zu bewahren und nicke einfach nur eilig. „Ich will dich nicht drängen, sorry."
„Oliv, du drängst mich doch nicht." Er streckt seine Hand zwar aus, lässt sie aber wieder fallen, als er mich anguckt. „Du solltest heute einfach nur nicht da sein. Das ist alles." Das waren definitiv nicht die Worte, die man von seinem Freund hören will, wenn man ihn auf einer Party überrascht, um mit ihm Sex zu haben. „Wenn das so ist sag es doch direkt.", fauche ich zurück. „Du verstehst das schon wieder falsch."
„Nein, Lio, das kann man wohl sehr schwer falsch verstehen. Ich verstehe nämlich, du willst heut feiern und nicht mit deiner Freundin abhängen, ja ich verstehe. Viel Spaß dir noch. Wir sehen uns." Er versucht was zu sagen, schließt den Mund aber genauso schnell wieder, wie erihn geöffnet hat.

Farbenfroh |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt