Hannah war echt gut darin, alles aus einem eigentlich depressiven ich raus zu holen. Den ganzen Samstag über haben wir nichts anderes gemacht, außer zu naschen, Masken auf zutragen und Filme zu gucken. Irgendwann war auch Paula wieder spielen gegangen und wir konnten noch einmal reden, aber sie war so vorsichtig und nicht wirklich nachgefragt, wie das alles am Freitag bei der Party genau ablief und somit hatte ich auch keinen Grund gehabt, ihr von mir und Ezra zu erzählen. Schließlich gibt es da ja auch gar nichts zu erzählen, wir haben uns nur einmal kurz geküsst. Ein ganz unbedeutender Kuss. Okay, kurz war er nicht und einfach auch nicht und schlecht war er alle male nicht. In meinen Zehen und Bauch beginnt es sofort wieder zu kribbeln, als ich daran denke, wie ich von Ezra gegen die Wand gedrückt worden bin. Wie sich seine weiche Lippen auf meinen angefühlt haben. Wie perfekt alles war, wie perfekt er war. ein perfekter Moment in meinem ganz persönlichen Alptraum, so könnte man es ausdrücken.
Und heute geht der Alptraum weiter. Schon gestern Abend hab ich die Nachricht von Lionel bekommen, dass ich morgen, also heute, vorbei kommen soll, um meine Sachen abzuholen. Ich hatte sofort Bauchschmerzen und selbst die Erinnerung an meine Session mit Ezra konnte die nicht weg machen. Also fahr ich am Sonntag Mittag los in den nächsten Teil der Hölle. Dieses Mal wird mir richtig schlecht und mulmig, als ich die Auffahrt zur Villa hoch fahre und noch schlechter ist mir, als ich klingeln muss. Wieder öffnet mir Thea die Tür, sie lässt mich aber heute im Flur stehen und so stehe ich völlig unbeholfen in der weißen Eingangshalle und habe keinen Plan wohin mit meinem Leben. Ala nach zwei Minuten noch immer keine Menschenseele in der Nähe ist, beug ich mich in Richtung der Flure und Räume.
„Lionel?", ruf ich, aber nicht zu laut. Bloß nicht Megan oder Ezra anlocken. Es kommt nichts. Ich kram mein Handy raus, um nach zu schauen, ob mir Lio irgendwas geschrieben hat, aber nichts. Also ruf ich ihn an. Es klingelt drei Mal, dann geht eine Müde klingende und genervte Stimme ran. „Was?"
„Ich bin da."
„Komm hoch." Er legt sofort auf. Mürrisch stopf ich mein Handy zurück in meine Umhängetasche und stapfe ins Esszimmer, dann die Treppen rauf und den Flur runter bis zu Lionels Zimmer. Ob och klopfen sollte? Naja, wirklich überraschen kann er mich ja auf jeden Fall nicht mehr. Ich heb meine Hand an das Holz, um ihn zumindest dieses Mal vor zu warnen, aber die Tür ist auf, bevor meine Fingerknöchel das Holz berühren.Lionel steht in grauer Jogginghose vor mir und zieht die Tür weiter auf, um mich rein zu lassen. Er steht aber och genau im weg und während ich darauf warte, dass er etwas sagt, irgendwas, gleiten seine Augen über meinen Körper. Ich fühle mich sofort entblößt, auf eine ganz unangenehme Weise. Den Gurt meiner Tasche umfasse ich sofort fester, um mich beherrschen zu können, während er sich satt sieht. Dann räuspere ich mich leise. „Lässt du mich jetzt auch rein?", frag ich mit einem drängenden Unterton. Er geht einen schritt zur Seite. „Beeil dich."
Ich husche in sein Zimmer. Hier liegen Klamotten auf den Boden und nicht nur seine. Unter einen Haufen von T-Shirts entdecke ich einen roten Slip, der garantiert nicht mir gehört. Da das aber das einzige Kleidungsstück ist, was sich hier von einem Mädchen befindet und auch das Badezimmer leer zu sein scheint, ist Lily wohl nicht hier.Wie das jetzt wohl zwischen den beiden ist? Eine einfache Affäre oder denken die beiden, die lieben sich wirklich?
„Im Bad ist noch Zeugs von dir.", meint Lionel, der sich gegen die Wand gelehnt hat, mit einem kleinem Ball spielt und mich dabei beobachtet, wie ich Kleinigkeiten von mir, wie ein Ersatzladekabel einsammle. „Gefällt es dir mir zu zu gucken?", frag ich gereizt, weil ich seinen Blick genau in meinem Rücken spüren kann. Dafür muss ich nicht mal in seine gefällige Fresse gucken. „Klar, ich find's richtig geil meiner Exfreundin beim bücken zu zu gucken." Das Wort Exfreundin sticht trotz allem kurz in mein Herz. „Schön, das wenigstens einer von uns beiden Spaß hat." Ich höre wie er den Ball gegen die Wand wirft und dann wieder fängt. „Bitte, ich hab keine Lust auf so ein Gespräch. Pack einfach deine Sachen." Ich wirble zu ihm herum, in einer Hand eine kurze Hose von mir, die ich hier gelassen habe, falls ich mal bei ihm übernachte.
„Du bist nicht der jenige, der hier das Recht hat Wünsche zu äußern, Lionel. Ich bin die jenige, die dich beim ficken mit meiner Freundin erwischt hat. Nicht umgekehrt." Er wirft den Ball wieder an die Wand, und fängt. „Wer klopft denn von uns beiden nicht an?" Ich balle meine freie Hand zu einer Faust. „Ist das dein ernst? Dein scheiß ernst? Willst du die schuld jetzt echt auf mich schieben?" Er funkelt mich böse an, seine Kiefermuskeln spannen sich feste an. „Du hättest es einfach noch nicht erfahren sollen. Ich hätte schon irgendwann mit dir Schluss gemacht, nur halt noch nicht Freitag." Mir fehlen wirklich die Worte. Wütend stopf ich die Hose in meine Tasche. „Jetzt reg dich ab, Oliv. Das passiert halt. Und denk dran, du hast da noch Kosmetik Zeug im Bad."
Ohne auf seine Unverschämtheit zu antworten, stapfe ich ins Bad und werfe die paar Sachen von mir ebenfalls in die Tasche. Als ich raus trete, verschränke ich die Arme vor der Brust, stelle ich mich schulterbreit vor ihn und funkle ihn genauso böse an, wie er mich. „Wie lange schläfst du schon mit Lily? Ist es nur sie? Wie oft hast du mich betrogen, Lionel?" Ich weiß nicht mal selbst, ob ich die Antworten auf diese Fragen wirklich hören will. „Ist jetzt auch egal, außerdem geht's dich nichts an wen ich ficke und wann."
„Natürlich! Du warst mein Freund!"
„Genau Betonung liegt auf warst." Ich spüre, wie meine Lippen leicht beben. Ich hätte nicht angenommen, dass ich noch was anderes außer Wut spüren würde, wenn ich Lionel heute konfrontiere, aber grade jetzt spüre ich noch einmal, wie verletzt ich bin. Wie verdammt weh das alles tut.„Hör jetzt auf damit, Olivia. Du hast es doch schon eh geahnt. Du warst genauso fertig mit mir, wie ich mit dir, gib es zu. Du hast mir schon voll lange nicht vertraut. Ich hab nur irgendwann angefangen das zu tun, was du von mir erwartet hast."
„Das ist doch keine Entschuldigung!" Plötzlich drängt mich Lionel zu seiner Tür. Er geht einen großen Schritt auf mich zu und ich weiche sofort aus, sodass ich gegen seine offene Tür mit dem Rücken pralle. „Halt jetzt endlich deinen Mund! Es ist vorbei! Es sollte dir am Arsch vorbei gehen, ob ich Lily Fünf oder Zehn mal gefickt hab! Sei froh für die Zeit, die ich dir gegeben habe und sei froh, dass du sagen kannst, dass du mal von mir gevögelt wurdest und jetzt verschwinde!"„Danke Lionel, jetzt weiß ganz Californien, dass du ein Betrüger bist." Ich und Lionel gucken beide erschrocken zu Ezra, der uns gegenüber im Flur steht. Woher taucht der immer auf? Lionel scheint sofort noch wütender zu sein und als ich an ihm herab sehe und seine geballten Fäuste sehe, gehe ich sofort die zwei Schritte über die Türschwelle hinaus in den Fluss. „Halt deine Fresse, Bruder."
"Ich hab mich lediglich dafür interessiert, was so schrecklich ist, dass du das Haus zusammen schreien musst. Aber Olivia scheint mir gar nicht so schlimm." Ezra nickt in meine Richtung. Es ist kein Lächeln zu sehen, kein netter Zug in seinem Gesicht und trotzdem wirkt es grade so, als würde er mich echt verteidigen. „Olivia sieht vielleicht nicht schlimm aus, aber nach spätestens einer Woche will man sich die Ohren abreißen.", faucht Lionel noch mal in meine Richtung. „Verschwinde aus meinem Haus." Dann knallt er die Tür zu seinem Zimmer zu und ich stehe allein mit Ezra auf dem Flur.Ohne zu zögern, wende ich mich der Treppe zu. „Ich geh dann mal.", murmle ich leise vor mich hin. Hinter mir höre ich sofort die schnellen Schritte von Ezra, der kurz hinter mir die Treppe runter geht. Als ich spüre wie er mir folgt, bleib ich auf der Treppe stehen und wirble zu ihm herum. „Was soll das?", frag ich gereizt, aber Ezra scheint zu annahmeteilslos wie sonst auch. „Ich begleite dich zur Tür. Ist schließlich auch mein Haus." Ich mustere ihn misstrauisch, aber als keiner von uns den anderen küsst, obwohl ich ihn nicht davon abgehalten hätte, gehe ich weiter die Treppen runter. Ezra im Schlepptau. „War Lily eine Freundin von dir?", fragt er ruhig, als wir unten im Flur angekommen sind.
„Ja", bestätige ich knapp. „Fuck", flucht er leise. „Was?"
„Fuck, Lionel hat mit deiner Freundin geschlafen, Fuck." Wir bleiben vor der Eingangstür stehen und ich drehe mich wieder zu ihm um. „Ich brauche dein Mitleid nicht.", gifte ich ihn an. „Okay schön, ich hatte auch nicht vor dich zu bemitleiden." Meine Augen verengen sich. Ich will grad erneut ausholen, als mir ein Fleck auf seiner frisch rasierten Wange auffällt. Ein grüner Punkt, so klein, dass man ihn kaum erkennen würde, wenn man nicht direkt vor ihm steht, wie ich grade.
Ich reiß mich nicht zusammen, heb meine Hand und berühr vorsichtig die Stelle seiner Wange, wo der Fleck ist. Ezra zuckt weder zusammen, noch weicht er meiner Hand aus. Ich hab das Gefühl, dass er sich sogar etwas gegen meine Finger drückt.„Was ist das?", frag ich murmelnd und streiche sanft über das Grün. Plötzlich greift Ezra nach meinem Handgelenk. Ich starr sofort erschrocken in seine Augen. „Nichts und auch wenn ich es genieße, wenn mich hübsche Mädchen bewundern, würd ich vorschlagen-" Bevor er mich rausschicken kann, geh ich von ganz allen zur Tür. „Schon verstanden. Zum Knutschen gut genug, zum reden zu nervig." Ezra geht auf die Tür zu, aber ich knall sie zu, bevor er mich erreicht.
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Farbenfroh |✔️
RomanceEigentlich führt Olivia eine Beziehung mit ihrem traumhaften Footballspieler Lionel, aber immer mehr hat sie das Gefühl, er würde sie nicht mehr richtig wahrnehmen. Während ihre Beziehung droht zu zerbrechen, fällt ihre Aufmerksamkeit immer öfter au...