23 - [Schuldbewusstsein]

982 29 5
                                    

Selbst wenn ich ihn mit einem Lächeln vor mir sitzen sah, konnte ich trotzdem sehen, wie er vor meinem geistigen Augen verschwand. Einfach ging und mich zurückließ.

Ich verstand nun, warum er so empfand, allein dank Aurora. Mir ausmalen zu müssen, dass ihr irgendetwas passieren würde... unvorstellbar - aber auch eine grausame Realität, der ich nicht entfliehen konnte.

,,Domenico!" Schrie meine Stimme vergeblich über die Musik hinweg. Ich musste mich bei ihm entschuldigen.

Noch immer schien sein Blick durch den Laden zu streifen, jedoch beachtete mich dieser nicht.

Lieber sah er sich seine Tänzerinnen an und die Männer, die vereinzelt an seinen Tischen spielten.

Mein Körper entfernte sich von der Bar, mit zwei Whiskys in den Händen und setzte sich zu ihm auf die Couch.

Erst als sich das Polster zu senken begann, schien er zu bemerken, dass jemand neben ihn saß.
,,Gaia?" Sprach er etwas in Verwirrung.
,,Wir müssen reden" Teilte ich ihn mit und hielt ihm das Glas entgegen.

Er nahm es mir zögernd aus der Hand und sofort fiel mein Blick zu seine Bürotür. Ungern wollte er jetzt gehen, doch stand er seufzend auf und öffnete die Tür.

,,Ist es wichtig?" Hörte ich seine leise Stimme fragen, die ich in der Ruhe des Raumes klar und deutlich verstand.
,,Für much ist es wichtig, dass zu klären"

Neugierig zog er seine Augenbrauen zusammen und lief langsam rückwärts auf seinen Bürostuhl zu, um mich gar nicht erst aus den Augen zu verlieren.

Kopfschütteln folgte ich ihn und setzte mich auf den Holzstuhl, der zur Einrichtung des Raumes passte. Sein Stuhl hingegen wirkte eher fehl am Platz.

Dieser Raum erinnerte mich ein wenig an Giovannis Büro zu Hause. Sein gesamtes Büro hatte eine Holzausstattung, von der sich sein Drehstuhl als einziges abhebte.

Wartend musterte er mich, doch nahm er keinen Schlucken des Whiskys. Ich konnte die Wellen im Glas beobachten, die immer wieder nach oben schwabten und nicht stillstehen wollten.

,,Ich" Räusperte ich mich leicht beschämt. Es war nicht die Tatsache, dass es erniedrigend war, mich entschuldigen zu müssen, sondern dass ich einfach dumm war, um seine Bedenken zu verstehen.
,,Ich bitte um Verzeihung" Sprach ich langsam, um mich nicht an meinen eigenen Worten zu verschlucken.

Ein leichtes Schnauben entkam ihn und kurz hoben sich seine Mundwinkel.
,,Verzeihung? Warum redest du mit mir, als sei ich ein Fremder?"

Er war nicht erfreut, eher gekränkt. Schlapp ließ er seine Hände auf seinen Schreibtisch fallen und sah mich ungläubig an.

Leicht rutschte ich auf meinen Stuhl nach vorn und ließ meine Hände auf meine Knie senken.
,,Ich habe dir Unrecht getan, deine Bedenken nicht beachtet"
,,Du redest immer noch zu höflich" Unterbrach er mich mit einer strenge, die er nur bei Unruhstiftern anwandte.

Ich schwieg. Wie hätte ich darauf antworten sollen? Stundenlang lag ich wach im Bett und reihte die Wörter aneinander, die meine Reue am besten zum Ausdruck bringen konnten, aber das wollte er nicht hören.

Verständlicherweise. Ich hätte auch keine Entschuldigung hören wollen, die sich so unpersönlich anfühlte.

,,Du bist meine Familie, Gaia" Lachte er. Und auch wenn ich es nie gesagt hatte, war er ebenfalls Teil meiner Familie.

Salvatore Montanari floh vor seiner Familie und Domenico Antonelli wurde zwar ohne Familie geboren, jedoch wurden dieser Mann zu einem Bruder, den ich nicht verlieren wollte.

,,Redet man mit seiner Familie, als wären sie Fremde?" Er machte keine anstallten seine Enttäuschung zu verbergen, was mir nur die Schwere meiner Fehler bewusst machte.
,,Nein" Seufzte ich schuldbewusst.

Sein Körper lehnte sich zu mir vor, nur der Tisch trennte uns
,,Warum entschuldigst du dich?" Ein Lächeln zierte meine Lippen. Ich machte mich über mich selbst lustig.
,,Auch ich kann ab und zu dumm sein"

Heimlich grinste er, als er sich zurück in seinen Stuhl fallen ließ und sich seine Stirn mit der Hand rieb.
,,Ab und zu nur, ja?" Ich musste mir ein Augenrollen verkneifen.

,,Ich versteh aber immer noch nicht, warum du dich entschuldigen möchtest" Mein Mund stand leicht offen, als ich meine Hände in meine Hüften legte und ihn in Unglauben ansah.
,,Ich dachte, wir hätten alles schon geklärt, als du zugegeben hattest, dass ich dich in eine Ecke gedrängt hatte"

Völlig schlapp viel mein Kopf in meine Hände, die sich auf meinen Knien stüzten.
,,Gott, bin ich dumm" Nuschelte ich gedämpft in meine Hände, bevor ich ein Schluck aus meinem Glas trank.

Meine Gedanken mussten wohl wirklich nur bei Aurora gewesen sein, um nicht zu bemerken, dass er mir nur beweisen wollte, dass auch ich ein Mensch mit Schwächen war.

Domenico schien das alles nur zu amüsieren, er konnte sein belustigtes Grinsen nicht zurückhalten.

,,Wenn ja jetzt alles geklärt ist, dann lass uns doch unseren Spaß draußen haben" Sprach er einladend und hielt mir seine ausgestreckte Hand entgegen, um mir von dem Stuhl zu helfen.

Ich nahm sie nicht, stattdessen schlug ich sie leicht zur Seite und stand von selbst auf, nur um als erstes bei der Tür anzukommen. Immerhin besaß ich noch etwas von meinem Stolz.
,,Wenn du das irgendjemanden erzählst"  Drohte ich ihn, ohne Domenico mein eigenes amüsiertes Grinsen zu zeigen.
,,Dann bin ich tot, ich weiss"

Lachend verließ wir sein Büro. Sein Arm war dabei um meine Schulter geschlungen.
,,Ach übrigens" Sprach er direkt in mein Ohr, damit ich ihn bei der lauten Musik auch noch verstehen konnte.
,,Camilla vermisst dich" Seine Stimme brach in ein Lachen zusammen, welches jedoch schnell verstummte, als er meinen Ellenbogen in seiner Seite spüren konnte.

Leich lehnte sich sein Oberkörper vor Schmerz nach vorn, ehe meine Hand in sein Haar griff und mir sein Ohr zudrehte.
,,Du kannst ihr gerne ausrichten, dass ich kein Interesse mehr habe"

Was sollte ich noch von einer Stripperin wollen, wenn ich jemanden hatte, der zu Hause auf mich wartete, und mir so viel mehr gab, als nur Sex.

,,Heißt das, dass ich dich nie wieder hier sehen werde?" Hustete er über die Musik hinweg.
,,Sei nicht albern" Lachte ich amüsiert, denn eigentlich hätte er sich meine Antwort ja denken müssen.
,,Von wo würde ich sonst all meine Informationen her bekommen?"

Karma Is A Bitch Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt