28 - [Valentino Und Nando]

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Ein schwaches Licht fiel durch meine geschlossen Lider, zusammen mit einem lauten knallen, gefolgt von Schritten.

Benommen öffnete ich meine Augen. Meine von Blut verklebten Strähnen hingen mir im Gesicht.

Verschwommen sah ich eine bekannte Silhouette vor mir stehen.
,,Ich habe gehofft, du würdest kommen" Sprach ich ehrlich und versuchte in sein Gesicht zu sehen, welches mich ohne jegliche Emotionen ansah.
,,Ich habe ein großen Teil meines Lebens mit dir und deiner Familie verbracht, da schulde ich dir wenigstens Antworten"

Er setzte sich auf den dreckigen Boden und sah zu mir herauf. Mein Nacken war durch das ganze Sitzen völlig steif geworden, ich konnte ihn nicht einmal mehr heben.

,,Was möchtest du wissen?" Seufzte er, als würde er es jetzt schon bereuen.
,,Wieso seid ihr zu uns gekommen?"

Es fühlte sich an, als wäre Valentino seit Anbeginn der Zeit bei uns gewesen, dabei lernte ich ihn im Alter von zehn Jahren erst kennen.

,,Giovanni hatte Vaters Bruder umgebracht, also wollte er sich rächen" So ganz konnte ich ihn nicht folgen. Was hatte das mit ihm zu tun?
,,Wenn dein Onkel irgendeine wichtige Rolle gespielt hätte, dann hätte er uns vor ihn und Antonio gewarnt. Dann hätten wir gewusst, dass du Antonios Sohn bist"

Ich kannte dieses Lächeln, welches er selbstsicher auf seinen Lippen trug. Ungeduldig hatte ich ihn unterbrochen, jedoch war Geduld in solchen Fällen nie meine Stärke gewesen.

,,Du hast doch sicherlich gehört, wie einer der Satoris seinen eigenen Sohn umgebracht haben soll, nicht wahr?" Also war es keine Lüge und auch kein Gerücht gewesen.
,,Das war mein Bruder. Er war ein Feigling und hätte niemals bei diesen plan mitgemacht" Ich ahnte, was er mir erzählen wollte.

Domenico erzählte mir von der Brutalität seiner Familie und ich erlebte, wie Giovanni mit Nando umging, bevor er ihn als nutzlos ansah.

Dennoch, sein eigenen Sohn umzubringen, war mehr, als nur wahnsinnig.

,,Er war als einziger in der Öffentlichkeit bekannt. Allen erzählten wir, er wäre im Wasser ertrunken - was in gewisser Weise auch wahr ist" Seine Stimme war gebrochen. Er war nicht der stark und gefühllose Mann, der er vorgab zu sein.

Enzo traute sich nicht weiter zu reden. Seine Gesicht wurde kreidebleich, als wäre die Leiche seines Bruder, vor seinen Augen vorbeigehuscht.

Ich konnte mir schon vorstellen, wie Antonio es tat. Er hielt seinen Kopf fest und drückte ihn mit all seiner Kraft Unterwasser, während Enzo ihn zu sah.

Zitternd atmete er ein und versuchte seine Worte wieder zu finden.
,,Wir gaben mir eine neue Identität. Ich war eine Art Bezahlung für irgendwelche Schulden" Fast wie Adelina.
,,Ab da an kennst du alles" Zuckte er mit den Schultern.

Er hielt den Atem an, irgendetwas verschwieg er mir. Vielleicht war Valentino eine Lüge, aber konnte er nicht alles über zehn Jahre vor mir versteckt halten. Ich kannte seine Angewohnheiten.

,,Wie wollte er Rache nehmen?" Sein Oberkörper versteifte sich und schwer schluckte er.
,,Deine Mutter-"
,,Du wusstest, dass man sie umbringen würde?!" Schrie ich mit mit dem letzten bisschen an Stimme, dass nicht gebrochen und am zittern war.

Er schwieg, traute sich nicht einmal mir in die Augen zu sehen.
,,Nando und ich, haben zahllose Tränen vor dir vergossen!"

Ich verstummte, langsam schien die Realisierung vor mir zu dämmern.
,,Du hast ihn angeschossen, nicht wahr?" Ich klang nicht vorwurfsvoll, auch nicht wütend, nur enttäuscht.
,,Ich wollte es nicht tun, dass musst du mir glauben" Seine Stimme zeugte zwar von Reue, doch konnte ich ihn kein Wort glauben, egal wie sehr ich es versuchte.

Es schmerzte, als würde ich von innen heraus verbrannten werden. Meine Augen konnten ihn nicht einmal mehr ansehen.

,,Wie hast du es getan?" Meine Stimme war ein Schatten ihrer selbst. Ich ließ Leute in Ehrfurcht zittern, konnte sie mit meiner Lache zum weinen bringen, nun war sie ganz heiser und kaum mehr hörbar gewesen.
,,Ich konnte ihn nicht ansehen. Als er mir den Rücken zu wandte, schoss ich"

Es war wirklich schwer zu sagen, ob all das für ihn ein Witz war, oder nicht. Er schien all seine Taten zu bereuen, trotzdem führte er sie weiterhin aus. Wie sollte ich seine Reue also ernst nehmen?

,,Nando lebt aber noch"
,,Ich weiss" Vielleicht bildete ich es mir ein, aber ein kurzes trauriges Lächeln zierte seine Lippen.

Er trauerte nicht um seinen fehlgeschlagenen Mordversuch, sonder darum, dass er Nando all diese Schmerzen aussetzte.

Wenn Nando ihn wirklich etwas bedeutet hätte, dann hätte er uns vor Jahren die Wahrheit sagen können. Aber ich schätze, all die Jahre, die er in Angst vor seinen Vater leben musste, ließen sich nicht so leicht vergessen.

,,Und wenn er aufwacht?"
,,Pass ich auf ihn auf" Ohne zu zögern antwortete er mir. Vielleicht musste ich mir nicht all zu viele Sorgen um Nando machen.

Aber trotzdem stand eines fest: Enzo würde mich nicht retten. Adelina konnte mich nicht retten. Der Einzige, der mir noch wichtig war, war Domenico. Er war alles, was mir jetzt noch blieb.

,,Und was ist mit Domenico?" Ich musste einfach wissen, dass es ihn gut ging.
,,Wir werden sehen, ob Salvatore ein Problem für uns darstellen wird" Er sprach Domenicos eigentlich Namen mit Vorsicht aus, trotzdem hasste ich ihn dafür.

Zu ersten Mal verstand ich den Schmerz, der bei diesen Namen aufkam.
,,Seine Namen ist Domenico" Knurrte ich.

Er antwortete darauf nicht. Enzo wusste, wie falsch es war, ihn bei diesen Namen zu nennen, trotzdem konnte er sich nicht dazu bringen, ihn Domenico zu nennen.

,,Wenn es Probleme mit ihm geben sollte" Er zögerte weiter zu sprechen. Erstmal musste er seine Worte finden
,,Mein Vater ist gut mit den Montanaris befreudet"

Meine Muskeln ersteinerten. Enzo hätte es zugelassen, wenn sie Domenico zu ihnen schicken würden.

,,Du würdest ihn einfach in diese Hölle zurückschicken?" Mit Unglauben sprach ich meine Worte und mit Hoffnung sah ich ihn in die reuevollen Augen.
,,Wenn es Probleme geben sollte"

Es war sinnlos. Enzo steckte so tief in der Falle seines Vaters fest, dass er nicht einmal für sich selbst mehr handeln konnte.

,,Was hatte Russo mit all dem zu tun?" Meine letzte Frage, schließlich konnte ich schon ahnen, was sie mit Giovanni taten. Wahrscheinlich war er sogar schon tot.
,,Er war einfach nur ein Mann, der Giovanni hasste und daher ein Motiv gehabt hätte, Nando zu erschießen"

,,Valentino-"
,,Dieser Name wird zusammen mit dir begraben werden"

Karma Is A Bitch Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt