Kapitel 5

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Das kleine weiße Scannerlicht fuhr James Barnes Körper langsam auf und ab.
Auf dem Display rechts neben dem Behandlungstisch wurden sein Körper und die verheilten Bereiche aufgezeigt.
Ganz langsam wich die Stasis und die Hautfarbe des Sergeants wurde wieder rosiger.
Mit einem Zischen öffnete sich die Kammer und alle Anwesenden hielten gespannt den Atem an.
Steve wusste sehr genau, dass Shuri Vorkehrungen getroffen hatte, für den Fall, dass die Behandlung nicht gewirkt hatte.
Doch wenn es eines gab, auf das Steve Rogers vertraute, dann war es der Mann der vor ihm langsam erwachte.
"Wie fühlst du dich…", fragte er sanft, als Bucky die Augen aufschlug.
"Verwirrt...", murmelnd, rieb der ehemalige Winter Soldier über den Armstumpf.
Seinen Metallarm hatte man ihm vor der Stasis vorsichtshalber entfernt.
"Als hätte ich einen Mega-Kater..."
Als er T'Challas Blick auffing, grinste er entschuldigend.
"Sollte keine Anspielung sein, sorry..."
"Schon ok." Der wakandische König atmete sichtbar durch, als er spürte, dass von Steves Freund keine Gefahr ausging.
"Meine Schwester hat mir berichtet, dass sie deine Hirnbereiche wieder herstellen konnte..."
"Dann habe ich ab sofort keine Ausrede mehr..."
"Zumindest keine physische", nickte T'Challa mit einem gutmütigen Lächeln, das ernster wurde als er fortfuhr:
"Alles weitere wird sich finden.
Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit du deinen Frieden finden kannst."
Dankbar sah Bucky zwischen T'Challa, Shuri und Steve hin und her und senkte verlegen den Kopf.
All diese Menschen glaubten an ihn.
Sie vertrauten ihm...
Womit hatte er das nur verdient?
"Danke", flüsternd, spürte er, wie eine starke Hand sich auf seinen verbliebenen Oberarm legte.
Steve...
Er brauchte nicht einmal hoch zu sehen, um genau zu wissen, dass es seine Hand war.
Nicht wegen der Hautfarbe...
Nicht wegen der Finger, die er so gut kannte wie seine eigenen.
Es war das Gefühl, das diese Hand in ihm auslöste.
Dieses Vertraute, das er sich noch nicht erklären konnte, von dem er aber wusste, dass es sich richtig und gut anfühlte.
"Gebt dem Mann einen Arm", befahl der König und nickte den beiden Soldaten zu, während er sich umdrehte, um den Raum zu verlassen.

"Das erste richtige Bett seit..."
Steve begleitete seinen Freund in eines der Zimmer, das den Freunden zur Verfügung gestellt worden war.
Wanda und Clint waren in den Zimmern gegenüber, Steve hatte den Raum neben Bucky, getrennt durch eine Tür in einer Zwischenwand.
Eine erneute Vorsichtsmaßnahme, wie Steve vermutete.
"Soll ich dir helfen?" Die neue bionische Prothese war gewöhnungsbedürftig.
Shuri hatte Vibranium statt einfaches Metall verwendet, das den Arm um ein Vielfaches leichter und flexibler machte.
Durch vorsichtiges Heben und Senken testete der ehemalige Winter Soldier sich an dieses fehlende Gewicht zu gewöhnen.
"Alles ok... Ich ...Ich weiß nur nicht ob..."
"Betten werden dir vorkommen wie Marshmallows.
Viel zu weich, als wenn du bis zum Boden sinken würdest... Aber man gewöhnt sich dran."
Steve erinnerte sich noch sehr genau daran, wie er mit Sam dieses Gespräch geführt hatte.
Irgendwie schien es jedem so zu gehen, der an die Feldbetten der Armee gewöhnt war... Oder Schlimmeres, wie in Buckys Fall.
"Im Moment ist mir alles recht" murmelnd, sah Bucky zwischen Steve und dem Bett hin und her.
"Ich bezweifle nur, dass ich sowas wie Schlaf wirklich finden werde... Oder finden will..."
Schlafen bedeutete Träumen... Träumen bedeutete zu sehen, was er getan hatte.
Die Schreie und Anklagen seiner Opfer wieder und wieder zu hören.
Seine Taten zu sehen... Wie in einem grausamen Horrorfilm, den man nicht pausieren oder gar beenden konnte.
"Wenn du willst, bleib ich bei dir", bot Steve völlig selbstverständlich an und zog sich einen Stuhl neben Buckys Bettkannte.
"Wie früher... Einer schläft, der andere hält Wache."
Erinnerungsfetzen flackerten in Buckys Verstand auf.
Ein Zelt, drei Menschen neben ihm, Steve in schwarzer Uniform, der lächelnd aus dem Zelt trat... Sein Schild auf dem Rücken.
Sicherheit... Unerschütterliche Sicherheit...
Sich aus den Bildern schüttelnd nickte der Schwarzhaarige unsicher.
"Ich will dir nicht zur..."
"Alles in Ordnung, ok?
Du bist keine Last, Buck... Du bist meine Familie." Mit einem sanften Lächeln deutete Steve auf das Kissen.
Komm, ich helfe dir das Shirt auszuziehen..."
Seine Hände an den Saum des T-Shirts greifend, spürte Steve wie sein Freund sich versteifte.
"Alles ok... Sieh mir in die Augen, ok?"
James spürte, wie er zu zittern begann.
Nicht aus Furcht, oder besser gesagt nicht nur.
Da war etwas anderes...
Ein Bild, das durch seinen Verstand schoss und etwas in ihm auslöste, das er nicht wirklich verstand.
Steves Hände... Er hatte das schon mal gemacht.
Ihn ausgezogen und...
Schluckend spürte er die Wärme, die von dem Mann vor ihm ausging auf seiner Haut.
Fühlte die sanften Finger, die über seine Haut streiften, während sie ihm den Stoff über den Kopf zogen.
Steves Atem auf seinem Gesicht, als der Stoff über seine Haare glitt und sein Kopf etwas vorgezogen wurde.
Irritiert wich Bucky einen Schritt zurück und wagte nicht sein Gegenüber anzusehen.
"Bist du ok?", fragte Steve besorgt und suchte den Blick seines Freundes, als dieser den Kopf senkte und lediglich nickte.
"Buck..."
"Alles ok... Ich bin... Ok", stammelnd wich er einen weiteren Schritt zurück und setzte sich auf das tatsächlich viel zu weiche Bett.
"Flashbacks? Willst du drüber reden?"
"Nein…", antwortete der Schwarzhaarige viel zu schnell und faltete seine Hände nervös in seinem Schoß.
"Es ist alles nur so..."
"Fremd? Ich weiß, was du meinst", seufzte Steve, legte das Shirt auf einen kleinen Schrank in der Nähe der Tür und setzte sich auf den Stuhl neben Buckys Bett.
"Ging mir genauso.
An einem Tag verpasse ich das Date mit Peggy, weil das Hydra-Flugzeug im Eis unschädlich gemacht werden musste, um nicht New York zu zerstören... Und das nächste, was ich sehe, ist eine mit Autos und Menschen vollgestopfte 5th Avenue 70 Jahre später."
"Was ein scheiß Tag, hm?"
"So in der Art...", schnaubte Steve und lehnte sich in dem Stuhl zurück.
Bucky ließ sich nach hinten fallen und versuchte mühsam eine halbwegs bequeme Position zu finden.
"Du hast recht... Betten sind zu weich...", schnaubend, hörte er wie Steve leise kicherte.
"Wir legen dir ein Brett unter die Matratze, das hilft."

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