Kapitel 74

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"Ich glaube, Bruce war ein wenig erzürnt...", murmelnd, warf Loki Natascha einen kurzen Blick zu und stutzte, als er für einen Moment ehrliche Sorge in ihren Augen sah.
Sie straffte sich kurz und da war sie wieder...
Die Maske, die ihr Gesicht so ausdruckslos werden ließ, dass Menschen sie für kalt und distanziert halten würden.
Dem Gott entging jedoch nicht dieser kleine Funke in ihren Augen, der ihn musterte.
"Es geht mir gut", sagte er sanft und spürte es mehr, als er das Lächeln auf ihren Lippen sah.
"Halte dich vielleicht eine Zeit lang fern von Bruce", riet sie und warf dem Großgewachsenen einen kurzen, mitfühlenden Blick zu, als dieser kurz den Nacken durchstreckte und seine Kleidung richtete.
Ihre Wortwahl gefiel ihm und einen kurzen Moment fragte er sich, ob sie diese Worte tatsächlich bewusst gewählt hatte.
Sie bat ihn sich von Bruce fern zu halten, sie sagte nicht, dass er sich von ihr fernhalten sollte!
"Nun, wo waren wir stehen geblieben?"
Als wäre der kleine Zwischenfall nicht passiert, lehnte er sich erneut zu ihr herunter und lächelte, als sie seufzend die Augen verdrehte und den Kopf schüttelte.
"Lass es."
"Wie du wünschst, Liebes..." Kichernd folgte er ihr mit drei Schritten Abstand zu der feiernden Gruppe, Thors Blick in seine Richtung mit einem amüsierten Hochziehen seiner Augenbraue kommentierend.

"Was hast du vor...?", knurrte der Donnergott, als Natascha sich Steve und Bucky zuwandte und sie nacheinander umarmte.
"Warum so aggressiv, Bruder?"
"Natascha ist meine Freundin, Loki."
Die Drohung in seiner Stimme war kaum zu überhören, doch entschied sich der Dunkelhaarige sie geflissentlich zu überhören.
"Sie ist mutig", sagte er ruhig, worauf Thor nur schnaubend zustimmte.
"Eine wahre Valkyre. Selbst Stark traut sich nicht ohne Rüstung sich dem Hulk entgegen zu stellen.
Aber ich sage dir trotzdem, lass sie in Ruhe, Bruder.
Spielst du mit ihr, werde ich dich dafür bezahlen lassen."
"Ich habe dich gehört, Bruder..." Sein Blick glitt zu Thor herüber, der irritiert die Brauen zusammenkniff, bevor er wieder zu Natascha herüberblickte.
"Das hoffe ich für dich...", murmelnd ging er zurück zu den Feiernden, während Loki sich etwas abseits stellte und dieses doch irgendwie trinkbare Getränk der Menschen namens Bier in einem Glas aus diesen winzigen Flaschen trank.

Irgendwann weit nach Mitternacht hatten sich Steve und Tony zurück gezogen.
Bucky und Shuri lagen eng umschlungen auf dem Sofa und waren irgendwann eingeschlafen.
Thor, Sam und Rhodey waren eigentlich nur noch halbwegs ansprechbar, nachdem der Donnergott einen kleinen Vorrat des Asgardischen Brandys an sie verteilt hatte.
Amüsiert hatte Loki beobachtet, wie Natascha daran genippt hatte und hustend mit Wasser nachgespült hatte.
Er hatte gehört, wie sie etwas auf Russisch gemurmelt hatte und festgestellt, dass nur Bucky sie verstanden und ihr ebenso amüsiert geantwortet hatte.
Die weibliche, zarte Fassade mit diesen Kraftausdrücken zu kombinieren, hatte einen sehr eigenen Reiz für den dunkelhaarigen Gott.

Mit einem kurzen Nicken in Nataschas Richtung, wollte er sich verabschieden, als sie sich in Richtung ihres Zimmers bewegte, als sie die Richtung änderte und zu ihm herüber ging.
Ihr kurzer Blick auf die Halbbewusstlosen um sich herum, sorgte dafür, dass ihre Schultern sich um einige Millimeter entspannten, als sie bei dem Großgewachsenen ankam und ihm nun direkt in die Augen sah.
"Bist du wirklich ok?"
"Ist das Sorge, Liebes?", fragte er neckend, worauf sie genervt die Augen rollte.
Sie wusste, nett zu Loki zu sein war ein Fehler, dennoch hatte sie das Bedürfnis, sich bei ihm entschuldigen zu müssen.
Sie hatte das nagende Gefühl, das Bruces Wandlung irgendwie ihre Schuld war.
"Hulk kann ganz schön... Ergreifend sein", sagte er mit diesem leicht zynischen Unterton, der Natascha stumm auflachen ließ.
"Aber sei unbesorgt, ich heile schnell..."
Ihr Blick glitt unbewusst auf den Torso des Gottes, als könne sie sich so vergewissern, dass dort keine gebrochenen Knochen oder ähnliches waren, bevor sie wieder weg sah.
"Liebes..."
"Warum nennst du mich so?" Verärgert darüber, wie sehr ihr diese Anrede wirklich gefiel, verschränkte sie ihre Arme vor der Brust und versuchte den Gott mit zusammengekniffenen Augen anzusehen.
"Was würde dir besser gefallen?", fragte er mit einem leicht herausfordernden Unterton und ließ seine Stimme in einen beinahe schnurrenden Tonfall absinken.
"Nat... Natascha... Alianova…?"
"Was zum..." Entsetzt fuhr sie zusammen, als er ihren Zweitnahmen benutzt, den nicht mal Clint kannte.
"Bleib aus meinem Kopf raus, du verdammter Mistkerl!"
Sie wollte sich abwenden, wurde doch auf so unglaublich sanfte Weise am Arm zurückgehalten, dass sie schlucken musste.
Loki wandte keinerlei Gewalt an, ihre Haut wurde nicht mal wirklich eingedrückt und doch konnte sie sich keinen Millimeter mehr bewegen.
"Lass mich los...", bat sie heiser, die Angst vor einer Gedankenmanipulation ihre Wirbelsäule entlangkriechen spürend.
"Ich halte dich nicht fest", sagte er ruhig und öffnete tatsächlich die Hand.
Sie bewegte sich nur wenig, drehte sich um und spürte, wie ihr Atem zitterte.
"Du hast mein Wort, Liebes. Ich werde dir nichts einflüstern."
Er lächelte leicht, kaum ein Heben seiner Mundwinkel, als er sich zu ihr herunterbeugte und an ihrem Ohr flüsterte:
"Deine Geheimnisse sind bei mir sicher, Liebes..."
Ein warmer Schauer durchfuhr sie, als sie in die grünbraunen Augen vor sich sah.
"Ich werde dir kein einziges verraten...", hauchte sie heiser. "Und wenn du sie dir aus meinen Kopf holst, schlage ich ihn dir ab."
"Fair...", wispernd, strich er mit seinen Fingerspitzen über ihre Schulter und die bloßen Arme, bis sie zitternd erschauderte.
"Trau mir nicht, solange ich dieses Vertrauen nicht verdiene...", bat er summend an ihrem Ohr, selbst nicht wissend, warum er das gerade gesagt hatte.
"Aber ich gebe dir mein Wort: Du hast von mir nichts zu befürchten.
Nicht jetzt..." *Und niemals* Schoss ihm ein für ihn völlig verstörender Gedanke durch den Kopf, bevor er die letzten Zentimeter überbrückte und seine Lippen auf die der Assasina legte, sie mit einem unterdrückten Seufzen in seine Umarmung glitt.

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