Kapitel 54

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Seit 72 Stunden hatte Steve sich nicht bewegt.
Auf seinem Gesicht lag ein fast schon zufriedenes Lächeln, das Tony mehr erschreckte, als er jemals zugeben würde.
Sie hatten ihn in ein bequemeres Krankenbett in einem ruhigeren Zimmer in der Botschaft verlagert, so dass er ungestört ruhen konnte.
Shuri hatte, auf Tonys Bitten hin, einen Körperfunktionsscanner angeschlossen, der anhand von Elektroden den Herzschlag und die Atmung des Blonden überwachte. Andernfalls hätte Tony wohl seine Hand nie mehr von Steves Brust herunter genommen, nur um sicher zu sein, dass er keinen Atemzug verpasste.

"Guten Morgen..." Natascha begrüßte den Schwarzhaarigen, stellte ihm ein Frühstück auf den Tisch und lächelte entschuldigend, als er ihr entgegensah.
"Wir haben Zola noch nicht gefunden... Tut mir leid."
" Das ist nur eine Frage der Zeit...", versuchte er sie aufzumuntern, doch im Grunde war es ihm in diesen Momenten völlig egal.
Alles, was für ihn zählte, lag auf dem Bett neben ihm.
"S.H.I.E.L.D ist ebenfalls dran... Fury war ziemlich frustriert, als ich ihm gesagt habe , dass es Steve gewesen ist, der Peggy Carters Code verwendet hat."
"Fury und frustriert... Mist, da hab ich wohl mal was verpasst."
Nat lachte leise und lehnte sich gegen die Fußseite des Bettes, um ihr Gegenüber mitfühlend anzusehen.
"Du solltest wirklich mal schlafen Tony... Und duschen. Steve geht es gut."
"Er hat sich in das Krankenhaus geschlichen, nur um mich zu sehen.
Ist ein lebensgefährliches Risiko eingegangen...
Nur um mich alten Esel zu sehen...
Und jetzt schon wieder, um mich und Bucky zu rächen..."
"Du weißt, dass das nur die halbe Wahrheit ist, oder?"
"Es ist meine Wahrheit", gab er ruhig zurück und sah der Rothaarigen in die Augen.
" Warum hat er mir nichts von all dem gesagt?"
Sie zuckte mit den Achseln, ebenso ratlos wie Tony, wenn es um diese Frage ging.
"Er hat mich auch erst ganz zum Schluss eingeweiht. Ein paar Tage vor dem Transfer hat er mir den Datenstick in die Hand gedrückt und gesagt, ich soll das ins S.H.I.E.L.D-System einpflegen..."
"Aber woher wusste er all das... Ich meine..."
Ein schmales Lächeln legte sich auf Nataschas Lippen, als sie kurz den Kopf senkte und sich schließlich zu Steve umdrehte.
"Ich schätze, unser guter Cap hat Peggy Carter nicht umsonst geliebt, damals."
"Na toll, jetzt bin eifersüchtig wegen einer toten S.H.I.E.L.D-Gründerin, die mal meine Babysitterin war..."
"Klingt irgendwie schräg...", lachte Natascha und grinste, als Tony amüsiert den Kopf schief legte.
"Vielleicht hatte Shuri recht", seufzte er schließlich und lehnte sich in den Stuhl, während er seine angespannten Nackenmuskeln lockerte.
"Ich habe Cap immer als... Naja, als Soldaten wahrgenommen. Als jemand, der Befehle befolgt und nie hinterfragt.
Ich habe mir nie vorstellen können, dass er bereits damals schon eine Führungsposition bei S.H.I.E.L.D eingenommen hat."
"Hast du dich nie mit den Howling Commandos auseinander gesetzt?"
"Nie mehr als das, was in den Aufzeichnungen meines Vaters war. Und darin war so gut wie jedes zweite Wort Steve Rogers..."
"Dein Vater war ein Fan?"
Knurrend zog Tony eine Grimasse und wischte sich über das Gesicht bei der Erinnerung daran, wie sehr sein Vater von Captain Amerika geschwärmt hatte.
*Wenn Howard wüsste, dass ich Steve...*
Er musste über seinen Gedanken anzüglich grinsen, was Natascha mit einem sarkastischen Hochziehen ihrer Augenbraue kommentierte.
"Sagen wir mal so... Er wäre relativ schockiert Steve in meiner Nähe zu wissen. Nicht wegen Cap, sondern wegen meinem möglichen Einfluss auf ihn."
"Einfluss...", kommentierte Nat ebenfalls zweideutig, worauf Tony sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte.
Er richtete seinen Blick auf den Blonden, fuhr sachte mit seiner Hand über den freiliegenden Arm vor sich und versuchte sein Seufzen mit einem langen Ausatmen zu überdecken.
Ein leichtes Vibrieren in Tonys Hosentasche ließ ihn auf sein Starkphone gucken. "Nachtlektüre...", lächelte Nat und drückte Tonys Schulter sanft. "Ich denke, du wirst Steve danach mit anderen Augen sehen, als nach den Geschichten deines Vaters."
Der Schwarzhaarige nickte ihr dankend zu, steckte den kleinen Bildschirm wieder weg und nahm den Kaffee, den sie ihm gebracht hatte.
Irgendwie hatte er das Gefühl, den Mann vor sich nicht so gut zu kennen, wie er sich das immer erhofft hatte.
Der Satz damals in Clints Hütte ließ ihn seit Tagen nicht mehr los.
Damals hatte er Steve gesagt, dass er niemandem ohne dunkle Seite trauen würde... Steves Antwort, dass er sie vielleicht bisher nur noch nicht kennengelernt hätte, erschien ihm damals nur eine flapsige Antwort , vielleicht hätte er damals schon eher auf ihn hören sollen.

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