Kapitel 79

64 12 1
                                    

Nach ungefähr drei Stunden saßen Natascha und Steve an einer Promenade und sahen auf das dunkel dahinziehende Wasser.
Der Trubel der Stadt im Rücken, die Stille des Meeres vor ihnen, ließ die beiden Freunde lächeln und entspannt an den Schokofrüchten knabbern, die sie vorher noch an einem kleinen Stand gekauft hatten.
Seit einer gefühlten Ewigkeit fühlte Steve sich wirklich vollends entspannt und glücklich, ein Gefühl, das sich auch in seinem Lächeln wiederspiegelte, sehr zur Freude seines Gegenübers.
Sie lehnte den Kopf gegen die breite Schulter ihres Freundes und schloss kurz die Augen und schmunzelte, als er ihr den Arm um die Schultern legte.
"Gib es zu, das hast du gebraucht..."
"Ich wusste nicht wie sehr... Bis zu dem Moment, wo du mich mitgeschleift hast. Danke", gestand er und lachte ausgelassen, als sie ihm in die Seite pikste.
"Manchmal müssen wir lernen, das wir auch eigene Bedürfnisse haben..."
Seufzend richtete sie ihren Blick auf das Wasser.
Sie spürte, wie Steve seine Haltung leicht veränderte, als er sich anlehnte und sie etwas enger an sich zog und sachte ihren Arm entlang fuhr.
"Erzähl‘s mir...", flüsternd, streichelte er ihren Arm entlang, nur um schließlich einfach für sie da zu sein, als er spürte, wie sie mit sich kämpfte.
"Ich weiß nicht ob... Ich glaube, das ist keine gute Idee."
"Warum nicht? Immerhin warst du auch die erste, die von mir und Tony wusste.
Im Grunde lange bevor wir es wussten."
"Das ist was anderes..."
Ihr Zeit gebend aß er die schokolierten Trauben auf und spielte mit dem Stiel in seiner Hand, bis sie plötzlich, kaum hörbar sagte: "Ich habe mit Loki geschlafen... Zwei Mal." "Bitte, was?" Irritiert blinzend richtete er sich auf, sah auf sie herunter und bekam gerade noch mit, dass sie ihr Erröten durch einen genervten Blick ersetzte.
" Genau deshalb wusste ich das..."
"Nat... Alles ok. Ich verurteile dich nicht deshalb, das steht mir absolut nicht zu."
Den Kopf schüttelnd, drehte er sich so, dass er ihr in die Augen sehen konnte.
"Allerdings muss ich gestehen, dass Loki wirklich der Letzte ist, den ich mit dir...
Naja in Verbindung gebracht hätte. Ich meine... LOKI?"
Sie schnaubte nur ergeben, zuckte mit den Achseln und ließ ihren Oberkörper nach vorne fallen, um den Körperkontakt mit Steve zu minimieren.
"Ich weiß, glaub mir... Ich weiß genau, was du meinst. Es ist eben LOKI!"
Sie machte mit ihren Händen eine hilflose Geste, und wischte sich schließlich über die Augen.
"War er gut zu dir?"
Die völlig neutrale Betonung der Frage ließ Natascha ihr Gesicht noch tiefer in ihre Hände graben, bevor sie sich zu ihrem Freund umdrehte und ihm mit geröteten Augen entgegen sah.
Steves erster Impuls war Wut...
Er sah, wie Nataschas Augen sich röteten und sofort zog sich alles in ihm zusammen. Hatte dieser Bastard etwa...
"Es gab keinen Mann in meinem Leben, der mich so behandelt hat, Steve...
Noch nie... Niemals."
Sie schluckte und wischte sich energisch die Tränen aus den Augen, als sie bemerkte, wie ihr Gegenüber sich nur langsam entspannte.
"Dann hat er... Nichts…"
"Nein! Herrgott, Steve, nein... Das ist es nicht!"
Sie schüttelte den Kopf und lächelte gequält.
"Damit hätte ich umgehen können. Verdammt, ich habe von Loki nichts anderes erwartet... Aber nein.
Ich... Ich habe mich nie mehr als Frau… Als...
Was auch immer, nenn es geliebt, wobei das im Zusammenhang mit diesem Kerl wohl die pure Absurdität ist...
Aber ich habe mich nie besser gefühlt, als in... Als..."
Ihre Lippen pressten sich zusammen, als sie errötend das Gesicht wegdrehte und die fallenden Tränen wegwischte.
Steve lächelte erleichtert, als er realisierte, dass er Thors Bruder offenbar falsch eingeschätzt hatte.
Doch diese nagende Angst, dieser Verdacht, dass er sie vielleicht doch gegen ihren Willen bezirzt haben könnte, blieb bestehen.
"Und wie... geht es zwischen euch weiter?"
"Gar nicht!"
Völlig geschockt über die Idee, dass Steve ihr tatsächlich so etwas wie eine Beziehung mit dem Gott des Schabernackes zutraute, ließ sich schaudern.
Der Blonde lächelte mit einem einseitig hochgezogenen Mundwinkel und legte den Kopf schräg, so dass er seine Freundin direkt ansehen konnte.
"Steve, hör auf damit!", knurrte sie, musste aber doch lachen, als ihr Gegenüber nun eine Augenbraue hochzog.
"Ich bin nicht verliebt, Steve Rogers."
"Wenn du das sagst..."
"Hörst du jetzt BITTE damit auf?!"
Er nickte schmunzelnd, kräuselte die Lippen und nickte schließlich bestätigend, als sie ihn aus gespielt drohenden Augen ansah.
"Und... Steve…?"
Sie sah ihm nun wirklich ernst in die Augen und schluckte hart.
"Außer dir weiß das niemand, lass es bitte dabei, ja? Damit meine ich auch Tony."
Er nickte ebenso ernst und schüttelte sie amüsiert in seinem Arm ein wenig hin und her, als sie sich wieder anlehnte.
"Vom Gamastrahlengenie zum Gott, das nenn ich mal eine Messlatte..."  
Sie schlug ihm gegen die harten Bauchmuskeln, was er mit einem gespielten *Uff* kommentierte und nannte ihn liebevoll einen Idioten, bevor sie tief durchatmend das Thema wechselte.
"Und jetzt zu dir. Über was brütet Tony da die ganze Zeit? Er wird von Tag zu Tag genervter, schwärzt seinen Bildschirm, wenn einer das Büro betritt und knurrt wie ein bisswütiger Dackel, sobald man ihn fragt, ob man helfen kann. Das ist echt gruselig."
"Er hat sich da was in den Kopf gesetzt, das ich tatsächlich vor meiner Videoaktion nicht bedacht habe..." Seufzend ließ Steve den Kopf nach hinten fallen, so dass sein Hals sich durchstreckte.
"Und was genau?"
Er drehte den Kopf zu ihr, lehnte ihn auf die Lehne der Bank und zuckte kurz die Schultern.
"Alles, was ich erfahren durfte, war, dass er mich RICHTIG ehelichen will.
Du weißt schon, rechtlich abgesichert und sowas...
Das ist natürlich mit einem offiziell Toten unmöglich."
"Moment... Was?"
Natascha Romanoff richtete sich kerzengerade auf, drehte sich so, dass ihr ganzer Körper sich zu Steve wandte und sah ihn aus großen Augen an.
"Wiederhol das nochmal."
"Das ist mit einem..."
"Den ersten Teil, Rogers...", knurrend, wurden ihre Lippen schmal, als er seine Worte tatsächlich wiederholte.
"Du und Tony... Du hast ihm einen Antrag gemacht?"
"Wieso ich? Nein, das war er... "
Der Unterkiefer der Rothaarigen kippte ungläubig herunter, als sie ihm erneut gegen den Bauch schlug.
"Und das erfahre ich jetzt mal hier so zwischen durch? Rogers, du bist ein Arsch, ehrlich!" Lachend hob er abwehrend die Hand, als sie ihm gegen den Oberarm boxte und schließlich die Arme vor der Brust verschränkte, während er sich aufsetzte.
Mit gespielten zusammengekniffenen Augen funkelte sie ihn an, bevor sie den Kopf schüttelte und schließlich ernst wurde.
"Ok, und was beschäftigt deinen VERLOBTEN da jetzt so?"
Die Art, wie sie das Wort betonte, ließ Steve amüsiert kichern.
"Wie gesagt, er will es richtig machen. Was immer das in Tonys Begriffen auch heißt.
Ich wusste bis vor ein paar Tagen nicht mal, dass es tatsächlich legal ist, als Mann einen Mann zu ehelichen."
"Ehelichen... Sorry, Steve aber das Wort ist so typisch du...", glucksend, lehnte sie sich wieder gegen ihn und grinste breit.
"Und auf die Idee mich zu fragen, ob ich helfen kann, ist Tony natürlich nicht gekommen..."
"Du kennst ihn." Lachend zuckte er mit den Schultern.
"Tony, der personifizierte Stolz, Stark... Schon klar." Sie schmunzelte, leicht.
"Ich lass mir was einfallen, ok?"
"Danke, Nat..."
Sie auf den Scheitel küssend, zog er sie kurz an sich und atmete entspannt aus.
Das Gluckern des Wassers zusammen mit dem hoch am Himmel stehenden Vollmond zauberte eine so besondere Stimmung, dass alles in ihm noch nicht zurückfahren wollte. Sie waren weit und breit allein, keiner nahm sie wahr...
Er konnte kaum beschreiben, wie gut ihm das gerade tat.

Shades Of Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt