Shades Of Love

Kapitel 36

"Steve, du solltest gehen. Ich werde die Wache übernehmen."
Irgendwann gegen Mitternacht hörte er Visions gedämpfte Stimme in seinem Rücken, als er die Augen öffnete.
"Schon ok…", murmelnd, richtete er sich etwas auf und streckte seinen Rücken durch, da seine Sitzposition relativ unbequem geworden war.
"Mister Stark schläft seit zwei Stunden unverändert ruhig.
Im Normalfall bleibt es nach dieser Zeit dann auch so."
"Im Normalfall?"
Plötzlich hellwach, sah Steve die künstliche Lebensform fragend an und ließ Tonys Hand sachte auf das Bett gleiten.
"Was heißt das genau?"
"Ich weiß nicht, ob ich befugt bin dir darüber…"
"Spar dir das, Vision. Wenn es um Tonys Gesundheit geht, erwarte ich von dir, dass du es mir sagst."
"Ich denke, du solltest Mister Stark das selbst fragen, Steve.
Bitte zwing mich nicht, gegen etwas zu verstoßen, dass ich als Vertrauensbeweis empfinde..."
Frustriert nickte der Blonde nur und sah dann wieder zu Tony, dessen Kopf sich gerade zur Seite drehte, als die Kurve seines Blutdruckes anstieg.
"Das steht mir nicht zu, entschuldige. "
Vision nickte leicht und beobachtete, wie Steve erneut die Hand seines Schöpfers ergriff.
Sofort wurde der Gesichtsausdruck auf Tonys Gesicht entspannter und auch sein Blutdruck schien sich wieder zu normalisieren.
"Interessant...", kommentierte Vision und betrachtete die in einander verflochtenen Finger, bevor er Steve direkt ansah.
"Vielleicht sollte ich mich zurückziehen.
Wenn Du etwas benötigst..."
Steve lächelte der künstlichen Lebensform kurz zu und wandte sich wieder dem Schlafenden zu, als Vision die Tür leise schloss.
Vorsichtig kletterte der Blonde seitwärts auf den freien Platz neben Tonys Körper, legte sich die Decke über die Füße und einen Arm um den Schlafenden und schloss die Augen.
Es war seit langem eine Nacht in der beide, ohne wach zu werden, bis zum Morgengrauen durchschliefen.

Als die Sonne ins Zimmer fiel, blinzelte Steve irritiert, nur um im nächsten Moment zu realisieren, wo er sich gerade befand.
Innerlich fluchend wollte er sich gerade aufrichten, um Tony und sich die Peinlichkeit zu ersparen, als eine träge, sanfte Hand ihn zurückhielt.
"Guten Morgen... Zu spät, Natascha war vor zwei Stunden hier und wollte nach mir sehen."
"Shit...", murmelnd, verbarg Steve sein Gesicht im Kissen und schüttelte den Kopf.
"Sorry..."
"Wofür? Du bist neben mir eingeschlafen, völlig bekleidet... Was nebenbei eigentlich das Einzige ist, wofür du dich entschuldigen solltest, Rogers. Aber ansonsten ist doch gar nichts passiert... Leider, möchte ich hinzufügen."
"Tony..." Ergeben aufstöhnend versuchte der Blonde seine Scham ein wenig zu verbergen, bevor er den Kopf hob und sich mühsam aufrichtete.
Die ganze Nacht auf einer Seite zu schlafen, war wohl doch keine so gute Idee...
"Nat ist ein großes Mädchen Steve, die überlebt sowas..."
"Ich weiß, ich wollte nur nicht unbedingt, dass es das Team SO erfährt..."
"Was genau?"
Tonys Unschuldsmine war oscarreif, was Steve auch durch ein Verdrehen seiner Augen wortlos kommentierte.
"Mister Stark, es wird Zeit für Ihre Medikamente, darf ich eintreten?"
"Seit wann fragst du denn?", lachte Tony in Richtung der Tür, durch die Vision gerade glitt.
"Es erschien mir... Angebracht."
"Das sind ja ganz neue Töne", amüsierte sich der Milliardär und warf Steve einen vielsagenden Blick zu, der nur den Kopf schüttelte.
Konnte das Ganze noch peinlicher werden?
"Ich versuch mal ohne Spießrutenlauf in mein Zimmer zu kommen und zieh mich um."
"Rutenlauf klingt spannend…"
"Ach halt doch den Mund…", lachend ging Steve aus dem Zimmer und wurde von drei paar amüsierten Augenpaaren in der Küche empfangen.
"Guten Morgen...", grinste Natascha, während Clint lediglich über seine Kaffeetasse hinweg in seine Richtung sah.
Sam hob eine Augenbraue und lehnte sich an den Küchentresen und schüttelte amüsiert den Kopf.
"Spioniert ihr mir nach?", gab Steve angesäuert zurück, worauf Sam sofort das Grinsen einstellte, offensichtlich war Steve nicht wirklich zu Scherzen aufgelegt.
Er schüttelte den Kopf, deutete mit der Kaffeetasse in Steves Richtung und sagte dann ernst:
"Sagen wir mal so, ich würde nicht sehen, was ich nicht seit einer ganzen Weile weiß..."
Der ehemalige Rettungsspringer spürte, wie Steves Augen in seinen Blick glitten, schienen dort die Bedeutung hinter diesem Satz zu suchen, bevor Steves Blick zu Clint und Natascha glitt, die ebenfalls aufgehört hatten zu grinsen und ihm stattdessen aufmunternd entgegen sahen.
"Was soll ich sagen...", versuchte Steve sich zu rechtfertigen, worauf Natascha nur leise auflachte.
"Wie wäre es mit nichts?
Also mal im Ernst, wir leben im 21. Jahrhundert, haben gegen Aliens und apokalyptische Robots gekämpft und sind befreundet mit einem Gammastrahlenmonster und dem Gott des Donners.
Ich habe wirklich Schlimmeres in meinem Leben gesehen, als zwei meiner besten Freunde, die offensichtlich endlich begriffen haben, was alle um sie herum seit Langem wissen."
Steve spürte, wie seine Wangen sich rot färbten, während er kurz den Kopf senkte.
"Danke, Leute...
Das bedeutet...
Das bedeutet verdammt viel für mich."
Sam grinste bloß und rollte mit den Augen.
"Jetzt werde bloß nicht sentimental, Alter..."
Er ging zu seinem Freund herüber, umarmte ihn herzlich und grinste, als dieser ihm mit einem amüsiert peinlichen Grinsen entgegen sah.
"Ihr seid unmöglich, wisst ihr das?"
"Geh duschen, alter Mann. Scott will endlich sein kleines Experiment starten und wartet ganz ungeduldig."
"Experiment?" Die besorgte Miene des Blonden amüsierte Clint, doch so ganz verbergen konnte er seine eigene Sorge ebenfalls nicht.
"Ist seine Idee... Wenn‘s funktioniert cool, wenn nicht, machen er und Vision sich halt lächerlich.
Ich halte mich da raus."
"Sehr gönnerhaft", kommentierte Natascha gewohnt trocken, während sie ihre Tasse leerte und zurück zu den Bildschirmen im Büro ging.
"Morgen ist der Staatsbesuch, bereitet euch wenigstens etwas darauf vor, Jungs… Ok?"
"Ich passe schon auf deinen hübschen Hintern auf, Nat...", grinste Sam, worauf sie ihm eine unflätige Fingerbewegung über ihre Schulter zu warf, die Clint glucksend kommentierte.

"Mister Stark, ich fühle mich genötigt Ihnen mitzuteilen, dass ich gestern Nacht eine Entdeckung gemacht habe, die ich nicht verstehe..."
Vision entfernte die Infusion des Antibiotikums aus Tonys Zugang und zog vorsichtig die Spritze mit dem Morphium auf.
"Schieß los..."
Unsicher, ob sein Schöpfer die Spritze oder seine Entdeckung meinte, zögerte er kurz und sah ihn an.
"Na sag schon...", forderte Tony ihn auf und so begann die künstliche Lebensform zögerlich von seiner Beobachtung bezüglich des Schlafes seines Schöpfers zu berichten.
"Es wirkte, als würde die Berührung des Captains sie beruhigen...
Effektiver, als es das Sedativum vermocht hätte, das ich, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, vergessen hatte Ihnen zu verabreichen."
Nachdenklich nickte Tony nur, sah zu wie, das Morphium in seine Adern gepumpt wurde und spürte, wie die mittlerweile vertraute Wärme sich von seinem Arm aus in seinem Körper ausbreitete.
"Ich habe eine derartige Wirkung auf Ihren Körper bereits zwei Mal erlebt.
In den Nächten, als Captain Rogers bei Ihnen im Krankenhaus war."
"Zwei Mal?"
Irritiert blinzelte Tony, worauf ihn Vision ebenso überrascht ansah.
"Ja... Einmal kurz nach dem Attentat auf Sie.
Er war nicht davon abzuhalten, Sie zu sehen."
"Obwohl er praktisch eine wandelnde Zielscheibe war?"
"Wenn Sie mir die Bemerkung erlauben, Sir... Ich glaube nicht, dass Captain Rogers sich von so einer Lappalie abhalten lassen würde, wenn es um Sie geht..."
Zustimmend seufzte Tony nur und lehnte sich in die Kissen zurück, als der morphiumbedingte Schwindel die Welt um ihn herum zu drehen begann.