Kapitel 66

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Als Natascha in den Bürobereich zurückkehrte, stützte sie sich auf das Kontrollpult und weinte bitterlich.
Die Anspannung wich aus ihrem Körper, als sie auf das Bild vor sich sah.
Die Großaufnahme der beiden Gräber war einfach zu viel für ihre Nerven.
Sie wusste, dass Steve und Bucky nur zwei Stockwerke unter ihr waren.
Sie wusste, dass sie lebten...
Sie wusste, dass eigentlich alles gut war!
Doch...
"Darf ich dich fragen, was genau dich so aufwühlt?"
Entsetzt fuhr die Assasina herum, als sie Lokis sanfte Stimme hinter sich hörte.
Energisch die Tränen aus ihren Augen wischend, murmelnd, das alles in Ordnung sei, versuchte sie zu lächeln, doch der großgewachsene Gott des Schabernacks schüttelte in einer fast schon sanften Geste den Kopf, trat vor sie und ließ seinen Daumen über die Feuchtigkeit auf ihrer Wange fahren.
Ihr erster Impuls war es zurückzuweichen, doch dann sah sie Lokis mitfühlenden Blick und runzelte überrascht die Stirn.
"Dich so zu sehen ist ein Geschenk...", flüsternd, legte der Schwarzhaarige den Kopf schief.
"Wenn das ein Scherz sein soll...", warnte Natascha heiser und wollte den Kopf schon wegdrehen, als Loki ihr fast schon zärtlich eine Hand an ihre Wange legte und mit dem Daumen über ihre Wangenknochen strich.
"Hab keine Furcht vor mir...", bat er ruhig und für einen Moment glaubte Natascha in seinem Blick tatsächlich so etwas wie Ehrlichkeit sah.
Ihr Instinkt schrie sie an, ihm nicht zu trauen, einfach zu gehen und diesen Gott wegzustoßen, von dem sie wusste, dass er die personifizierte Manipulation war.
Doch da gab es die kleine Stimme in ihrem Hinterkopf, die ihr zuflüsterte, dass man das auch jederzeit über sie selbst sagen konnte.
"Ich kann gut zuhören…", bot er ihr an, suchte ihren Blick, worauf sie nur den Kopf schüttelte.
"Reden ist gerade das Letzte, was ich will..."
Ihre Stimme, ohnehin kaum hörbar, brach, als sie unter Lokis Blick um Fassung rang.
Die grünbraunen Augen vor ihr schienen sich direkt in ihre Seele zu bohren, legten sich wie Balsam auf ihr geschundenes Inneres.
Ein Teil von ihr spürte die Furcht, manipuliert zu werden, die Assasina in ihr verlangte von ihr, sich sofort zusammen zu reißen und weit weg von diesem Mann zu laufen, doch da war dieser kleine, gerade sehr schwache Teil in ihr, dieser weibliche und unglaublich sehnsüchtige Teil, der sich in die Hand lehnte und Lokis Blick mit einem traurigen Lächeln erwiderte, als dieser kaum hörbar flüsterte:
"Was willst du ..."

Das Nächste, was Natascha Romanoff spürte, waren Arme die sie umfingen, überraschend warme und sanfte Lippen, die sie küssten.
Sie spürte, wie sie sich fallen ließ, einfach genoss, wie diese Lippen sie berührten und wie zarte Fingerspitzen ihren Rücken entlang glitten.
Sie vergaß, was um sie herum passierte, gab für ein paar köstliche Sekunden ihre Kontrolle auf und ließ zu, dass dieser kleine, selbstsüchtige Funken in ihrem Inneren genoss, einfach als Frau wahrgenommen zu werden.
In ihrem Kopf drehte sich alles, als Loki den Kuss unterbrach und ihr mit einem koketten hochziehen seiner Augenbraue entgegen sah.
" Das war... Interessant…"
"Verdammt...", entsetzt über ihre eigene Schwäche, wollte sie sich abwenden, doch Lokis Augen hielten sie fest.
Einen kurzen Moment flackerte Angst in ihr auf, doch sein Lächeln irritierte diese Angst, löschte sie schließlich aus, als er seine Hand auf ihre Wange legte und von dort aus über ihren Hals und ihrer Schulter strich.
"Dein Verstand rät dir, mich zu fürchten.
Dein Körper sieht das anders...
Ich verspreche dir, ich werde dir die Entscheidung weder abnehmen, noch einflüstern..."
Erneut suchten seine Augen ihren Blick, warteten einfach ab, bis die beiden Stimmen in ihrem Inneren offensichtlich aufgehört hatten zu streiten und lächelte, als er in ihrem Blick die Antwort fand.
Ein letzter Gedanke, dass sie das hier morgen bereuen würde, schoss ihr noch durch den Kopf.
Dann ließ sie zu, dass die warmen Arme sie erneut umarmten...

Tony und Shuri gingen in den Flur, in dem Steve und Bucky sich zurückgezogen hatten.
Die beiden Supersoldaten sahen ihnen entgegen, traten schweigend auf sie zu und zogen ihren jeweiligen Partner stumm in die Arme.
Steve und Bucky wussten, die Trauer war ebenso echt, wie die Erleichterung darüber, dass sie noch lebten.
Bucky umarmte seinen besten Freund kurz, lehnte seine Stirn gegen seine und lächelte als dieser ihn losließ und mit einem Lächeln an Shuri übergab, die ihren Verlobten eng an sich zog.
Er sah ihnen nach, bis sie im Aufzug verschwanden und drehte sich dann zu Tony, der ihn aus feuchten Augen stumm betrachtete.
Zittrige Finger fuhren über Steves Wange, streichelten dort über den Bart bis zu den Lippen, die sich in einen zarten Kuss kräuselten.
Ganz langsam beugte Tony sich vor, ließ seine zweite Hand über Steves Antlitz wandern, bevor er sich vorbeugte und ihn in einen leidenschaftlichen Kuss zog.
Alles in ihm musste sich davon überzeugen, dass Steve noch da war, dass er nicht in diesem Grab im Garten lag.
Er musste die Wärme spüren, die von diesem Körper ausging, sich versichern, dass dieses Herz vor ihm noch schlug.
Steve zog Tony einfach an sich, hielt ihn fest und wisperte immer wieder  Zärtlichkeiten in sein Ohr, bis diesem ein warmer Schauer über den Körper lief.
Das schwarze Sakko fiel achtlos zu Boden, während Steve ihm das weiße Hemd aus der Hose zog und langsam jeden einzelnen Knopf öffnete.
Ganz sanft fuhr er über das Shirt, das Tony darunter trug, glitt über den weichen Stoff und hielt an Tonys Herz inne, als dieser zu ihm hochsah.
Das Hemd fiel neben das Sakko, während er das Shirt aus der Hose zog, den Gürtel öffnete und das warme Fleisch darunter mit seinen Fingerspitzen streichelte.
"Steve..."
"Schsch..." Ein Finger legte sich auf Tonys Lippen, dann wieder Lippen…
Lippen, die ihm das Denken nahmen, die ihm versicherten, dass er hier war, dass er immer hier sein würde, wenn es nach Steve ging.
Lippen, die Tonys Körper liebevoll streichelten, als er ihn auf das große Ecksofa hinter ihnen platzierte.
Lippen, die sanfte Zärtlichkeiten immer und immer wieder wiederholten, Tonys Körper preisten und ihm immer wieder versicherten, dass er lebte.
Lippen, die Tonys Stöhnen schluckten als Steve seine Lust stillte, und schließlich schwiegen, als sie eng umschlungen in der Dunkelheit lagen, die Skyline New Yorks zu ihren Füßen.

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