Kapitel 67

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"Ich denke, ich sollte jetzt besser gehen, Liebes..."
Lokis Lächeln wurde traurig, als die Sonne in Nataschas Zimmer fiel.
Ihr innerer Kampf war nach außen hin kaum sichtbar, die Fassade der Assasina, das antrainierte Ich der Topspionin, hatte die Oberhand gewonnen, konnte Loki aber keine Sekunde lang täuschen.
Er hatte die Nacht, sehr zu seiner eigenen Überraschung, extrem genossen.
Das was eigentlich als eine Art Spiel von ihm geplant gewesen war, hatte sich schnell in etwas gänzlich anderes entwickelt.
Menschen waren für ihn immer eine wesentlich niedrigere Lebensform gewesen.
Ein Spielzeug, etwas fürs Amusement...
Doch die schlanke Rothaarige vor ihm, sie löste etwas in ihm aus, was er seit Jahrhunderten nicht gespürt hatte.
Er hatte nicht den Wunsch, sie sich gefügig zu machen oder mit ihr zu spielen, im Gegenteil!
Jetzt, gerade in diesem Moment, hatte er tatsächlich nur einen Wunsch, ihr Lächeln noch einmal zu sehen.
Das echte Lächeln, das er vor ein paar Stunden in ihrem Gesicht gesehen hatte...
Das Strahlen in ihren Augen, als sie ihren Höhepunkt unter seinen Händen erreicht hatte.
Der Moment, wo sie all ihre Kontrolle verloren hatte.
Selten hatte er etwas so Kostbares erlebt.
Selten war etwas so flüchtig...

"Wir... Das war eine einmalige Sache", hörte er sie sagen.
Ihre Stimme pure Kontrolle, nichts war mehr übrig von dem Strahlen, das er jetzt schon vermisste.
Mit einer fließenden Bewegung erhob er sich aus dem weichen Bett, neigte respektvoll den Kopf und gestattete sich ein leichtes Lächeln, als sie sich zu ihm umdrehte.
"Ich werde deinen Wunsch respektieren, Liebes."
*Jeden deiner Wünsche* Dachte er über sich selbst überrascht und trat einen Schritt zurück, als sie sich zur Tür wandte.
Einen Moment lang flackerte Unsicherheit in ihren Augen auf, und als er die beiden männlichen Stimmen draußen vor ihrer Tür vernahm, ahnte er, was diese Unsicherheit auslöste.
Es waren dieser Bogenschütze und der Vogelmann.
"Ich werde einfach verschwinden...", bot er ihr an und spürte einen kleinen Funken Freude in sich, als sie ihm dankbar zunickte.
"Loki..."
Ihre Augen richtete sich erneut auf ihn, senkten sich kurz, dann wisperte sie kaum vernehmbar:
"Danke..."
Danke?
Irritiert raste sein Verstand um dieses Wort.
Was sollte er darauf antworten?
Was war eine Antwort, die auf so ein Wort angemessen war?
Verwirrt beschloss er einfach zu lächeln, das war meistens die beste Erwiderung, das hatte  bei Frigga stets funktioniert.
Offensichtlich war es die Antwort, die sie erwartet hatte, denn sie lächelte ganz kurz, wandte sich zur Tür und atmete tief durch, als er sich für menschliche Augen unsichtbar machte, bis die Tür sich vor ihm schloss.

"Guten Morgen." Clint grüßte Natascha, gab ihr seinen gerade eingegossenen Kaffee und wartete, bis ihre Augen ihn auch wirklich fokussierten.
"Alles ok?"
Er sah nur, wie sie kurz zusammenzuckte, dann aber nickte und murmelte, dass es gestern ein langer Tag gewesen sei.
Die beiden Männer nickten zustimmend und konzentrierten sich auf das Frühstück, während Natascha immer wieder einen Blick zu ihrer Tür warf, bis sie erleichtert feststellte, dass Loki offensichtlich Wort gehalten hatte.
Für einen kurzen Moment gestattete sie sich zu entspannen.
Ihr Körper fühlte sich seit einer gefühlten Ewigkeit unglaublich leicht an.
Kein Muskel, der schmerzte, keine Gedanken, die immer und immer wieder kreisten.
Und ohne, dass sie es wirklich wollte, glitt ein winziges Lächeln über ihre Lippen.
Glück hatte offenbar wirklich einen seltsamen Humor...

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