Kapitel 57

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"Was genau ist dein Problem, Clint?"
Als Natascha im Büro verschwunden war, fasste sich der Wissenschaftler ein Herz und hielt den Bogenschützen auf, als dieser ihn mit einem verächtlichen Blick stehen lassen wollte.
"Ich hab kein Problem..."
"Doch hast du, ganz offensichtlich. Sobald Nat mich anspricht oder mich berührt, könnte man sagen deine Augen würden grün..."
Das sarkastische Schnauben, als Bruce auf den Hulk anspielte, war die einzige Antwort, die der Wissenschaftler von seinem Gegenüber erhielt.
Clint Barton wischte Bruce Hand mit einer ruckartigen Bewegung von seiner Schulter und wandte sich in die Richtung der beiden zerstörten Etagen, die er in den letzten Tagen oft als Übungsplatz benutzt hatte, um seinen Frust abzubauen.
Er fühlte sich wie im Käfig.
Telefonate mit seiner Frau und seinen Kindern waren nur noch ein Pflaster auf einer ständig blutenden Wunde.
Er vermisste Laura schrecklich.
Und die Nähe zu Natascha milderte die Zerrissenheit, die ihn seit Jahren quälte, keinen Millimeter.
Zu sehen, wie sie sich Bruce zuwandte, wie sie offen mit ihm flirtete...
Es war für Clint kaum zu ertragen, auch wenn er ihr alles Glück der Welt wünschte und ihr von Herzen eine wahre Liebe gönnte...
Er liebte Natascha seit Jahren und wusste ebenso lange, das diese Liebe nie eine Erfüllung finden konnte.
Egal, wie sehr er sich das auch wünschte...  

Als Steve an Tonys Werkstatt ankam, stand dieser an einem seiner Anzüge und schraubte an den Beinen herum.
Er sah, dass er seine Konzentration auf die kleinsten Bewegungen zwang, nur um nicht zu denken.
Steve kannte das Verhalten nur zu gut.
Er hörte, wie Tony Friday eine Anweisung gab und im nächsten Moment dröhnte überlaut Black Sabbaths Song Iron Man aus den Lausprecherboxen, brachte die Scheiben der Werkstatt zum Vibrieren.
Aus einem Winkel, den Tony nicht direkt einsehen konnte, schaute Steve zu, wie der Dunkelhaarige mitgröhlend ab und an auf dem Anzug mit einem Schraubendreher herum trommelte, als sei es ein Schlagzeug.
Ein Anblick, der dem Blonden ein leichtes Lächeln auf die Lippen spielte, auch wenn er ahnte, dass Tony gerade seinen ganzen Frust auf seine eigene Art verarbeitete.  
Der Liedtext ließ Steve nicht los.
Er hörte die Worte, die Tony und auch ihn selbst so treffend beschrieben, spürte wie Tony praktisch mit sich und auch mit ihm einen Art Monolog hielt, ohne auf eine wirkliche Antwort zu warten.
Den Refrain so laut aus sich heraus schreiend, dass Steve ihn sogar über die Musik hörte, schlug Tony immer und immer wieder auf die Werkbank ein, warf das Ersatzteil, was darauf gelegen hatte, quer durch den Raum und zuckte zusammen, als er dem Flug folgte und Steve an die Wand gelehnt draußen stehen sah.
Ihre Blicke trafen sich und für einen langen Moment sahen sich beide durch das Glas einfach nur an.
Tony spürte, wie Steves Blick sanfter wurde, wie er mit seinen Augen um Vergebung und Verständnis bat, da seine Worte es nicht konnten.
Er stieß sich von der Wand ab, legte seine Hand auf den Türöffner und wurde von Tony augenblicklich freigegeben.
Das Musikstück wechselte und in dem Moment, wo die Tür sich hinter Steve schloss konnte er schwören, dass Friday sich einen perfiden Scherz mit ihnen erlaubte, als plötzlich Nickelbacks "Trying not to love you" aus den Lautsprechern drang.

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