Kapitel 56

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Ein paar Stunden später war Steve soweit wieder hergestellt, das er das improvisierte Krankenzimmer verlassen konnte und zurück in den Gemeinschaftsbereich ging.
"Na, da schau an, was die Katze angeschleppt hat...", lachte Clint und begrüßte seinen Freund mit einer kurzen Umarmung.
"Gut, dich wieder auf den Beinen zu wissen", grinste Natascha und warf Bruce einen kurzen Blick zu, der den Blonden mit einer Mischung aus Entschuldigung und Verlegenheit ansah.
"War nicht deine Schuld", versicherte Steve schnell und bemerkte, dass der Blick des Wissenschaftlers auf Tony glitt, der nur kurz die Augen zukniff.
Irritiert sah er zwischen den beiden Freunden hin und her und seufzte kopfschüttelnd. "Tony, Bruce hat lediglich getan, worum ich ihn gebeten habe..."
"Hmhm...", brummte der Milliardär in gespielter Neutralität und griff an Natascha vorbei in den Kühlschrank, um sich eine Flasche Wasser zu holen.
"Er sieht das etwas anders...", kommentierte Bruce ruhig und warf Steve einen beruhigenden Blick zu.
Der Blonde spürte, dass Bruce einfach versuchte, die Wogen zu glätten, was er selbst nicht wirklich verstand.
Warum ließ Tony seine Wut an Bruce aus und nicht an ihm?
"Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters, hab ich vor Kurzem gelernt", knurrend, verlies der Milliardär die Küche und lief ohne weiteres Wort in Richtung des Aufzuges. Steve sah noch, dass er den Knopf für den Kellerbereich drückte, bevor sich die Tür schloss .
"Da ist aber jemand mächtig angepisst...", kommentierte Clint nur, nippte an seiner Cola, während Sam seinen besten Freund mit geschürzten Lippen ansah.
Er suchte Steves Blick, legte den Kopf schief und lehnte sich an die Küchenzeile.
"Spucks schon aus..."
"Denk dir meinen Teil zu dieser Sache, Steve."
Der Unterton in Sams Stimme zeigte deutlich, das er eher auf Tonys Seite war.
"Ich versteh es nicht...", gestand der Blonde langsam und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ross und seine Leute wurden enttarnt, Bucky ist wieder ok. Wenn die UN endlich einsieht, dass das Sukovia-Abkommen in seiner jetzigen Form nicht anwendbar ist, sind wir alle wieder frei. Also, was ist euer Problem?"
"Wenn du das nicht verstehst, Steve, frage ich mich wirklich, ob du noch der Mann bist, den ich kannte.
Wo ist der Captain Amerika, den ich kenne und als meinen Freund bezeichne?"
"Captain Amerika..." Steve schluckte hart, als er den Namen aussprach.
Er ertrug die Verehrung dieses Namens in Sams Stimme kaum noch, spürte die Last, die mit dieser Bezeichnung wohl immer mit seinen Schultern verbunden sein würde, ob er wollte oder nicht.
"Ja… Wo ist der Cap hin, der sein Team über alles gestellt hat?", forderte Sam nun etwas deutlicher und zeigte nach außen keine Regung, während er innerlich zutiefst erschrak, als Steve mit rauer Stimme antwortete und sich dann in Richtung des Ganges abwandte : "Der starb in Sibirien..."  

"Was zum..." Sam sah Steve nach, der mit fast schon steifer Körperhaltung den Gang entlang zum Treppenhaus ging.
Clint zog als einzigen Kommentar seine Augenbraue hoch und warf Bruce und Nat einen vielsagenden Blick zu .
"Gab wohl Stress im Paradies...", murmelte Natascha.
"Kannst du es Tony verübeln? Scheiße man, Steve hat sich jetzt schon das zweite Mal fast umgebracht für Bucky."  
"Sam... Er hat sich für jeden von uns schon mal in die Schusslinie geworfen...", versuchte Clint das Thema etwas zu entschärften, doch der ehemalige Rettungsspringer schnaubte lediglich zynisch.
"Und das macht es jetzt besser? Stell dir einfach mal vor, Laura sagt dir nicht, was sie vor hat, bringt sich in Lebensgefahr und geht dabei fast drauf..."
Clints sichtbares Schlucken war Sam Antwort genug.
"Mit dem Unterschied, dass Laura kein Supersoldatenserums in sich trägt...", versuchte Natascha das Ganze nun ihrerseits sanft zu beruhigen, spürte jedoch selbst, wie sehr die Sorge um Steve sie mitgenommen hatte.
Sie konnte ihn auf einer Seite verstehen, er war immer auf sich alleine gestellt gewesen und hatte eigene Entscheidungen treffen müssen.
Er erwartete nicht, dass man sich tatsächlich um ihn sorgte, sorgte sich aber im Gegensatz dazu immer um jeden Anderen.
Es war das, was Steve ausmachte...
Sein großes Herz,in dem für jeden Menschen Platz war... Außer für sich selbst.
Sie ahnte, wie sehr der Verrat der Regierung an ihm nagte, was es für ihn bedeutete, dass alles, wofür er immer gekämpft und gestanden hatte, nun in tausend Teile zersprungen war.
Sein ganzes Leben, alles wofür er gekämpft hatte, stellte er nun in Frage.
Und etwas in ihr ahnte, das er sich selbst damit ebenfalls in Frage stelle.
Ein Gefühl das sie nur zu gut kannte...
"Lasst ihm Zeit", bat sie daher einfach nur ruhig und drückte sich von der Arbeitsplatte ab, strich dabei sanft Bruce Oberarm und lächelte leicht, als er sie im Vorbeigehen ansah, ohne dabei zu bemerken, wie Clints Kiefer bei Anblick dieser Berührung sich zusammen pressten.

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