YARA| Breitbeinig sitze ich hinten in der Mitte des Autos. Meine Arme breite ich aus und stelle die anschließend an den Kopflehnen rechts und links von mir ab. Vorne am Steuer sitzt Nael, der mich durch den Rückspiegel beobachtet. Schmunzelnd zwinkere ich ihm zu, weswegen sich eine Augenbraue von ihm hebt. Grinsend lege ich meinen Kopf in den Nacken. Ich habe noch nicht mal eine Ahnung, wohin wir fahren— geschweige was er mit mir vorhat. Wie dumm von mir. Was, wenn er jetzt ganz weit weg fährt und mich dann absetzt? Was, wenn er sich alles anders überlegt hat und mich für ihn arbeiten lässt? Oder was wenn—
Wenn er mich umbringen möchte?
Was, wenn er jetzt in ein Wald fährt und mich erschießt? Heimlich schaue ich zu seinem Hosenbund. Da ist keine Pistole dabei. Muss nichts heißen. Eine Waffe könnte in seinem Handschuhfach sein. Nicht, dass im Wald Noah auf ihn wartet? Nicht, dass alles schon geplant ist? Mir wird warm. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich habe nur Angst zu wissen, dass ich gleich sterben könnte. Ich schaue aus dem Fenster. Leise lache ich auf. Wir sind tatsächlich im Wald.
„Willst du mir verraten, wohin wir fahren?", frage ich ihn. Er ignoriert mich. Sehe ihm dabei zu, wie er mit seinen Fingerspitzen mit dem Lenkrad spielt. Langsam werde ich sauer. Jetzt habe ich wirklich keine Lust mehr.
„Wohin.", presse ich mit Druck raus. Seine Augen sind auf der Straße gerichtet. So, als wäre ich gar nicht hier. In mir blitzt es auf. Ich puste lautstark Luft aus, um nicht direkt einen Nervenzusammenbruch zu kriegen. Leise schnalle ich mich ab. Er bemerkt es sofort. Seine durchdringlichen Augen sind direkt auf mich gerichtet. Durch den Rückspiegel sehe ich, wie er auch langsam unwohl sich auf dem Fahrersitz hin und her bewegt. Seine Hände umgreifen das Lenkrad fester. Unbewusst legt sich ein Lächeln auf meine Lippen. Er hat Angst, was von mir jetzt kommt. Er spürt, dass ich gleich etwas mache.
„Wenn du schon mich umbringen willst—", schnell springe ich auf und lege ich meinen Arm um seinen Hals, drücke seinen Körper gegen den Fahrersitz. Seine Augen weiten sich, er schaut mir erschrocken durch den Rückspiegel in die Augen.
„—solltest du dafür sorgen, dass ich deinen Plan nicht durchschaue.", ich presse meine Lippen fest aufeinander. Leise röchelt er, greift mit einer Hand nach meinem Arm. Diese haue ich ihm weg. Mit der anderen Hand steuert er den Wagen, was schwieriger nach einigen Sekunden wird. Wir geraten ins Schleudern. Wenn er schon versucht mich umzubringen, reiße ich ihn eben mit. Ich werde nicht alleine sterben—
Er macht eine Vollbremsung. Reifen quietschen. Mit voller Wucht knalle ich nach vorne. Noch bevor ich mich aufrappeln konnte, wurde ich am Nacken gepackt und nach hinten ins Auto geschmissen. Ich schaue rauf. Nael ist vom Fahrersitz rausgeklettert. Ich greife nach der Türklinke. Kindersicherung. Immer wieder versuche ich die Tür aufzuschlagen, doch es geht nicht. Im nächsten Moment spüre ich, wie ich fest gegen die andere Türseite knalle. Mein Kopf dröhnt. Mein Rücken zieht. Mein Becken schmerzt. Und meine Augen tränen vor Schmerz, doch diese schlucke ich tapfer runter. Ich will nicht, dass er meine Tränen sieht. Mit verzogenem Gesicht öffne ich meine Augen.
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She Loved Him Too Early
RomanceSie verliert zwei wichtige Menschen in ihrem Leben. Er verliert die Liebe seines Lebens. Sechs Jahre glaubte Nael, dass seine Geliebte tot sei. Sechs verdammte Jahre. Doch aus Zufall heiratet sie. Yara, für ihre mutige Art bekannt. Nael, dafür bek...