YARA| ZUVOR | Ich betrete die Bar. Die LED Beleuchtung tut in den Augen weh, dennoch erkenne ich sofort Yassin an der Theke sitzen. Sein breiter Rücken ist zu mir gewandt, weswegen ich kurz überlege ihn zu erschrecken. Schnell wende ich den Gedanken ab, denn er schaut ruckartig in meine Richtung, so als hätte er mich gespürt. Ein Mundwinkel zickt leicht in die Höhe, als er mich sieht. Mit monotonem Gesicht gehe ich auf ihn zu. Seine dunklen Augen funkeln, als er mich vom Nahen betrachten kann.
„Hallo.", sagt er mit leichter Stimme und zieht mich zu sich, damit er mich zur Begrüßung auf die Wange küssen kann. Ich stoße ihn sofort mit meinen Händen ab, so, als wäre es schon ein Reflex. Perplex lässt er seinen Griff von meiner Taille fallen.
„Können wir uns nicht wie immer begrüßen?", fragt er jetzt mit zusammengezogenen Augenbrauen und deutlich fester Stimme.
„Nein, das geht nicht mehr.", gebe ich grinsend von mir und und zucke leicht mit meiner Nase. Ich finde es lustig. Lustig, dass er denkt er könnte mich noch so berühren, wie damals.
„Wieso?", fragt er. Dabei erhellt sein Gesicht vor Freude. „Möchte das dein Mann Nael nicht mehr?", definitiv Provokation.
„Ich weiß nicht.", sage ich schulterzuckend. „Möchtest du, dass Halima Nael umarmt?", frage ich mit einem Lächeln im Gesicht. Er hält inne und starrt mich für einen Moment an. Ich kann förmlich erkennen, wie dunkel seine Augen werden, nachdem ich das ausgesprochen habe. Ihm gefällt es nicht. Ich weiß nicht wieso, aber es gefällt mir, ihn wütend zu sehen.
„Meinst du, so weit würde sie gehen?", sein Unterton ist wissend. Bevor ich meinen Mund öffne, setze ich mich hin.
„Meinst du etwa nicht?", frage ich ihn schadenfreudig. Ich kann mir mein teuflisches Aufgrinsen nicht unterdrücken, so leid es mir tut. Der Barkeeper stellt mir ein Glas hin, mit dunkler Flüssigkeit. Ich lehne das Getränk ab.
„Trinkst du immer noch nicht?", fragt er und lenkt somit vom Thema ab. Ich verdrehe meine Augen.
„Yassin.", sage ich und drehe mich auf meinen Drehstuhl in seine Richtung. „Du weißt warum ich hier bin.", das letzte hört sich an wie eine Frage.
„Ich will es aus deinem Mund hören.", seine muskulöse Hand legt sich um sein Glas. Er führt sich sein Getränk zu seinem Mund, nimmt einen Schluck und schaut mir dabei mit einem denkenden Blick tief in die Augen.
So tief hat er mich schon lange nicht mehr angeschaut.
„Was willst du genau hören? Dass ich Hilfe brauche?", fange ich an und zeichne Kreise auf dem beschlagenen Glas vor mir. „Oder, dass Halima dich hintergeht?", füge ich ruhig hinzu und schwinge meinen Kopf zurück zu ihm. In seinem Gesicht tut sich nichts. Er schaut sich nur sein Glas an, was er fest umschließt. Seine Fingerknöchel werden schon weiß, so fest wie er drückt. Mit einem Male trinkt er alles aus und knallt sein Glas auf die Theke. Aber in mir regt sich nichts. Irgendwie geschieht es ihm recht. Er hat mit seiner Entscheidung mir genau das selbe Gefühl gegeben. Ich empfinde gar nichts— nicht mal Mitleid. Dennoch muss ich wenigstens so tun— sonst hilft er mir nicht. Vorsichtig lege ich meine Hand auf seine Schulter. Ihm will ihm das Gefühl geben, als sei ich für ihn da. Mit meiner Rückseite der Hand streiche ich ihm langsam die Wange runter und halte mit meinem Daumen sein Kinn. Leicht hebe ich sein Gesicht, damit ich sehen kann, ob er weint—
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She Loved Him Too Early
RomanceSie verliert zwei wichtige Menschen in ihrem Leben. Er verliert die Liebe seines Lebens. Sechs Jahre glaubte Nael, dass seine Geliebte tot sei. Sechs verdammte Jahre. Doch aus Zufall heiratet sie. Yara, für ihre mutige Art bekannt. Nael, dafür bek...