Kapitel 20

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Noch immer steht Kacchan vor der Villa und jagt Explosionen in die Luft. Ich will ihm seinen Freiraum lassen, aber schon seit einer Stunde ist er da draußen. Ich nehme meinen Mut zusammen und gehe aus dem Haus. Als ich bei ihm ankomme beginne ich mit genügend Sicherheitsabstand ihm zuzureden.

„Kacchan, es wird spät. Komm endlich rein."

„Wieso? Denkst du ich bin zu schwach, um zu trainieren?"

„Das habe ich nicht gesagt. Ich meinte nur, dass du eine Pause machen sollst, um dich zu erholen."

„Ich muss mich nicht erholen. Das musste ich noch nie und werde ich nie müssen. Alle denken ich sei zu schwach, um zu arbeiten. Sie denken ich sei zu schwach, um andere zu retten, um meinen Job zu machen. Sogar du denkst das, sonst wärst du jetzt nicht hier. Du, mit deinem vorgespielten Mitleid, bist der Grund für all das hier. Wegen dir bin ich im Krankenhaus gelandet, wegen dir kann ich meinen Job nicht machen, wegen dir steht alles auf dem Kopf. Alles ist deine Schuld. Das war es schon immer. All die Schläge hätten nicht sein müssen, wenn wir uns nie kennen gelernt hätten."

Seine Schreie werden leiser und ich gehe langsam auf ihn zu. Als ich vor ihm stehe fällt er mir um den Hals.

„Das ist deine Schuld. Einfach alles ist nur deine Schuld..."

Langsam beginne ich zu verarbeiten, was er gerade gesagt hat. Er wurde geschlagen? Von wem? Wieso ist es meine Schuld?

„Kacchan?"

Ich bekomme nur ein müdes Brummen als Antwort.

„Lass uns rein gehen. Hier draußen ist es kalt."

Langsam setzten wir uns in Bewegung. Erst jetzt fällt mir auf wie weit wir eigentlich vom Gebäude entfernt sind. Kacchan sieht erschöpft aus und schwankt leicht. Aber würde ich ihn stützen, würde er wieder wütend werden. Vorsichtig strecke ich meinen Arm aus und greife nach seiner Hand. Wie weich und zart seine Haut ist... Er sieht mich an. Ist er wütend? Ich hätte das nicht tuen sollen!

„Es ist fake, aber ich genieße es trotzdem."

Was meint er? Was ist fake? Ich habe so viele Fragen, die kreuz und quer durch meinen Kopf schwirren. Aber sein Lächeln sagt mir, dass in diesem Moment nicht wichtig ist alles zu wissen. Was auch immer er mir nicht sagen will, ich werde ihn beschützen. Ich will, dass es ihm gut geht. Ich darf nicht zulassen, dass irgendjemand ihm weh tut. Das könnte ich mir nie verzeihen.

Als wir wieder drinnen sind legt Kacchan sich auf die Couch, während ich in die Küche gehe und uns Essen hole. Als ich zurück komme laufen wieder die Nachrichten. Hecktisch schalte ich um, damit Kacchan nicht wieder ausrastet, wie vorhin.

„Du sollst das nicht gucke, die erzählen nur schwach Sinn. Die wissen nicht das geringste über dich. Hör bloß nicht auf die."

„Und wieso nicht? Sie haben Recht, ich bin außer Gefecht gesetzt. Ich bin schwach."

„Du bist nicht schwach. Hör auf sowas zu sagen. Du bist der mutigste, tapferste und selbstloseste Mensch, den ich kenne. Du bist nicht nur stark und hast ein außergewöhnliches Quirk, sondern bist auch unfassbar klug."

Einen Moment lang sehen wir uns nur schweigend an.

„Du bist Kacchan. Du kannst einfach alles. Obwohl du hier bist, bist du immer noch der Superheld Nummer eins. Sobald du wieder arbeitest, werden alle vergessen, dass du weg warst."

Glücklich lächle ich ihn an und er lächelt zurück.

„Was hältst du davon, wenn ich mit der Presse rede und ein paar Interviews gebe? Ich kläre ein paar Fragen und kann den Menschen Sicherheit geben. Dann hören die vielleicht auf irgendwelche Theorien über mich zu verbreiten.

„Das klingt gut, solange du mich aus der Sache raus hältst."

„Das mache ich Deku, versprochen."

Und schon wieder verzaubert mich sein süßes Lächeln. Mein Blick wandert von seinen wunderschönen Augen zu seinen weichen Lippen. Der Kuss in der Gasse verfolgt mich noch immer. Diese Hitze und Sehnsucht lassen mich nicht mehr los. Ich will es fühlen, noch einmal, noch ein letztes Mal. Vorsichtig lehne ich mich nach vorne. Seine tiefroten Augen ziehen mich in seinen Bann. Ich lehne mich nach vorne und endlich berühren sich unsere Lippen. Sie sind genau so weich, wie ich sie in Erinnerung hatte. Ich setzte mein verstärkendes Quirk ein, um den Moment noch besser zu genießen. Seine Lippen fühlen sich noch weicher an und beginnen leicht zu pulsieren. Meine rechte Hand lege ich an sein Gesicht und mit der Linken fahre ich langsam über seinen Rücken. Ich spüre sein Blut durch seinen Körper strömen. Sein Puls ist erhöht. Aber nicht nur das spüre ich. Da ist dieses Kribbeln in meinem Bauch und ich fühle mich, als sei ich in Trance. Mein ganzer Körper sagt: „Ich will mehr!". Ich kann mich kaum zurückhalten und lecke mit meiner Zunge über seine Lippen. Er gewährt mir Einlass. Verlangend umspiele ich seine Zunge und entfessle einen Zungenkampf. Diesen gewinne ich und drücke ihn in die Couch. Für einen kurzen Moment lasse ich von ihm ab und wir sehen uns an.

Gerade eben war mein Gehirn noch wie leergefegt, aber jetzt türmen sich meine Gedanken. In meinem Leben habe ich schon viele Menschen geküsst, aber bei ihm fühlt es sich anders an. Bin ich vielleicht doch verliebt? Nein, warum sollte ich? Er ist nur ein Freund. Aber ich will ihn weiter Küssen. Diese Sehnsucht bilde ich mir bestimmt nur ein. Er ist in mich verliebt und dieses Gefühl ist nur mein Mitleid für ihn. Ich war noch nie richtig verliebt. Wieso sollte sich das auf einmal ändern? Früher dachte ich schon mal ich wäre in ihn verliebt, aber das ist so lange her...

Ein weiterer Kuss reißt mich aus meinen Gedanken. Kacchan überrumpelt mich und ich liege jetzt in der Couch. Sofort erwidere ich, aber anstatt die Oberhand zurückzugewinnen genieße ich seine heißen Lippen. Ich will, dass dieser Moment niemals endet. Ich will, dass er mich weiter küsst. Er drückt meine Hände neben meinen Kopf. Ich verschränke unsere Finger und vertiefe den Kuss. Nach einer viel zu kurzen Zeit lässt Kacchan schon wieder von mir ab, um Luft zu holen. Ich tue es ihm gleich und setze mich wieder aufrecht hin.

„Wow. Hast du seit dem letzten Mal geübt?"

„Jetzt weiß ich, was ich will. Deku, ich würde dir nicht raten mit mir zu spielen."

„Hast du was gegen ein wenig Spaß?"

„Nein, aber vergiss nicht wer ich bin und wozu ich fähig bin."

„Mach dir um mich mal keine Sorgen."

Nach all der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt