Kapitel 6

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Sie sah auf als Liam ihr mit den Worten „Hier.", ein Glas entgegenhielt und nahm es mit zitternden Fingern bevor sie, deren Inhalt in einen Rutsch ihre Kehle hinunterschüttete.
Sie fluchte auf als ihr der Alkohol die Tränen in die Augen trieb. Sie keuchte auf und Liam grinste schief, bevor er ihr das Glas abnahm und sich neben sie auf das dunkelrote Sofa setzte.
„Du musst nicht bleiben.", sprach sie und sah dabei zu wie er aus einem braunen Fläschchen eine gelbe Flüssigkeit auf Watte tropfte.
„Halt die Klappe, Greengrass." Sie zuckte zusammen als er die Watte auf ihren Hals drückte und seine Mimik wurde besorgt. „Dieser Kerl ist bescheuert."

Sie hatte sich bereits im Spiegel angesehen. Sie wurde bereits blau.
„Was hatte er vor?", fragte Liam und musterte sie dabei aufmerksam. „Dich erwürgen?"
„Ich glaube, er wollte seinen Aussagen Ausdruck verleihen.", erwiderte sie ruhig und versuchte nicht mehr daran zu denken.
Er hatte ihr Angst gemacht und hatte eindeutig sich nicht unter Kontrolle.
„Welcher Aussage? Was ist sein verdammtes Problem?"
Wenn das Astoria wüsste, könnte sie das Problem angehen.
„Er hat das Gefühl, dass ich mich in seine Familie dränge."
Was schwachsinnig war. Liam schnaubte.
„Wieso? Wird er gezwungen das er sich mit dir abgibt? Gibt es ein Ehevertrag eurer beiden Väter oder warum greift er dich körperlich an?

Sie spürte wieder diese Scham in sich aufsteigen als er sie berührt hatte und gefragt hatte, ob nur Liam das durfte. Wie kam er nur auf diesen Gedanken? Sie schüttelte den Gedanken und Liam fluchte auf, während er Astorias Hals weiterhin mit der Tinktur bearbeitete.
„Ich werde den Kerl umbringen. Ich schwör's."
Sie seufzte.
„Liam, bitte."
„Was? Du willst ihn doch nicht damit durchkommen lassen, oder? Du musst das Anzeigen."
„Ich werde nichts dergleichen tun.", antwortete sie und schob seine Hände weg.
„Astoria, der Kerl hat dich angegriffen. Schau dich doch mal an.", schimpfte Liam. „Du kannst doch das nicht Kommentarlos hinnehmen."

„Ich denke, Draco Malfoy hat genug Probleme mit sich selbst.", erwiderte sie und Liam schien noch wütender darüber zu werden.
„Und das rechtfertigt es, dich zu würgen, ja?"
„Es ist ja nichts passiert.", sagte Astoria lauter. „Ich lebe noch."
„Ja, aber nur weil ihr gestört worden seid. Wer weiß was dieses Arschloch noch gemacht hätte, wenn Zabini nicht nach ihm gesucht hätte."
Denn das hatte Liam ihr erzählt. Das Blaise Zabini nach seinem besten Freund Ausschau gehalten hatte.
„Liam, ich werde ihn nicht anzeigen."

Er schnaubte und stand auf. Sie behielt ihn im Auge.
„Du bist wirklich nicht zu fassen."
„Was? Glaubst du, eine Anzeige macht es besser?"
„Du machst das wegen den Malfoys."
„Liam."
„Du schuldest diesen Leuten gar nichts.", unterbrach er sie. „Ist dir das klar?"
„Lucius Malfoy hat mich aufgenommen. Er hat sich um mich gekümmert als mein Vater starb."
Er war für sie dagewesen. Er und seine Frau.
„Er hat dich nach Frankreich in ein Internat geschickt."
„Das sehr teuer war. Im Übrigen.", fügte sie hinzu. „Du weißt genau, dass das Vermögen meines Vaters für mich unerreichbar war bis ich volljährig geworden bin. Er hat alles bezahlt, und zwar ohne mit der Wimper zu zucken."

„Merlin hörst du dir eigentlich zu?", fragte er hitzig gegen und setzte sich wieder um seine Hände auf ihre Schulter zulegen. „Du hörst dich an als würdest du unter einen Zauber stehen. Dieser Mann hat deinem Vater versprochen dich aufzunehmen, wie eine Tochter und was hat er gemacht? Er hat dich in eine Schule ins Ausland gesteckt." Aber nicht, weil Lucius das wollte. Sondern, weil er keine andere Lösung damals sah. „Du schuldest diesen Leuten gar nichts. Und schon gar nicht, seinen verkorksten Todessersohn. Der denkt, ihm gehöre die ganze Welt."

Sie stand auf.
„Schluss damit."
„Astoria..."
Sie wirbelte zu ihm herum.
„Du kennst Lucius Malfoy nicht. Du weißt nicht, wie sehr er mir geholfen hat nach dem Tod meines Vaters. Was er alles für mich getan hat. Für dieses Anwesen. Er hat mir alles geboten, was man mit Gold kaufen konnte."
„Ja, aber keine Familie. Das was deinem Vater eigentlich wichtig war."
„Ich werde mit dir das nicht diskutieren, Liam. Ich werde ihn nicht anzeigen. Ende der Diskussion.", sagte sie entschieden und Liam schnaubte böse.
Er stellte das Fläschchen ab und den Wattebausch.
„Du machst einen Fehler, Tori. Dieser Kerl ist nicht berechenbar. Glaub mir."






„Bist du völlig verrückt?!", schimpfte Blaise und Draco wusste nicht wieso, aber es scherte ihn nicht. Er schob es auf den Alkohol. Was ihn nicht daran hinderte sein Glas erneut aufzufüllen. „Du bist sie körperlich angegangen. Hast du den jetzt vollkommen den Verstand verloren?!"
„Hör auf herumzubrüllen.", antwortete Draco ruhig und nippte an dem Glas. „Es ist nichts passiert. Ich wollte ihr nur ein wenig Angst machen."
„Angst machen?", wiederholte der Dunkelhaarige aufgebracht.
„Ja, Angst machen."
Und sie hatte Angst gehabt. Er hatte es an ihrem schnellen Puls gespürt an ihrem schmalen Hals. Er hatte wieder das Gefühl ihren Duft in der Nase zu haben. Einen angenehmen, nicht aufdringlichen Duft. Er schob den Gedanken zur Seite.

„Danach hat es nicht ausgesehen.", schimpfte Blaise weiter. „Was wenn sie dich anzeigt?"
Draco lachte falsch auf.
„Du denkst, sie zeigt mich an?"
Das würde die kleine Greengrass nicht wagen.
„Ja, Draco! Verflucht, verstehst du überhaupt was du heute getan hast? Verdammte scheiße, ich dachte im ersten Moment..."
„Du dachtest was?", fragte Draco scharf.
„Draco für jeden hätte es so ausgesehen...", fing sein bester Freund an und Draco lachte beinahe hysterisch auf.
„Was? Glaubst du ich habe es nötig mich an jemanden zu vergehen?" Blaise zuckte sichtlich zusammen. „Ich kann mir jede Hexe ins Bett holen, die ich will, da brauche ich nicht dieses Kind."
„Dieses Kind ist kein Kind mehr. Das weist nicht nur du und ich, sondern halb England, denn jeder in unseren Kreisen spekuliert bereits ob sie verlobt ist oder vorhat die nächsten Jahre zu heiraten."

Wie üblich. Und scheinbar schien Liam Redvers gute Karten zu haben. Blaise ließ sich auf den Zweisitzer im Salon nieder und atmete schwer aus.
„Wenn sie dich anzeigt, Draco, hast du ein Problem."
„Warum sollte ich ein Problem haben?", fragte Draco belustigt nach.
Er hatte genug Gold, um gute Anwälte zu engagieren. Greengrass konnte ihm gar nichts.
„Weil du Arschloch auf Bewährung bist. Hast du das vergessen? Und falls du es vergessen hast, läuft diese insgesamt zehn Jahre, du Vollidiot."
„Schwachsinn. Die stecken mich doch nicht nach Askaban nur, weil ich mit Greengrass streite."
„Du bist sie körperlich angegangen.", betonten Blaise jedes Wort. „Wir reden hier nicht mehr von einem Streit. Sondern von Körperverletzung. Du Idiot."

Scheiße. An das hatte er nicht gedacht.
„Diese Leute können dich schon nach Askaban stecken, wenn sie nur den Hauch eines Verdachtes haben oder du falsch niest. Und glaub mir, auf so eine Gelegenheit wartete das Ministerium nur. Sei ehrlich, willst du unbedingt ins Gefängnis? Denn wenn ja, dann mach nur so weiter und sie stecken dich in eine Zelle. Aber eins sage ich dir gleich. Ich werde dir keinen Alkohol nach Askaban schmuggeln."
„Ein toller Freund bist du, wirklich.", antwortete Draco und setzte sich Blaise gegenüber.
„Vielleicht würde es dir nicht schaden.", fügte Blaise hinzu und Draco funkelte ihn an.

Er wollte etwas erwidern als der Kamin aufleuchtete und Draco traute erst seinen Augen nicht als niemand anderes als Liam Redvers aus dem Kamin stieg.
„Sag nicht, die kleine Tori schickt dich.", spottete er und Revers grün-graue Augen verengten sich.
„Du krankes Arschloch.", fing Greengrass Freund zu schimpfen an und bevor Draco reagieren konnte packte der Kerl Draco am Kragen und zog ihn hoch.
„Hey...", fing Blaise an und versuchte dazwischen zu gehen. „Lass ihn los."
„Wie kannst du es wagen sie anzufassen.", schimpfte der Kerl und Draco lachte lustlos auf.
„Was? Sie schickt dich."
„Halt die Fresse du mieser..."
„Hört auf!", schimpfte Blaise und versuchte die beiden immer noch zu trennen.
„Sonst was?", provozierte Draco Redvers der seinen Griff an seinen Hemdkragen verstärkte.

„Ich könnte dich Anzeigen. Hausfriedensbruch, körperliche Gewalt...", fing Draco an.
„Du mieses Arschloch.", knurrte Redvers und Draco wartete direkt darauf, dass er ihn schlug als sie beide auseinandergerissen wurden.
Draco wandte den Kopf und erkannte seinen Vater im Türrahmen mit gezücktem Zauberstab.
„Was zur Hölle ist hier los?", fragte Lucius angespannt und trat weiter ein. „Kann ich erfahren was hier los ist?!", wiederholte Lucius lauter als niemand etwas sagte.
„Fragen sie doch ihren missratenen Sohn.", sprach Redvers und Draco schnaubte.
„Ich habe gar nichts getan."
Liam Redvers überbrückte erneut den Abstand zu ihm und drohte ihm mit dem Finger.
„Wenn du noch einmal in ihre Nähe kommst. Sie noch einmal anfasst, schwöre ich dir, dass ich dich kalt mache, Malfoy. Ich bring dich um."

Draco unterdrückte es ihn auszulachen. Er wusste, wann er zu weit gepokert hatte und sah dem Kerl nach, der ohne ein weiters Wort sich abwandte und wieder im Kamin verschwand. Wie kam er überhaupt hier rein, ohne zugelassen zu werden?
„Was hast du getan?", fragte sein Vater sofort scharf und Draco seufzte innerlich, während sein Erzeuger näherkam. „Was zur Hölle hast du schon wieder angestellt?"
„Gar nichts.", erwiderte Draco. „Ach ja? Und warum taucht Liam Redvers hier auf und spricht davon dich umzubringen, wenn du noch einmal in ihre Nähe kommst? Wer ist sie?"
Als wüsste er es nicht. Er ahnte es sicherlich.
Blaise seufzte.
„Astoria Greengrass."
Die Augen seines Vaters funkelten gefährlich an.
„Was hast du mit ihr angestellt?" Er wollte den Mund aufmachen, aber Lucius ließ ihn nicht. „Und lüge mich ja nicht an, Draco. Sonst enterbe ich dich hier und jetzt auf der Stelle."







Sie besah sich die Pflanzen und konnte nichts feststellen. Merlin sei Dank.
„Und sonst gibt es keine Auffälligkeiten. Oder?"
Smith schüttelte den Kopf.
„Nein Miss." Sie nickte stumm und Smith kniff die Augen etwas zusammen. „Dieser Befall der Pflanzen liegt vier Grafschaften entfernt. Vielleicht... ist es ein Einzelfall." Nun zumindest gab es jetzt nur diese eine Meldung. „Und es kommt gar nicht zu uns."
Astoria atmete schwer aus.
„Hoffen wir das es so ist." Sie sah sich um. Sah ihre Angestellten, die sich um die Pflanzen kümmerten. „Haltet die Augen offen."
„Natürlich, Miss.", erwiderte ihr Verwalter und Astoria fuhr sich durch ihre Haare.
„Ich werde einen Freund im Ausland anschreiben. Vielleicht weiß er, wie man gegen diese Viecher vorgehen kann."

Smith nickte und gab den Mitarbeitern wieder Anweisungen, während Astoria vom Feld weg ging. Sie machte sich Sorgen. Seit einigen Tagen ging das Gerücht, um das eine Raupe die Ernte in einer Grafschaft vernichtet hatte oder zumindest nahe dran war dies zu tun. Irgendein Tier aus Afrika. Offenbar gab es nichts Effektives gegen diesen Schädling. Sie hoffte, das diese Raupe nicht hier auftauchte. Eine schlechte Ernte war das letzte, was sie gebrauchen konnten. Kein Anbauer in England brauchte das. Sie nahm ihr Pferd bei den Zügeln, dass sie am Zaun angebunden hatte und stieg auf, nur um den Weg entlangzureiten.

Sie stürzte sich momentan in die Arbeit. Entfloh der hohen Gesellschaft. Dem Gerede und vor allem den Malfoys. Nein, Draco Malfoy. Sie fuhr sich in Gedanken den Hals. Die Flecken waren immer noch gut zusehen. Nicht mehr so schlimm wie den ersten Tag, aber sie waren noch da. Sie trug jetzt dämliche Seidenschals, um kein Gerede bei ihren Angestellten aufkeimen zu lassen. Dieser dumme Kerl. Sie stieg erst vor den Ställen ab und führte die Stute hinein, nur um den Sattel abzunehmen, die Stute zu striegeln und ihre Box mit neuem Futter zu füllen, bevor sie die Box schloss. Gerade als sie den Stall verlassen wollte, trat ein bekannter Mann vor sie.

„Lucius.", warf sie überrascht ein und sein Blick war besorgt auf sie gerichtet. „Was machst du denn hier?"
Sie hatte ihn die letzten Tage gut abgeblockt. Termine vorgeschoben.
„Ist es wahr?", fragte er und seine Stimme zitterte dabei.
Sie runzelte verwirrt die Stirn und wich einen Schritt zurück als er nach ihrem Schal greifen wollte. Er ließ es nicht zu. Legte eine Hand fest auf ihre Schulter und zog mit der anderen Hand an dem Schal. Er ließ sie erst los als er offenbar die Spuren des Angriffes sah und sie band den seidenen Stoff wieder um sich, während sie sich umsah, als könnte sie jemand sehen.

„Wieso hast du nichts gesagt?", fragte Lucius quälend. „Astoria, warum nicht?"
Sie zuckte die Schultern und wandte sich von ihm ab.
„Was hätte es geändert?"
„Merlin, Tori.", murmelte er und sie sah ihn wieder an.
„In ein paar Tagen sieht man nichts mehr davon."
„Denkst du darum geht es mir?", fragte der Ältere aufgebracht. „Darum, dass man es nicht mehr sieht?" Er knurrte. „Ich sperr ihn ein."
„Lucius..."
„Hat er dir ansonsten etwas getan?", unterbrach er sie. Sie schluckte hart. „Hat er dir sonst etwas getan, Astoria?"
„Nein.", antwortete sie und Lucius starrte sie an als würde er nicht glauben.

„Wieso hat er das getan?", wollte er wissen und Astoria atmete schwer aus.
„Ich glaube, dass er es nicht erträgt, dass ich wieder mit euch Kontakt habe."
Er schien darüber nachzudenken.
„Das ist doch vollkommener Unsinn. Wieso sollte er das nicht ertragen?"
Sie hatte dazu viele Theorien, aber sie war nicht befugt nur eine mit Lucius zuteilen. Schon allein, weil sie nicht in Malfoys Kopf sehen konnte, weswegen sie einfach die Schultern zuckte.
„Ich weiß es nicht.", log sie und zuckte etwas zusammen als Lucius erneut die Hand hob und ihren Schal zur Seite strich.
Seine Augen zeigten Schmerz als er wieder das Werk seines Sohnes betrachtete.
„Ich habe viele Fehler gemacht. Aber dazu habe ich ihn nicht erzogen, Astoria."
„Ich weiß.", murmelte sie. „Ich weiß, Lucius."


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