Sie blinzelte und streckte sich, bevor sie sich noch mehr unter der Decke zusammenrollte. Sie spürte, dass sie allein im Bett war, was bedeutete, dass Chloé entweder nicht Nachhause gekommen war oder in ihrem Zimmer, hoffentlich, allein lag. Sie wusste nicht wirklich was sie von dem halten sollte, dass Blaise Zabini offenbar Interesse an Chloé hatte. Und sie wusste nicht, ob Chloé einfach nur ein wenig Interesse hatte oder es ernst war. Sie konnte das bei Chloé nie einschätzen. Immer wenn sie glaubte, dass es ernst war, dauerte es nicht lange bis Chloé einen Kerl abschoss. Chloé sprach zwar oft davon, wenn sie jemanden attraktiv oder süß fand. Aber sie gab ansonsten nie mehr ihrer Gefühle preis. Zumindest nicht gegenüber Männern. Nun wobei Astoria wohl auch nicht gerade gesprächig war. Aber das schob sie bei sich selbst auf ihren Mangel an Erfahrung.
Sie hielt inne mit ihrer Überlegung als sich jemand räusperte und sie setzte sich ruckartig auf, ohne die Decke loszulassen.
„Was zur Hölle machst du hier?", fragte sie aufgebracht als sie Malfoy angezogen im Sessel sitzen sah.
„Du hast gesagt wir fangen morgens an. Ich wusste nicht wann, also warte ich darauf, dass du aufstehst."
Wollte er sie eigentlich auf den Arm nehmen? Da sagte sie ihm gestern beim Sonntagsabendessen, dass er bleiben konnte und jetzt zog er so eine Show ab, nachdem seine Eltern wegwaren.
„Hast du mal auf die Uhr gesehen?", fragte sie aufgebracht gegen und zog die Decke bis zu ihrem Kinn. „Es ist noch nicht einmal richtig hell draußen."
„Das letzte Mal bist du schon um fünf Uhr morgens über das Gelände geturnt.", meinte er kühl.
„Malfoy, raus!", brüllte sie ihn an und schmiss eines der Kissen nach ihm.
Er wich diesem geschickt aus und ging zur Tür.
„Ich warte auf dich. Ich wollte nur pünktlich sein."
„Raus!"
Er ging und sie warf ein weiteres Kissen gegen die Tür. Zur Hölle? Er konnte doch nicht einfach hier reinmarschieren, sich hinsetzen und... was zur Hölle? Zu warten, bis sie aufstand? War er jetzt völlig durchgeknallt? Verlor er den Verstand? Was war das für eine Frage, es war Malfoy.
Sie seufzte genervt, sah die Decke an und ging dann duschen, nur um sich anzuziehen. Als sie in den Flur trat, saß Malfoy vor ihrem Zimmer auf dem Boden, mit dem Rücken zur Wand. Ein Buch auf dem Schoss. Er sah auf.
„Bist du fertig?"
„Ernsthaft, ich bereue es jetzt schon.", murmelte sie und ging an ihm vorbei, die Treppe nach unten.
„Du hast nicht gesagt, um wie viel Uhr wir anfangen.", erwiderte er und folgte ihr.
„Aber ich habe nicht gesagt, komm in Morgengrauen in mein Zimmer und beobachte mich."
Gruselig.
Er schnaubte.
„Ich beobachte dich nicht. Ich habe gelesen.", widersprach er und sie rollte mit den Augen, während sie Richtung Küche ging.
Es war noch niemand da bis auf zwei Hauselfen und er blieb abrupt stehen als sie sich umwandte.
„Gut, stellen wir ein paar Regeln auf. Du hast nichts in meinem verdammten Zimmer zu suchen."
Er nickte ruhig.
„In Ordnung. Kein Betreten deines Zimmers."
Sie atmete schwer aus und fuhr sich an die Stirn.
„Ich habe immer noch keine Ahnung, wie wir das genau angehen, aber eins muss dir klar sein, du musst auf mich hören."
Er verdrehte die Augen.
„Das ist mir bewusst."
„Nein.", sagte sie streng. „Ich meine das wirklich ernst. Du musst die Sache ernst nehmen. Mich ernst nehmen." Sie streckte ihre Hand ihm entgegen und er zog eine Braue nach oben als er darauf sah. „Wir haben eine Abmachung."
Er griff zögerlich nach ihrer Hand. Umfasste ihre Hand und drückte sie.
„Haben wir." Sie ließ seine Hand los, die seltsam warm war und wollte gehen als er fragte. „Was ist mit Frühstück?"
„Ist das dein Ernst? Wieso hast du noch nicht gefrühstückt?"
„Weil ich dachte, wir machen das zusammen.", rechtfertigte er sich.
Sie stöhnte auf. Sie frühstückte nicht immer in der Früh, manchmal erledigte sie auch erst ein paar Arbeiten. Himmel, wie sollte das nur werden? Auf was für einen Schwachsinn hatte sie sich eingelassen.
Sie stellte während des Tages ein gutes dutzend an Regeln auf. Neben dem, nicht ihr Zimmer betreten, um sie beim Schlafen zu beobachten. Wenn sie wüsste, dass sie beobachten beim Schlafen noch das harmloseste war, was er jemals getan hatte. Er hatte sie schon... nackt gesehen. Damals... beim Duschen. Das erzählte er ihr natürlich nicht. Sie würden in Zukunft eine Zeit ausmachen, an der sie mit der Arbeit anfangen würden. Und um diese Zeit war jeder mit Duschen, Anziehen und Frühstück fertig. Zumindest war das der Plan. Und eine ihrer Regeln.
Er zweifelte nicht an seiner Entscheidung, aber heute war es einfach nur anstrengend gewesen. Sie hatten weiter Setzlinge angebaut, seltsame Ölmischungen angesetzt, die Greengrass offenbar auch verkaufte. In den Flaschen mit Kräutern wurde Öl gefüllt. Er hatte davon noch nie gehört, aber offenbar half die Mischung beim Eincremen gegen Gelenkschmerzen. Mehr zu schaffen hatte ihn gemacht, eines der Felder, nun... Abzubauen. An dem Feld waren seltsame Gerüste aufgestellt gewesen, an denen irgendeine Pflanze über das Jahr in die Höhe gewachsen war. Die Pflanze war schon vor Wochen geerntet worden, aber das Konstrukt war noch vorhanden gewesen und obwohl noch vier Mitarbeiter geholfen hatten, hatte Draco schon nach einer Stunde keine Lust mehr gehabt. Schlimmer fand er das Entfernen der Wurzeln aus der Erde.
Aber er hatte nicht aufgehört. Nicht aufgegeben. Einfach weitergemacht. Sie wollte ihn reinschicken nach der Arbeit am Feld, aber er war ihr gefolgt, als sie nach den Tieren gesehen hatte. Was sie als unnötig kommentiert hatte. Er war trotzdem geblieben. Hatte geholfen.
„Du hättest rein gehen sollen.", sprach sie.
Und sie war nicht zufrieden. Sie betraten die Küche und zog ihren Schal vom Hals und warf ihren Mantel und den Schal auf einen kleinen Hocker in die Ecke.
„Wieso sind die Angestellten nicht mehr da?"
„Schau mal auf die Uhr?", erwiderte sie. „Die Abendessenszeit ist vorbei und ich habe ihnen nicht gesagt, sie sollen länger bleiben nur wegen uns."
Er setzte sich auf einen Stuhl an den schlichten Esstisch, der sicherlich vom Personal genutzt wurde.
„Aber Sie haben sicherlich was für uns weggelegt. Das machen Sie immer, wenn ich unterwegs bin."
Sie öffnete den Kühlschrank und macht ein Geräusch des Ekels. Er runzelte die Stirn und massierte seine Hände.
„Was?"
„Du hast jetzt die Wahl.", fing sie an.
„Die Wahl?", fragte er verwirrt.
„Entweder du isst Jellied eels.", antwortete sie und schmiss den Kühlschrank zu. „Oder du wartest noch etwa eine halbe Stunde."
Er verzog das Gesicht.
„Ich werde ganz sicher keine Aalsülze essen." Er hasste Aalsülze. „Ich kann uns auch was bestellen lassen und eine Hauselfe..."
Sie schüttelte den Kopf und nahm einen Topf aus dem Schrank.
„Unsinn. Bis die wieder kommt, machen wir auch selbst etwas."
Er stand auf.
„Uns selbst etwas? Du meinst selbst kochen?"
Sie lachte und er sollte verärgert darüber sein, aber war es nicht.
„Ja, Draco. Selbst kochen. Das ist wirklich kein Problem."
„Ich habe noch nie gekocht."
„Wir machen einfach Pasta mit einer schlichten Tomatensoße. Das geht schnell. Kann man eigentlich schon gar nicht Kochen nennen."
„Was soll ich tun?", fragte er und sah auf eine kleine Dose, die sie aus einem Schrank holte.
„Deine Finger endlich eincremen, weil deine Finger ansonsten bis morgen anschwellen."
Er rollte mit den Augen und nahm die Dose an sich, um sich seine Hände einzucremen, während sie begann Wasser aufzukochen und Gemüse schnitt.
Er sah ihr dabei zu und trat neben sie als sie die Soße abschmeckte.
„Wo hast du das gelernt?"
„Was? Kochen?"
Er nickte.
„Ja."
„Zu einem in der Schule..."
Er unterbrach sie.
„Ihr hattet Kochen?"
„Es war ein reines Mädcheninternat. Du kannst darauf wetten, dass wir kochen hatten und auf meinen Reisen."
„Du hast dort Kochen gelernt?"
Sie grinste.
„Man benutzt Gewürze. Gewürze sind Pflanzen. Gibst du mir bitte mal zwei Teller?" Er holte zwei Teller aus dem Schrank und sie richtete die Nudeln darauf an und gab die Tomatensoße darüber. Als er die Teller zum Tisch bringen wollte, hielt sie ihn auf, nur um zum Kühlschrank zu gehen und mit einem Stück Käse wiederzukommen. „Parmesan. Keine Pasta ohne Parmesan."
„Es riecht köstlich. Auch ohne Parmesan. Glaub mir."
„Malfoy, du hast keine Ahnung.", meinte sie und er rollte mit den Augen.
Sie setzten sich gegenüber an den großen Esstisch und Astoria goss ihnen Wasser in Gläser ein, nur um ihn im Auge zu behalten. Er rollte ein paar Nudeln auf und schob sie sich in den Mund. Er seufzte ergeben und sie grinste, bevor sie selbst begann zu Essen.
„Ernsthaft, kannst du irgendetwas nicht?", fragte er und sie schmunzelte wieder.
„Es ist wie Zaubertränke machen oder Tinkturen. Es ist leicht, wenn man die Grundlagen beherrscht."
Kaum zu glauben.
„Du warst in Italien, oder?"
„Merlin, ja und es war, neben den lernen, eine reine Essorgie. In Italien... dass Essen ist dort zum Teil wirklich eine Offenbarung. Ich habe in der Zeit sicher zehn Kilo zugenommen. Mindestens."
„Wo war das beste Essen auf deinen Reisen?", hakte er nach und schob sich einen weiteren Bissen in den Mund.
Sie schien darüber nachzudenken, während sie kaute.
„Wow, das ist eine schwierige Frage. Ich habe viele großartige Gerichte kennengelernt." Konnte er sich gut vorstellen. „In Indien ist es... ganz anders als in Europa. Es ist... würziger. Eine Geschmacksexplosion im Mund. Die sparen nicht so an Gewürzen. Aber man muss es mögen. Das ist nicht jeden sein Geschmack. Aber glaub mir, jedes Land versteht es zu Kochen."
„Irgendwann musst du mir das beibringen."
„Kochen?"
„Ja."
Sie schüttelte etwas den Kopf.
„Was willst du dir denn noch alles vornehmen?"
Viel zu viel.
„Danke.", meinte er schlicht und sie runzelte etwas die Stirn.
„Wofür?"
„Dass du mir diese Chance gibst. Das ist nicht selbstverständlich, nach allem..."
„Wenn du dich jetzt wieder entschuldigst, werde ich dich hier und jetzt verfluchen. Ich schwöre es.", unterbrach sie ihn und er entschuldigte sich nicht. Er sah auf seine Nudeln und sie legte den Kopf etwas schief. „Was ist?"
„Dazu würde Rotwein passen.", meinte er und spürte, wie sehr es ihn selbst störte, dass er ausgerechnet jetzt daran dachte.
Nicht um sich zu betäuben. Sondern... weil es einfach passen würde.
„Ich weiß, Draco. Ich weiß.", meinte sie schlicht und er atmete schwer aus, bevor er weiter aß.
Er legte den Kopf schief, während er ihr dabei zusah, wie sie aus dem Fenster sah. Die Lichter der Nacht spiegelten sich.
„Der Ausblick ist wundervoll. Incroyable.", sprach sie und er grinste.
Er hatte sie mit ins Stadthaus seiner Familie genommen. Nicht dass er das hier heute schon geplant hatte. Definitiv nicht.
„Der Ausblick von hier aus ist auch nicht zu verachten.", meinte er keck und Chloé wandte sich ihm zu.
Nackt. Ihre schokobraunen Augen funkelten, während sie grinste, nur um zurück zu ihm ins Bett zukommen. Er küsste diese wunderbaren zarten Lippen. Himmel, wer hätte gedacht, dass eine Französin ihn umhauen würde? Er sicher nicht. Aber so war es.
Als er sich von ihr löste, sie weiter im Arm haltend, musterte sie ihn aufmerksam.
„Was?", fragte er nach einer Weile und sie grinste breit.
„Nichts. Ich wusste nur nicht, dass mir England so gut gefallen würde."
„Na dann hoffen wir, dass es dir so gut gefällt, dass du nicht gleich wieder abreist."
Das hoffte er wirklich.
„Ich weiß es noch nicht. Der Plan war einfach Astoria zu besuchen." Sie legte ihren Kopf mehr gegen seine Brust. „Eigentlich war das schon nach unserem Abschluss geplant. Aber dann hat Liam sie mitgenommen, um mit ihm um die Welt zureisen und ihr Wissen aufzubessern. Es kam ihr sehr gelegen."
Blaise runzelte die Stirn.
„Die beiden haben sich schon so früh kennengelernt?"
Es war Jahre her.
„Ja, haben sie.", erwiderte sie. „Nicht das ich Liam für den Richtigen hielt. Astoria war ihm schon immer überlegen gewesen. Cet imbécile."
„Und was hast du dann die ganzen Jahre gemacht?", fragte er neugierig.
„Die High Society unsicher gemacht, mich an warmen Stränden herumgetrieben. Meiner Stiefmutter aus dem Weg gehen. Solche Dinge." Sie seufzte. „Aber als ich das von Liam und ihr in ihren Briefen gelesen habe und dann die Zeitungsartikel über seine Verlobung, musste ich kommen. Ich musste nach ihr sehen."
Blaise vergrub seine Nase in ihrem schönen Haar.
„Das hört sich an als hättet ihr ein enges Verhältnis."
„Sie ist die Schwester, die ich nie hatte. Ohne sie hätte ich dieses Internat nie überstanden. Sie wird auch Draco guttun, glaub mir. Sie hat so eine Art an sich, die dich einfach... heilen lässt." Sie lachte leise. „Ich weiß, das hört sich lächerlich an, aber es ist so und ich kann es nicht anders beschreiben."
Er hoffte, dass es Draco besser ging. Momenten wirkte es so. Auch wenn er von der Idee nicht viel hielt, dass Draco sich bei Greengrass einnistete. Momenten schienen Dracos Tage von Arbeit geplagt zu sein. Arbeit auf Feldern und Gewächshäusern. Sie setzte sich etwas auf, nur um sich auf seine Brust zu legen und ihn anzusehen.
„Schluss mit der Fragerei. Die letzten Tage hast du mich über alles Mögliche ausgehorcht."
„Und dir England gezeigt."
Sie rollte mit den Augen.
„Ja, und mir England gezeigt. Einschließlich deinem Schlafzimmer." Er gluckste und sie legte den Kopf schief. „Erzähl mir etwas von dir Blaise Zabini."
„Erzählen?"
Sie nickte.
„Ja. Erzähl mir etwas. Irgendetwas."
Er strich ihr mit einem Finger über ihren nackten Arm. Dachte nach.
„Momentan lieg ich mit einer hübschen Frau im Bett.", neckte er sie und sie kniff ihn in die Seite, was ihn noch mehr zum Glucksen brachte.
„Nicht das. Was Wahrhaftiges. De rien.", forderte sie.
Hatte ihr schon einmal jemand gesagt, dass sie umwerfende, warme Augen hatte? Wie Schokolade. Er nahm eine Hand in ihre.
„Ich habe noch nie jemanden hierher mitgenommen." Niemals. „Und ich habe Angst, dass dieser Moment aufhört und dann du auch für immer verschwinden könntest."
Das hatte er wirklich. Er hatte noch nie... nie so empfunden. Noch nie so eine Angst verspürt. Was war nur los mit ihm? Sie lächelte sanft.
„Tu es vraiment un idiot. Noch bin ich da."
Aber wie lange?
„Dann sollten wir die Zeit nutzen, findest du nicht?", hakte er nach und sie beugte sich vor, um ihn innig zu küssen.
Er sprach es nicht aus, aber er würde dieser Frau überall hin folgen.
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Kaltes Herz
FanfictionDraco dachte, sein Leben einigermaßen im Griff zu haben. Doch alles scheint aus den Fugen zu geraten als er auf eine alte Bekannte trifft, die er fast schon aus seinen Gedanken getilgt hatte. Ihr Auftauchen macht ihm deutlich, dass er gar nichts in...