11. Kapitel

208 20 9
                                    

     Zuhause angekommen dröhnte mir doch der Schädel. Ich fühlte mich nicht betrunken, doch der Alkohol schien ganz schön reinzuhauen. Grummelnd rieb ich mir die Schläfen. Das Pochen wurde nur verstärkt, als Damir das Licht im Flur anschaltete. »Komm. Bringen wir dich erst mal ins Bett«, sagte er und half mir dabei die Schuhe loszuwerden, die langsam an meinen Füßen gedrückt hatten.
     Damir war... ein wahrer Schatz. Er war für mich gekommen. In seinem Auto, obwohl er lieber mit seiner Maschine fuhr. Er hatte es für mich getan. Weil ich ein Kleid getragen hatte. Damir war aufmerksam und rücksichtsvoll.
    Im Gegensatz zu mir. Ich hätte ja ahnen können, dass es für ihn einfach schwer war, anstatt mir Dinge auszudenken, die es gar nicht gab. Was für ein Schwachsinn, dachte ich. Ich hatte das einfach angenommen, obwohl Damir mich doch liebte...
     Damir half mir ins Zimmer zu kommen, da die Welt sich nun doch etwas drehte. Der Alkohol war mir wohl nun langsam zu Kopf gestiegen. Irgendwie jedenfalls. Betrunken fühlte ich mich aber nicht.
   »Tut mir leid, dass du fahren musstest, obwohl du morgen sicher früh raus musst«, murmelte ich, während ein Schamgefühl in mir aufstieg. Damir schnaubte. »Ach was. Ist schon in Ordnung. Ich habe um zwei Wochen Urlaub gebeten. Das habe ich dir noch gar nicht gesagt. Ich habe ab jetzt zwei Wochen für dich Zeit. Wir können jeden Tag Bootfahren gehen oder mit der Maschine die Insel erkunden. Deine Entscheidung. Aber morgen schläfst du erstmal deinen Rausch aus.«

     Schmollend sah ich ihn an. »Ich bin nicht so betrunken.« Ein sanftes Lächeln strahlte mir entgegen und verdammt... dieses Lächeln... »Ich weiß aber der Slivo haut ganz schön rein. Du wirst Kopfschmerzen haben und dich elend fühlen. Wir bleiben morgen hier. Es soll eh ein starker Wind kommen und regnen.«
    Ehe ich mich versah hob er mich hoch und legte mich aufs Bett. Mit großen Augen sah ihn an. Sein Blick glitt über mich hinweg. Über das Kleid, das ich trug. Es war ein Kleid, dass einen tiefen V-Ausschnitt hatte und mein Tattoo fast in seiner vollen Größe zeigte, wenn meine Haare es nicht verdecken würden.
    Der obere Teil des Kleides, der ungefähr bis zu meinem Bauchnabel ging war schwarz mit gelben, wirren Streifen, ehe es im gleichen Gelb weiter ging. Es war kein grelles Gelb, sondern ein Geld, dass an einen Sonnenuntergang erinnerte.
   Ein weiter Schlitz zog sich bis zu meiner Hüfte und zeigte einen Streifen Haut. Damir sog den Anblick in sich auf. Ich liebte dieses Kleid, weil der Stoff weich und nicht zu eng war. Zudem stand mir die Farbe perfekt.

     Zu schade, dass er es nicht lange genug gesehen hatte. Meine schmerzenden Füße rieb ich erleichtert an der Matratze, froh, die hohen Schuhe mit den Schnüren, die sich elegant um meine Wade gewickelt hatten, nicht mehr tragen zu müssen. Das war anstrengend genug gewesen.
     »Du siehst wunderschön aus«, hauchte er. Bei jedem anderen hätte ich jetzt gefragt, ob ich nur jetzt hübsch aussah, doch ich wusste, dass Damir mich immer hübsch fand. Man sah es in seinem Blick. Wenn sein Blick leicht dunkel wurde und doch noch dieses Funkeln in sich trug.

     »Danke«, wisperte ich und sah ihn an. Damir hob den Blick und schenkte mir ein Lächeln. »Schlaf dich aus. Wir sehen uns morgen«, sagte er leise, hauchte einen federleichten Kuss auf meine Stirn und erhob sich einfach so. Ohne mich noch einmal anzusehen verließ er mein Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
   Seufzend schälte ich mich irgendwie im Liegen aus dem Kleid, zu faul aufzustehen, dann schlüpfte ich in mein Schlafgewandt. Noch eine kleine Weile lag ich im Bett und sah aus dem Fenster hinaus zu den Sternen, die am Himmel leuchteten. Je länger ich sie ansah, desto träger wurde mein Blick und ehe ich mich versah, fielen mir die Augen zu.

~*~

     Am nächsten Tag wachte ich mit dröhnendem Kopf auf und brauchte ein paar Minuten, bis ich alle Erinnerungen an den gestrigen Tag zusammen hatte. Mist, dachte ich. Ich habe nicht so viel von dem Zeug getrunken, habe aber irgendwie eine Art Kater. So viel hatte ich nun wirklich nicht getrunken, doch das Zeug haute rein.
     Stark. Langsam erhob ich mich, bereute es aber, als die Welt sich drehte. Grummelnd rieb ich mir über die Schläfen und warf einen Blick auf mein Handy, um nach der Uhrzeit zu sehen. 11:02 Uhr am Morgen. Was? So lange hatte ich geschlafen? Mit großen Augen starrte ich das Handy an.
     Um sicher zu sein, dass die Uhrzeit auch stimmte, blinzelte ich einige Male. Ja... die Uhrzeit stimmte. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Super. Ganz toll. Gerade als ich mich darüber aufregen wollte, ging die Tür auf und Damir stand im Türrahmen. Nur in einer Boxer bekleidet.

Das Rätsel der GefühleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt