Epilog

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Fünf Tage später

Mum hatte ihren Urlaub verlängert, doch morgen wäre ihr letzter Tag, ehe sie abends einen Flug hatte. Deswegen saßen wir nun hier. Bei Damirs Lieblingsrestaurant und hatten ein Abendessen. Mika und Mum hatten sich ausgesprochen und waren jetzt wieder Mutter und Tochter.

Unsere Mum hatte sich oft bei ihr entschuldigt, so wie bei Dardan. Allerdings nicht nur bei ihnen. Auch bei Damir hatte sie das getan. Sie hatte ihm gesagt, dass es nicht richtig gewesen war und das er perfekt für mich sei. Denn das war er. Perfekt für mich. Damir trug mich auf Händen und las mir jeden Wunsch von den Lippen ab.

In den letzten fünf Tagen hatten wir allerdings kaum aus dem Bett geschafft. Es war auch regnerisch gewesen. Nur gestern hatten wir einen Bootausflug gemacht und heute Vormittag auch. Jetzt saßen wir hier. Ich neben ihm. Seine Hand auf meinem Schenkel, den er massierte.

Wir hatten eine neue Pose ausprobiert und jetzt hatte ich Muskelkater. Damir hatte mir danach ein heißes Bad eingelassen, doch das hatte nicht ganz den gewünschten Effekt gehabt. Es hätte schlimmer sein können, dank dem Bad war es das zum Glück nicht. Damir war im Bett herrisch und mochte es gerne hart.

Danach aber war er der fürsorglichste Freund, den man sich wünschen konnte. Er ging mit mir unter die Dusche oder ließ mir ein Bad ein. Wir trugen gerade sogar unsere T-Shirts, die er gekauft hatte. Normalerweise hätte ich ein Kleid zum Essen angezogen, doch er hatte mich überredet das hier zu tragen.

Das Fleisch, das wir vor uns hatten, schmeckte wie immer fantastisch und ich konnte mich nicht mehr darauf konzentrieren, warum und wie Damir mich überzeugt hatte, das hier anzuziehen. Im Parternlook zu erscheinen war gar nicht so übel. Besonders wegen dem Spruch.

Mum und Damir unterhielten sich eine Weile, worüber ich mehr als erstaunt war. Die beiden lachten zusammen und wirkten so unbeschwert, als hätte es die letzten Jahre nicht gegeben. Damir hatte nun ganz mit der Vergangenheit abgeschlossen, wie es schien. Vielleicht aber auch nur, weil Mum sich bemüht hatte sich bei ihm zu entschuldigen. Es war ihr wirklich wichtig gewesen.

So wie mir. So wie uns allen. Mika und Dardan beobachteten die beiden. Mein Blick jedoch schweifte zu Sita und Vaughn. Die beiden saßen sich gegenüber und wirkten... na ja... nicht begeistert. Zumindest Sita nicht. Sie stocherte in dem Fleisch rum, als wolle sie das Rind gleich töten, obwohl es bereits tot war.

Vaughn hingegen aß seinen Mangold und beobachtete sie aufmerksam. Das schien ihr nicht zu gefallen. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Beide waren... na ja... sie waren sehr angespannt und keiner von beiden schien bereit den ersten Schritt zu machen. Vermutlich, weil sie wollten, dass es ein schöner Tag blieb.

Das wollten wir alle. Als Sita meinen Blick spürte, sah sie auf und rang sich ein Lächeln ab. Das Lächeln war so unecht wie die Blumen auf dem Tisch. Ich schluckte schwer und versuchte mir einzureden, dass es sich irgendwann von selbst lösen würde. Das beide sich eines Tages wieder verstehen würden. Fehlanzeige. Vermutlich.

Ich wandte den Blick ab und sah zu Mika, die mich immer mal wieder so geheimnisvoll lächelnd musterte. In ihren Augen schienen Sterne zu funkeln. Das Lächeln auf ihren Lippen verstand ich nicht so ganz. Meine Vermutung lag daran, dass sie uns heute noch allen etwas mitteilen wollte.

Schwanger, dachte ich. Vielleicht ist sie schwanger. Obwohl Mika persönlich immer gesagt hatte, dass sie in diese Welt keine Kinder setzen wollte, weil sie nicht glaubte, dass die Welt besser werden würde. Eher schlimmer. Der Klimawandel zeigte um Jahr und Jahr mehr seine Auswirkungen und getan wurde kaum etwas. Mika wollte ihrem Kind eine Zukunft sichern, konnte das aber nicht garantieren. Deswegen hatte sie damals gemeint, sie wolle keine Kinder.

Es konnte ja sein, dass sie ihre Meinung geändert hatte. Sonst konnte ich mir das geheimnisvolle Lächeln auf ihren Lippen nicht erklären. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Damir aufstand. Im ersten Moment dachte ich, dass er aufs Klo gehen würde. Dann ging er auf die Knie.

Nach Luft schnappend drehte ich mich zu ihm und sah ihn an, froh darüber, dass wir die Plätze an der Ecke bekommen hatten. Mit großen Augen starrte ich ihn an, während er eine Schachtel hervorholte. Tränen sammelten sich in meinen Augen und meine Sicht verschwamm.

»Oh Gott... tust du das wirklich? Oh Gott«, murmelte ich. Damir lachte. »Hey. Ich hab noch gar nichts angefangen zu reden.« Ich rieb mir über die Augen. »Tut mir leid. Du darfst anfangen.« Lachen ertönte am Tisch und auch andere sahen aufmerksam zu.

Damir räusperte sich. »Unsere Liebe hat schon begonnen, als wir kleiner waren. Jedenfalls für mich. Ich liebte die Art, wie du mich angesehen hast. Ich dachte immer, ich wäre nur ein kleiner Junge, der nicht viel Geld hatte und sein Motorrad vom Schrottplatz hatte. Doch das interessierte dich nicht. Du hast mich angesehen als würde ich jeden Tag die Sonne aufgehen lassen. Von da an war es um mich geschehen. Und an meinem Geburtstag wolltest du das Motorrad mit mir ausprobieren. Du hast nicht locker gelassen. Was an diesem Tag dann passiert ist war... nicht geplant, doch es war das schönste Gefühl in meinem Leben gewesen.«

Seine Wangen wurden leicht rot, doch er sprach weiter. »Ich wusste genau, was geschehen war, du aber noch nicht so richtig. Und als ich es dir erklären wollte, warst du dann einfach weg. Meine Welt brach zusammen und ich... ich hatte Angst. Angst, dich für immer zu verlieren. Was ich sagen will ist... wir haben eine Menge durchgemacht und trotzdem sind wir jetzt hier. Liebe gewinnt immer. Man muss nur daran glauben. Deswegen möchte ich dich fragen, ob du meine Frau werden willst. Ich habe so lange auf dich gewartet, dass ich nicht noch länger warten möchte.«

Tränen liefen meine Wangen hinab und ein Schluchzen schüttelte meinen Körper, dann schlang ich meine Arme um ihn und riss ihn zu Boden. Lachend fing er mich auf und küsste meine Tränen fort.

Das Geräusch von Klatschen drang an mein Ohr, doch das kümmerte mich in diesem Moment wenig. Ich war überglücklich. »Stimmst du zu?« Lachend schüttelte ich den Kopf. »Natürlich, du Idiot.«

Grinsend standen wir beide auf und dann schob Damir mir mit zitternden Händen den Ring an den Finger. Dann küsste er die Stelle unter meinem Ohr, woraufhin ich meine Hand mit dem Ring an seinen Hals legte. Jemand schoss ein Foto. Ich, mit tränenverströmten, aber lächelndem Gesicht und dem Ring am Finger, während Damir die Stille unter meinem Ohr küsste. Wir beide im gleichen Outfit.

Glücklicher konnte ichnicht sein.

Das Rätsel der GefühleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt