19. Kapitel

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Lächelnd strich ich mein Kleid glatt und freute mich auf das Date. Das Kleid stand mir gut, der rote weiße Stoff fiel leicht an meinem Körper herab und betonte meine Kurven. Meine Hüfte kam mir nicht mehr zu breit vor. Ich hatte eben Kurven.
Der Anblick im Spiegel gefiel mir. Die Frau darin strahlte. Ihre grünen Augen, mit den goldenen und braunen Sprenkeln leuchteten sie schon lange nicht mehr und die rotbeschmierten Lippen waren zu einem breiten, echten Lächeln verzogen. Die roten Haaren fielen in leichten Wellen bis über die Schulter.
Das Tattoo kam in diesem Kleid auch noch gut zur Geltung, was ich sehr mochte. Meine frisch rasierten Beine glänzten dank der Bodylotion im Licht. Die Schuhe betonten meine Füße und rundeten mein Outfit ab.
Zufrieden damit wandte ich mich vom Spiegel ab und schnappte mir meine Tasche. Genau in diesem Moment ging die Tür auf und Julio trat herein. Frisch herausgeputzt. Die Badehose hatte er gegen dunkel, kurze Hosen getauscht und er trug eine Art Hemd. Ein Grinsen lag auf seinen Lippen, als er mich sah.

Kurz darauf erschien jemand hinter ihm. Ein vertrauter Duft wehte heran und als ich Damir ansah, verschlug es mir die Sprache. Wie immer trug er Flip-Flops. Dazu trug er eine kurze, schwarze Hose und ein hübsches Hemd.
Seine Brille schien er frisch geputzt zu haben, denn die Tapser, die ich heute darin noch gesehen hatte, waren verschwunden. Ein Lächeln und das Funkeln in seinen Augen rundeten sein Auftreten ab.
Den leichten Bartschatten hatte er gekürzt, aber nicht viel. Das hatte ich ihm verboten. Damir war verdammt heiß mit Bart und er fand das auch. Mit Bart sah er einfach... noch besser aus. Damir ohne Bart war wie ein Damir ohne Brille.
Erst als ich ihm wieder in die Augen sah, fiel mir auf, dass er mich anstarrte und sein Mund leicht aufgeklappt war. Das Grinsen auf meinen Lippen wurde noch breiter. »Gefällt dir, was du siehst?«
In den letzten Stunden hatte sich mein Selbstbewusstsein gesteigert. Ich hatte es nur hervorholen müssen. Es war immer da gewesen, doch ich hatte es versteckt gelassen. Einfach so. Nie hatte ich es hervorgeholt. Noch nie. Stattdessen hatte ich es immer unterdrückt.

Meine Mutter hatte schließlich immer gewollt, dass ich bescheiden war und nicht selbstbewusst. Wenn ein Mann mir ein Kompliment machte, sollte ich rot werden. Das wollte ich aber nicht mehr. Denn das war nicht ich. Damir blinzelte und wurde etwas rot. Dann aber wurde sein Grinsen schief und er Schalk funkelte in seinen Augen.
»Das Kleid gefällt mir. Es würde aber besser am Boden aussehen.« Im ersten Moment begriff ich nicht. Ich stand auf dem Schlauch. Julio schien es auch nicht zu verstehen. Erst, als ich es langsam begriff, wurde ich doch rot. Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet. Mein Herz... es setzte schon wieder einen Schlag aus.
»Damir!«, zischte ich dann. Schallend lachte er auf. Voll und tönend. Der Laut ging mir durch Mark und Knochen und drang in mein Herz ein, um es dazu zu bringen, schneller zu schlagen.

Damir lachte noch immer, während Julio die Stirn runzelte. Dann schüttelte er seufzend den Kopf und murmelte etwas vor sich hin, ehe er das Zimmer verließ. »Das kannst du doch nicht vor dem kleinen Kerl sagen«, fauchte ich leise. Er lachte nur noch mehr. »Habe ich aber gerade. Er hat es ja sowieso nicht verstanden.«
Ich hob eine Braue und verschränkte die Arme vor der Brust. Das Lächeln verebbte und sein Grinsen verrutschte etwas. »Okay. Ich sag so was nicht mehr in seiner Nähe. Aber ich kann mich eben nicht zurückhalten. Ich sage immer, was ich denke. Und es stimmt. Bei diesem Kleid werde ich mich nicht lange zügeln können.«
Sofort brannte mein ganzer Körper vor Hitze, als ich die Begierde in seinem Blick sah. Damir meinte jedes Wort ernst. Das konnte ich ihm ansehen. Jedes verdammte Wort. Tief holte ich Luft und versuchte mich wieder abzuregen.
»Lass uns gehen. Sonst kommen wir zu spät.« Mit diesen Worten ging ich auf ihn zu. Er rührte sich nicht. Starrte mich nur an. Deswegen blieb ich vor ihm stehen und beugte mich zu seinem Ohr. Er schnappte nach Luft, als ich über die Stelle unter seinem Ohr leckte.

»Wer sagt, dass du dich zügeln sollst?«, raunte ich und löste mich von ihm, ehe er reagieren konnte. Grinsend verließ ich das Zimmer. Julio wartete schon vor der Tür. Er hatte die Hände in die Hosentaschen geschoben. Dann sah er mich an.
Er verzog das Gesicht. »Bitte lasst die Hände bei euch, bis wir wieder da sein.« Beinahe hätte ich bei seinem Gesicht gelacht. Es sah wirklich so aus, als wollte er, dass es aufhörte. Verdenken konnte ich es ihm ja nicht. Wie auch?
Er hatte eben genug davon, dass Damir und ich uns ständig solche Blicke zuwarfen. Es war aber schwer sich zurückzuhalten. Besonders, wenn Damir um mich zu ärgern den ganzen Tag halb nackt herumgelaufen war. Einfach so. Ohne großen Grund. Auf dem Boot heute Vormittag hatte es ja dann einen Grund gehabt.
Doch auch dort hatte er es nicht entgehen lassen, mich zu ärgern. Als er aus dem Boot geklettert war, hatte er sich über mich gebeugt um ganz scheinheilig nach dem Obst zu greifen, obwohl er erst davor eins gegessen hatte.
Sein Körper hatte meinen berührt und ich hatte in Flammen gestanden. Julio hatte das alles gesehen und Würgegeräusche gemacht. Damir hatte nur gelacht. Während er das Obst gegessen hatte, hatte er mich immer im Blick gehabt.

Das Rätsel der GefühleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt