Irina Jackson's P.O.V.
"Und jetzt?", fragt Matt, den Blick nach draußen gewandt. Es ist ein warmer Tag, der Erste seit Langem, und der Schnee schmilzt langsam und rutscht immer wieder von den Bäumen rund ums Haus. Das dumpfe Auftreffen der Schneemassen auf dem Waldboden schreckt mich jedes Mal ein wenig auf. Es könnte ja auch ein Zombie sein, der gegen die Tür rennt.
Ich sitze auf der Theke in der Küche, Matt lehnt mir gegenüber. Mein frisch verbundenes Bein sieht durch die sterilen Binden garnichtmehr so schlimm aus. Neben mir steht ein Glas Whiskey, das wir aus Onkel Jacks' Schrank geplündert haben. Gegen die Schmerzen. Und vielleich ein bisschen gegen die Depression. Es scheint alles irgendwie so aussichtslos.
"Egal, wo wir hingehen, wir verlassen alles in Schutt und Asche", flüstere ich.
"Manchmal wortwörtlich", grinst Matt schwach. Kurz treffen sich unsere Augen, und ich weiß, wir denken beide an die abgebrannte Insel. Der Augenkontakt ist zu intensiv, dauert zu lange, und ich schaue weg, als Gedanken an unseren ersten Kuss aufkommen. Damals am Lagerfeuer, in einer kühlen Herbstnacht.
Ich schaue wieder aus dem Fenster und lausche Matt's Stimme: "Wir können nicht einfach hier ausharren, das bringt nichts. Wir sind zu nah an der Stadt."
"Aber hier haben wir doch alles. Waffen, Essen, sogar einen Generator. Das perfekte Prepper-Haus", ich beobachte einen kleine Zombiejungen, der gegen einen Baum rennt und umfällt. Das hätte vielleicht einmal lustig ausgesehen, aber irgendwie bleibt mir das Lachen im Hals stecken. "Wir sollten hier nie mehr weg."
Ich spüre förmlich, wie sich die Räder in seinem Kopf drehen. Sein auf die Theke gestützer Arm ist angespannt, die Augenbrauen zusammengezogen.
"Warum willst du auf keinen Fall hier bleiben?", frage ich.
"Ich hab ein schlechtes Gefühl dabei, okay?", murmelt er, ausweichend.
"Ein schlechtes Gefühl?", fauche ich. "Du willst unsere Leben mal wieder aufs Spiel setzten, nur weil du ein schlechtes Gefühl hast?" Ich glaube, der spinnt.
Und er sieht mich einfach nur an. Irgendwie - traurig? Mitleidig? Genervt schnaube ich und humple aus der Küche. Ich kann mal wieder nicht in einem Raum mit ihm sein.
Matt Taketer's P.O.V.
"Warum willst du auf keinen Fall hier bleiben?", ihre Augen blitzen, aus Neugier oder Wut, ich bin mir nicht sicher. Weil du sonst verreckst, hätte ich ihr am Liebsten ins Gesicht geworfen. Weil du fiebrig wirst bis du verbrennst oder dein Bein abfällt oder was weiß ich passiert, und weil in diesem Scheiß Medizinschrank kein einziges verschissenes Antibiotikum zu finden ist. Aber aus irgendeinem Grund bringe ich es nicht übers Herz, ihr die Wahrheit zu sagen, also sage ich nur: "Ich hab ein schlechtes Gefühl dabei, okay?", und hoffe, dass sie es dabei belässt.
Vielleicht kann ich es ihr nicht sagen, weil ich es selbst nicht wahrhaben will. Weil ihre Augen so glänzen, weil der Schnee schmilzt und ich Hoffnung auf den Frühling haben will, weil ich sie in meinen Arm schließen will und einfach nichtmehr loslassen. Weil sie mir gehört und nicht sterben darf.
Na toll. Jetzt schreit sie mich an, und hüpft ungeschickt von der Theke, wobei sie fast hinfällt. Bevor ich sie auffangen kann, rappelt IJ sich auf und humpelt aus der Küche. Sie glaubt vermutlich, dass die ganze Szene dramatischer war, als sie aussah. Ich fand es irgendwie süß.
Seufzend wende ich mich dem Fenster zu und runzle die Stirn. Wie bringe ich sie an Bord? Was kann ich ihr versprechen, das besser ist als dieses Haus voller lebensnotwendiger Vorräte? Vielleicht kann ich mich einfach über Nacht in die Stadt schleichen, zur nächsten Arztpraxis, und Antibiotika finden. Aber sind die alle gleich,hilft jedes Antibiotikum bei Blutvergiftung? Vermutlich nicht. Ich habe mich in meiner Vorbereitung für die Apokalypse eindeutig zu viel auf die coolen Waffen und zu wenig auf die medizinischen Aspekte vorbereitet. Genervt streiche ich mir durch die verfilzten, trockenen Haare, und habe prompt eine Spinne in der Hand. Schön. Ich setze die Spinne vorsichtig am Fensterbrett ab.
"MATT", der Schrei dringt mir durch Mark und Bein, und in Sekundenschnelle habe ich die Pistole von der Theke neben mir in der Hand und renne, so schnell ich kann, auf sie zu.
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Die Zombieapokalypse und was das Leben sonst so mit sich bringt
HorrorIrina ist 16, Einzelkind (also Verwöhnung pur) hat eine tolle beste Freundin, einen liebevollen, sexy Freund und gehört zu den beliebtesten Leuten an der Schule. Ihr Leben wäre eigentlich perfekt, doch eins macht das ganze kaputt - wieso muss ausge...