Die Zombieapokalypse und was das Leben noch so mit sich bringt

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"Iri? Kommst du?", ruft meine Freundin Jackie von der Tür unserer Klasse aus. Es ist Donnerstag, und die letzte Stunde ist endlich vorbei.

"Sofort", ich zerre ungeduldig am Reißverschluss meines Rucksacks, als Tio von hinten an mir vorbei fasst, den Verschluss mit einem Ruck zuzieht und mir einen Kuss in den Nacken drückt. Ich lächle ihn strahlend an, nehme seine Hand und gemeinsam mit Jackie und ihrer kleinen Schwester Saskia verlassen wir die Schule.

Tio und ich gehen ein Stück hinter den beiden her zur Bushaltestelle.

"Jackie sollte Sassi in ihrer eigenen Klasse Freunde finden lassen", meint Tio. Es ist die erste Schulwoche nach den Ferien und Saskia ist neu an der Schule, mit elf Jahren in der ersten Klasse Unterstufe. "Wenn sie immer nur mit uns rumhängt wird sie noch zum Mobbingopfer"

"Klingt echt logisch", ich muss lachen und küsse ihn auf die Wange. "Kommst du noch mit nach Hause?"

"Sind deine Eltern denn nicht da?", fragt Tio besorgt. Mein Vater hat ihn letztes Mal als er uns beim Knutschen in meinem Zimmer erwischt hat, hochkant rausgeworfen. Mit sechzehn Jahren einen Freund? So weit kommts noch, ich will diesen Jungen nie wieder sehen habe ich mich klar genug ausgedrückt??

Ich schüttle den Kopf und grinse. Mein Vater ist bei der Arbeit und meine Mutter besucht Oma im Altersheim.

"Iri? Tio?", ruft Jackie zu uns nach hinten und ich ziehe Tio mit zu den beiden.

"Und wie gefällt dir die Schule?", Tio setzt seinen typisch sarkastischen Smalltalk bei Saskia ein.

"Besser als dein Gesicht", das kleine blonde Mädchen grinst von einem Ohr zum anderen und Jackie und ich prusten vor Lachen. Tio guckt etwas verdattert.

"Unser Bus!", stellt Jackie fest und umarmt mich. "Bye Irina"

"Auf Wiedersehen Jackienda" Wir hassen unsere Namen.

"Ciao Timothy", Saskia grinst, und während wir ihnen hinterherwinken rennen die beiden zu dem weiß-grünen Schulbus.

Ich drehe mich zu Tio und er zieht mich zu sich heran. Mein Kopf passt perfekt in die kleine Vertiefung unter seinem Schlüsselbein, wo ich sein Herz schlagen höre.

Plötzlich hallt ein gellender Schrei über die riesige Haltestelle. Wir reißen beide den Kopf herum und sehen einen Jungen auf den Stufen des Schulgebäudes stehen, der seine Zähne in den Arm unserer Biologielehrerin gegraben hat. Er reißt mit einem Ruck ein Stück Fleisch aus ihrem Arm, während sie kreischend um sich schlägt und sich befreien kann. Blut trieft aus dem Mund des Jungen, das selbe Blut verschmiert den Boden über den die Lehrerin von ihm wegkriecht. Sie bleibt zuckend am Boden liegen, während der Sechstklässler mit humpelndem Gang auf die Schülermassen zukommt.

Ich bin völlig erstarrt, gefesselt von dem Blick aus seinen durchgehend weißen Augen, die gleichzeitig aussehen als könnte er nichts und alles sehen.

Tio packt mich hart am Arm, zerrt mich über den Hof und in den Bus, der immer noch dort steht. Der Fahrer starrt, wie alle anderen auch, den Jungen an, der sich auf einen Zweitklässler stürzt.

"Nun fahren Sie schon weg hier verdammt nochmal!", brüllt Tio den Busfahrer an, der perplex den Motor startet und den Gang einlegt. Beim Geräusch des Motors lösen sich mehrere hundert Schüler aus ihrer Starre, wirbeln herum und rennen auf den Bus zu. Hunderte von Schülern die diesen Bus aufhalten würden, diesen Gedanken lese ich in Tios Gesicht ab, denn er fasst am Busfahrer vorbei und legt die Schalter um, welche die Türen schließen.

"Los jetzt!"

Der Busfahrer gibt Gas und als ich über die Köpfe hinweg nach draußen starre trifft mein Blick den einer Klassenkameradin. In den hinteren Reihen der Menschenmenge dort draußen liegen viele zuckend am Boden, die vorderen rennen bereits in alle Richtungen fort. Doch das Mädchen dort, die in Englisch neben mir sitzt, steht nur da und starrt mich an.

Der Bus biegt um die Ecke und die Schule ist außer Sicht.

Foto: Irina

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