Der Boden knarrt unter unseren Füßen, als wir in der Villa durch den breiten Gang tappen. Durch einen Torbogen treten wir in einen sehr hohen Raum, in dem eine gesamte Wand uns gegenüber aus Glas besteht. Silbriges Mondlicht scheint hindurch in den Raum und ich erkenne die Umrisse heller Ledersitzmöbel, eines Flatscreens an der Wand und die von ein paar Regalen. Ein leises Klicken ertönt als Tio den Lichtschaler betätigt und im selben Moment gehen die Deckenlampen an und strahlen den modernen, eher kühl wirkenden Raum aus. Tio lässt sich auf die weiße Couch sinken und schließt erschöpft die Augen. Wenige Sekunden später ist er eingeschlafen und ich betrachte ihn nachdenklich. Seine Haut ist dreckig und blutig, seine Klamotten zerfetzt und feucht. In dem steril wirkenden Platz sieht er unpassend und vor allem umso verletzter aus.
Mit einem Seufzen verlasse ich den Raum und suche in dem mir fremden Haus nach einem Badezimmer, wo ich hoffentlich einen Verbandskasten finde. Nachdem ich die Türen eines Schlafzimmers und einer in den Keller führenden Treppe geöffnet habe stoße ich hinter der dritten Tür auf ein großes Badezimmer. Die Mitte des Raumes nimmt ein Wirlpool ein, hinter einem Raumtrenner steht eine Toilette und auf der anderen Seite des Raumes hängt ein geschlossener schwarzer Duschvorhang.
Über einem Waschbecken hängt ein Spiegelschrank. Ich durchquere eilig den Raum, in dem meine Schritte laut wiederhallen, reiße den Schrank auf und durchstöbere ihn mit hektisch zitternden Fingern. Neben einer Menge Kosmetikartikel finde ich Aspirintabletten, Mullbinden und Zugsalbe. Ich nehme die spärlichen medizinischen Hilfsmittel heraus und zusätzlich noch eine Nagelschere und Pinzette. Als ich den Schrank schließe fällt mein Blick auf mein Spiegelbild. Meine Wangen sind eingefallen und ich habe dunkle Ringe unter den Augen. Ich stütze die Hände auf den Waschbeckenrand und atme tief durch um meine Gedanken zu ordnen.
Bald wird der dritte Tag anbrechen, seit ich die Stadt verlassen habe. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, seit ich Jackie verloren habe. Bei dem Gedanken an meine beste Freundin zieht sich mein Herz zusammen und ich konzentriere mich schnell wieder auf mein Spiegelbild.
Ich wasche mir rasch das Gesicht und leihe mir etwas Makeup und Wimperntusche aus. Duschen und ordentlich herrichten kann ich mich auch später.
Bevor ich zurück zu Tio kann muss ich allerdings noch dringend aufs Klo, also setze ich mich hin und starre an die Wand, während ich mich erleichtere.
Bei einem leisen Rascheln drehe ich alarmiert den Kopf und sehe, wie sich der Duschvorhang bewegt. Ich springe auf und zerre meine Jeans hoch, den Blick starr auf den Vorhang gerichtet, hinter dem ein Zombie hervorstolpert. Sofort schießt mein Puls nach oben und ich stolpere über mein Hosenbein und knalle der Länge nach auf den Boden, wo ich voll mit dem Gesicht aufschlage und vor Schmerz aufschreie.
"Fuck", zische ich und rapple mich auf. Bevor ich weiterstolpere ziehe ich die Hose ganz hoch und krache gegen die Tür. Ich fummle am Türknauf herum, der sich nicht dreht, als der Zombie gegen mich rennt und mich am Arm packt. Ich kreische so laut ich kann und atme bei dem Verwesungsgestank der von dem Ding ausgeht instinktiv möglichst flach. Ich stoße ihn von mir weg und er gibt ein ekelhaft stöhnedes Schmatzen von sich und reißt den Mund auf, als er wieder auf mich zukommt. Ich schlage panisch gegen die Tür und drehe am Knauf, stoße währenddessen mit einem Fuß nach hinten gegen den Oberschenkel des Zombies. Dieser fällt zur Seite um, ich reiße die Tür auf und will hinausstürmen, doch er packt mein Fußgelenk und ich zerre so fest ich kann daran. Die Fasern des Zombiearmes reißen und ich knalle die Tür zu. Die knochige Hand krallt sich immer fester um mein Fußgelenk und ein dumpfes Kratzen dringt aus dem Badezimmer. Ich sprinte ins Wohnzimmer und schnappe mir den Dolch aus Tios Gürtel, mit dem ich unter die Zombiefinger hinein bohre. Heißer Schmerz geht von meinem Bein aus, als ich aus Versehen in mein eigenes Fleisch schneide. So schnell es geht durchschneide ich die Finger des Zombies. Nur, dass diese nun am Boden liegend herumkriechen, und zwar einzeln. Fünf abgetrennte Finger und der Handrücken an dem ein Stück Handgelenk hängt winden sich über den Fußboden - auf der Suche nach Menschenfleisch. Mein Herz hämmtert hart gegen den Brustkorb und ich springe auf die Couch neben den schlafenden Tio, wo die Handteile nicht hinaufgelangen können. Wie ist es überhaupt möglich, dass diese noch leben, geschweige denn sich fortbewegen? Und mal so nebenbei, wie ist es möglich, dass Tio so tief schläft? Auf der Couch, sicher vor den Händen, legt sich langsam meine Panik und ich denke an Matts Unterricht zum Thema Zombiegeschichte zurück. Ein Zombie ist nur dann tot, wenn sein Oxipitallappen zerstört ist. Das ist ein Teil des Gehirns, der sich im Hinterkopf befindet, hallt Matts Stimme in meinem Kopf nach und ich ignoriere den Schmerz, den mir die Erinnerung bereitet.
Ich umfasse den Dolch fester und renne zurück zum Badezimmer. All meinen Mut zusammenraffend drehe ich an dem Türknauf und hebe die Waffe hoch. Die Tür springt auf und der Zombie fällt in den Gang heraus direkt vor meine Füße. Für den Bruchteil einer Sekunde blähen sich seine Nasenflügel und seine Augen zucken, doch sofort darauf fokussiert er seinen Blick auf mich, wendet sich mir zu und versucht gleichzeitig aufzustehen und auf mich zuzukommen. Doch ich halte lediglich die Luft an und ramme ihm mit voller Kraft die Klinge in den Schädel. Ziehe sie heraus und steche wieder und wieder zu. Selbst als er bereits zu Boden gesunken ist und sich nicht einmal mehr bewegt steche ich schluchzend weiter auf ihn ein, bis der Schädel und das Gehirn über den ganzen Teppich verteilt sind und er vor Blut und verwesendem Fleisch strotzt. Mein Herz hämmert und ich sinke gegen die Wand und schließe die Augen, während meine Hände über die blutige Wunde an meinem Fußgelenk streichen und ich den Dolch in der Hand drehe, den Gestank der verrotteten Leiche nehme ich kaum noch wahr.
Mein Herz hämmert.
Foto: Wohnzimmer
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Die Zombieapokalypse und was das Leben sonst so mit sich bringt
HorrorIrina ist 16, Einzelkind (also Verwöhnung pur) hat eine tolle beste Freundin, einen liebevollen, sexy Freund und gehört zu den beliebtesten Leuten an der Schule. Ihr Leben wäre eigentlich perfekt, doch eins macht das ganze kaputt - wieso muss ausge...