Jackies P.O.V.
"Auuu", zische ich und reiße die Hand zurück.
Ich presse meine Lippen auf sie versengte Haut und lasse Speichel an das wunde Fleisch gelangen, wo das Feuer mich verbrannt hat.
"Alles okay?", fragt Johnny mich und legt einen Arm um meine Schultern.
"Klar, ich hab mich nur ein wenig verbrannt", murmle ich, richte mich vollständig auf und lehne mich an seinen Oberkörper, der sich in ruhig entspannter Atmung hebt und senkt.
Knapp einen Monat ist es her, dass Saskia verschwunden ist. Anfangs haben alle nach ihr gesucht, wenn auch nicht aus eigener Hoffnung, dann zumindest, um mich in meiner Hoffnung zu unterstützen.
Ich wollte niemals wahrhaben, meine kleine Schwester könnte vor mir gehen, doch als wir diesen heftigen Streit hatten und sie am nächsten Tag unauffindbar war, gingen mir Geschichten aus Horrorfilmen durch den Kopf.
Szenarien, in denen sie schluchzend durch dunkle Wälder rannte mit dem heißen Atem ihrer Verfolger im Nacken. Ich sah sie vor mir, ihr Stolpern und ihren Tod, auf tausende von Arten sah ich sie sterben.
Johnny streicht mir übers Haar und ich schließe die Augen, während ich versuche, mich an die Zeit davor zu erinnern.
Damals liebte ich den Schlaf. Ich konnte es Abends kaum erwarten, für ein paar Stunden dem Alltagsstress zu entgehen, alle Probleme hinter mir zu lassen und ins süße Traumland einzutauchen. Ebenso hasste ich es, morgens aufzustehen, mich wieder dem Leben zu stellen und meine Probleme zu lösen.
Heute ist es anders. Ich werde von Alpträumen geplagt und habe Angst vor dem Einschlafen. Wenn ich mitten in der Nacht schreiend und mit hämmerndem Herzen aufschrecke, kann ich mich nicht einfach umdrehen und weiterschlafen.
Viel eher stehe ich früh morgens oder oft auch nachts auf, suche mir irgendeine der unzähligen Arbeiten, die irgendjemand angefangen hat, um sie dann liegen zu lassen, und führe sie zu Ende.
So glänzt der Boden der Fabrikhalle, das Dach ist komplett fertig gedämmt und auch die Berichte sind geschrieben. Wann immer das hier ein Ende finden wird, man wird in den Geschichtsbüchern lesen können, was wir hier zustande gebracht haben.
"Komm, leg dich zu mir", murmelt Johnny in mein Ohr und zieht mich zu unserer Matratze in der Nähe eines der Lagerfeuer.
Ich lasse zu, dass er seine Arme um mich schlingt und mich mit seinem Körper wärmt, lausche seinem Atmen und dem Lachen meiner Freunde am Feuer, die unbeschwerter sind als an den meisten anderen Abenden.
Selbstverständlich gebe ich mir selbst die Schuld an Saskias Verschwinden. Hätten wir uns nicht gestritten, könnte ich jetzt über ihr kleines blondes Köpfchen streichen und sie in den Arm nehmen.
Doch ich frage mich nicht selten, ob ich ebendies täte, wenn sie hier wäre.
Als wir anfangs hierher kamen, war mir am wichtigsten, mit den Leuten in meinem Alter zu kommunizieren, Anschluss zu finden, und auch Freunde.
Sassi war dabei wohl etwas zu kurz gekommen... erst nachdem sie weggelaufen war, wurde mir klar, wie sehr sie mich nach dem Tod unserer Eltern gebraucht hätte.
Ich hätte mich so um sie kümmern und ihr in ihrer Trauer helfen sollen, wie Johnny es nach Saskias Verschwinden für mich getan hatte. Und sich damit irgendwie in mein Herz geschlichen hatte...
Vor zwei Tagen waren die Suchtrupps eingestellt worden. Man könne davon ausgehen, dass Sassi, falls überlebend, wohl irgendwo untergekommen sei.
Johnny atmet tief und gleichmäßig aus und ein, mein Kopf auf seinem Brustkorb wird langsam angehoben und abgesenkt, während ich eine weitere Nacht gegen den Schlaf ankämpfe und in die dunklen Schatten am Rande des Fabrikgebäudes starre.
Die leise schlurfenden Schritte von draußen entgehen mir dabei keineswegs.
Foto: Jhonny
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Die Zombieapokalypse und was das Leben sonst so mit sich bringt
HorreurIrina ist 16, Einzelkind (also Verwöhnung pur) hat eine tolle beste Freundin, einen liebevollen, sexy Freund und gehört zu den beliebtesten Leuten an der Schule. Ihr Leben wäre eigentlich perfekt, doch eins macht das ganze kaputt - wieso muss ausge...