#35 - compass

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song(s) für's chapter: MIDNIGHT MIXTAPE 7 - THE HIM
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Kleine, sanfte Berührungen an meinem Nacken holten mich langsam aus meinen Träumen in die Wirklichkeit. Ich bewegte meinen Kopf etwas, um den kitzelnden Berührungen zu entkommen, doch daraufhin vernahm ich nur ein tiefes Lachen direkt an meinem Ohr. Nachdem ich mehrmals mit meinen Augen geblinzelt hatte, öffnete ich diese komplett und schaute mich verwirrt um.

Es war unnormal hell, sodass ich nur die aus Holzplatten bestehenden Wände direkt vor meinen Augen wahrnahm. Und es war auch ziemlich heiß, weshalb ich kurzerhand die Decke ergriff und ein Stück herunter zog.

"Babe, wenn du mich morgens immer so begrüßt, schläfst du ab jetzt immer neben mir", hörte ich Felix' von der Nacht raue Stimme neben mir und drehte meinen Kopf, der im Nacken etwas verspannt war, zu ihm um ihn anzulächeln. Als sich unsere Augen trafen, fiel mir alles von letzter Nacht wieder ein. Unsere Küsse, unsere Berührungen, die Hitze zwischen uns beiden.

Ich spürte, wie mein Gesicht an Röte annahm, und schlug meinen Blick nieder. Doch als ich feststellte, dass ich nackt war und Felix gerade meine Oberweite präsentiert hatte, wurde ich noch röter und zog die Decke schnell wieder hoch. Schüchtern blickte ich zu Felix hoch, der mir ein breites, wissendes Grinsen schenkte.

"Guten Morgen", meinte ich leise und auf meinen Lippen formte sich ebenfalls ein kleines Grinsen.

"Der Morgen könnte nicht besser sein", antwortete er und ließ seine Hand durch meine langen, zerzausten Haare gleiten. Dann beugte er sich zu mir vor und gab mir einen kleinen Kuss auf meine Lippen, den ich seufzend erwiderte.

Ich verschränkte meine Hand mit seiner und platzierte meinen Kopf vorsichtig auf seiner Brust, um einfach den Moment zu genießen. Nur wir beide, alleine. Es war erstaunlich, wie anders ich heute im Gegensatz zu gestern - vor unserem Gespräch - über diese Situation dachte.

"So gerne ich auch hier mit dir liegen bleiben würde... Wir sollten uns mal auf den Weg machen", meinte Felix nach einer Weile leise, während er mit seinen Händen sanft durch meine Haare fuhr.

Mit einem verzweifelten Ausdruck schaute ich zu ihm und fragte: "Welchen Weg? Wir wissen doch nicht mal, wo wir hin müssen."

"Hey, wir finden schon zurück", meinte Felix aufmunternd und fuhr mir immer wieder beruhigend mit seiner großen Hand über meinen Kopf. Tatsächlich beruhigte mich der Kontakt unserer Haut etwas und ich atmete mehrmals tief durch.

Schließlich stand Felix auf und griff zu seiner Kleidung, während ich meine Augen schnell wieder schloss, damit ich ihn nicht anstarrte. Nicht, dass er das unhöflich fand. Andererseits konnte man es mir nicht verübelt, wenn er so wenig anhatte.

Ich blinzelte vorsichtig durch mein rechtes Auge, um zu schauen, ob Felix schon fertig war, was auch der Fall war. Doch dann spürte ich plötzlich etwas auf meinem Gesicht und schrie kurz überrascht auf. Von Felix hörte ich ein lautes Lachen, während ich mir panisch die Kleidungsstücke, die er auf mich geworfen hatte, vom Kopf zog.

"Idiot", murmelte ich, während ich mir meine Unterwäsche unter der Decke anzog. Dann musste ich wohl oder übel aufstehen, um mir bei ihm meine restliche Kleidung zu holen. Ich atmete noch einmal tief durch, streckte mein Kinn selbstbewusst in die Höhe und stand dann auf. Nur in Unterwäsche bekleidet lief ich auf ihn zu, wobei ich seinen Blick meinen Körper auf- und abgleiten sah. Wortlos reichte er mir meine Kleidungsstücke, die ich dann schnell anzog.

"Ausziehen gefällt mir deutlich besser als Anziehen", murmelte Felix, was mich kichern ließ. Seit wann ließ er solche Sprüche los und benahm sich wie ein pubertärer Schüler? Manchmal fragte ich mich echt, wer von uns beiden der erwachsenere war - eindeutig ich, gar keine Frage.

"Okay, was machen wir jetzt?", fragte ich, als wir aus der Hütte traten und unsere Rucksäcke wieder auf unserem Rücken befestigten. Es schien noch sehr früh zu sein, da die Luft noch ziemlich feucht war und man in der Ferne Nebel erkennen konnte. Es war recht frisch, aber die Sonne breitete eine angenehme Wärme auf meiner Haut aus.

Felix holte einen kleinen Gegenstand aus seinem Rucksack und ich trat näher zu ihm, um diesen zu betrachten. Ein Kompass?! Zweifelnd zog ich meine Augenbrauen hoch und betrachtete ihn. Felix ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und drehte sich im Kreis, bis er in eine Richtung stehen blieb.

Als er seinen Kopf zu mir drehte, bemerkte er meinen verwirrten Blick und grinste. "Was?! Ich war bei den Pfadfindern", meinte er und streckte seine Brust stolz ein Stück weiter heraus. Das ließ mich laut loslachen, doch ich trat neben ihn und folgte ihm an seiner Seite einen Weg entlang, den ich von alleine niemals eingeschlagen hätte.

Nachdem wir nochmals mehrere Stunden lang gegangen waren, knurrte mein Magen laut und ich verlor langsam aber sicher die Lust am Wandern. "Sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind?", fragte ich verzweifelt. Meine schlechte Laune konnte man meiner Stimme eindeutig anhören, aber Felix griff nur nach meiner Hand und zog mich weiter mit sich. Wie hielt er das nur mit mir aus?

Doch schon nach einigen weiteren Minuten bemerkte ich in mehreren Hundert Metern Entfernung ein großes Haus, das doch tatsächlich aussah wie -

"Oh mein Gott, wir haben es geschafft! Schau, dahinten ist unsere Jugendherberge!", rief ich begeistert und zog Felix an meiner Hand hinter mir her, während ich darauf zu rannte. Felix hielt leicht mit mir Schritt und wir grinsten uns erleichtert an.

Kurz bevor wir die große Eingangstür erreichten, öffnete diese sich und eine grinsende Maite trat heraus, die uns entgegen gerannt kam. Ohne zu stoppen, lief sie auf uns zu und zog sowohl mich als auch Felix in eine enge Gruppenumarmung. Als wir uns schließlich wieder voneinander lösten, hielten Felix und ich unsere Hände immer noch nicht miteinander verschränkt.

"Dreylis, ich bin mindestens 17 Tode gestorben! Wo zum Teufel wart ihr? Alle sind total verwirrt und Frau Meermann ist sogar schon am trauern", erzählte sie aufgeregt und blickte immer wieder zwischen Felix und mir hin und her.

"Wir haben uns verlaufen", erklärte ich atemlos, "Gott, ich bin so froh, dass wir es zurück geschafft haben."

"Ich hab's dir doch gesagt", meinte Felix mit einem breiten Grinsen und drückte meine Hand fester. Am liebsten würde ich ihn nun zu mir ziehen und ihn küssen, aber das erschien mir in Maites Anwesenheit unpassend. Deswegen musste ein ehrliches Lächeln für's Erste reichen, was es im Moment auch voll und ganz tat.

teach me. | dnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt