[1] Bella Italia

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Leider hatte ich von Griechenland aus nicht viele Option, wo ich hin könnte. In den Nachbarländern war ich schon und in der Türkei auch. Wenn ich durchs Meer schwimme, komme ich direkt nach Italien und eigentlich ist Italien das einzige Land, wo ich noch nicht nach meinen Eltern gesucht habe. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich sie dort finde ist sehr hoch. Doch genauso hoch ist die Wahrscheinlichkeit von den Volturis geschnappt zu werden. Obwohl wenn ich mich unauffällig verhalte, bin ich uninteressant für sie. Ach was, soll. No Risk, no Fun.

Also machte ich mich auf dem Weg nach Italien. Zunächst fing ich an die Inseln abzuklappern, also Sizilien und Sardinien. Meine Eltern fand ich dort zwar nicht, aber ich verbrachte trotzdem auf beiden Inseln jeweils wunderschöne Wochen. Es mag auch daran liegen, dass ich immer noch hadere nach Italien zu gehen. Aber soweit ich weiß ist der Sitz der Volturi in Volterra und wenn ich erstmal in die bekannteren Städte Pisa, Florenz, Venedig und natürlich Rom reise, komme ich Volterra denke ich erstmal nicht zu nahe. Gestern habe ich beschlossen, heute Abend abzureisen.

„Hey Amelia, willst du mit mir ein letztes Mal an den Strand? Du meintest ja du wolltest heute Abend weiter reisen,“ fragte mich Hailey. Ich habe sie hier auf Sizilien im Hotel kennengelernt und wir verstehen uns sehr gut miteinander. Sie stört es auch nicht, dass ich blind bin. „Ja gerne. Dann lass uns aber jetzt schon los, damit wir noch ein schattiges Plätzchen ergattern," meinte ich lächelnd. Sie stimmte mir zu und ging nochmal eben zurück in ihr Zimmer. Ich zog mir meinen Bikini an und steckte vorsorglich Sonnencreme ein. Dadurch, dass ich ein Halbvampir bin, glitzere ich zwar nicht in der Sonne, aber ich bekomme rote Brandflecken, wenn ich zu lange der Sonne ausgesetzt bin. Sonnencreme hilft dagegen ein wenig, aber trotzdem bevorzuge ich wie alle Vampire den Schatten.

Hailey war nach wenigen Minuten auch schon wieder bei mir im Zimmer und gemütlich schlenderten wir dann zum Strand. Ein Glück war es heute nicht so heiß. „Sieh mal, da ist ein schöner schattiger Platz... oh sorry,“ rief Hailey begeistert aus, entschuldigte sich aber auch sofort wieder. Ja, manchmal vergaß sie es, dass ich blind bin. „Alles gut, führe mich einfach hin,“ entgegnete ich ihr beruhigend lächelnd. Daraufhin nahm sie meine Hand und zog mich hinter sich her. Dabei spürte ich den heißen Sand unter meinen Füßen und hörte kräftige Wellen gegen das Ufer schlagen. Scheint wohl heute ein heftiger Wellengang zu sein.

„Vielleicht sollten wir bei dem Wellengang erstmal nur liegen," schlug ich vor. „Ja du hast recht," stimmte sie mir zu und ich hörte Geraschel im Sand. Vermutlich hat Hailey ihr Handtuch ausgelegt. Warte mal Handtuch? Oh shit ich habe meines vergessen. „Oh man, Hailey ich muss nochmal zurück zum Hotel. Ich habe ein Handtuch vergessen," teilte ich ihr eilig mit, worauf ich sie allerdings nur Lachen hörte. „Musst du nicht. Ich habe eins für dich mitgenommen, da ich mir schon dachte, dass du das vergisst," erklärte sie sich und ich lächelte ihr dankbar zu. Ich hoffte jedenfalls, dass ich das tat. „Ich habe es schon für dich mit ausgelegt," teilte sie mir noch mit. „Danke Hailey, aber ich bin blind und nicht querschnittsgelähmt oder sowas," wies ich sie sachte zurecht, denn ich will keinesfalls undankbar rüber kommen.

Seit langer Zeit habe ich in Hailey sowas wie eine Freundin gefunden. „Ups sorry." „Schon gut, du könntest mir dafür als Wiedergutmachung meinen Rücken mit der Sonnencreme eincremen," meinte ich verschmitzt und hielt ihr die Tube hin. „Wenn Madame es so wünscht," scherzte sie und nahm mir die Tube aus der Hand. Ich nickte lachend und drehte mich um. Mit meiner Hilfgabe schaute ich mich ein wenig um. Es waren viele Menschen heute am Strand, die meisten lagen natürlich in der Sonne und ich konnte sehen wie einige Kinder etwas bauten. Es waren aber keine normalen Sandburgen sondern eher Sandskulpturen. „Ich glaube hier findet heute ein Sandskulpturen Wettbewerb statt," sprach ich mein Gedanke laut aus. „Ich glaube du hast recht. Wollen wir fragen, ob wir noch mit machen können?" fragte Hailey begeistert und drückte mir die Tube wieder in die Hand. „Klar, können wir gerne machen. Du kannst ja schon mal gucken, ob du jemanden findest zum fragen, während ich mich weiter eincreme," erwiderte ich, weil ich ihre Euphorie regelrecht spürte. „Ist gut, ich komme dann noch mal wieder. Dann musst du mich nicht suchen," sagte sie noch ehe ich hörte wie sich ihre Schritte entfernten. Wie ich es ihr gesagt hatte, cremte ich mich weiter ein und setzte mich auf das Handtuch.

„Könnte ich mich kurz zu ihnen setzen?", fragte plötzlich wie aus dem nichts eine mäniche Stimme. Ich stoppte in meiner Bewegung und sah auf. Meine Gabe sagte mir, dass vor mir ein groß gewachsener Mann stand, doch von ihm ging keine Wärme aus. Das heißt dieser jemand ist ein Vampir. Oh shit. Okay, Amelia verhalte dich einfach ganz natürlich. „Natürlich, setzen sie sich ruhig," antwortete ich zögerlich. Ein 'Nein' hätte der Vampir sicherlich nicht gelten lassen. An dem wieder raschelnden Sand nahm ich an, dass er meiner 'Einladung' nach kam.

„Ich wollte wirklich nicht lauschen, aber ich habe mit bekommen, dass sie blind sind. Ich finde es wirklich faszinierend wie sie damit umgehen und sie wirken auch nicht hilflos. Darf ich fragen wie sie das in der Art schaffen?", fragte er neugierig. Ich musste mir wegen dem 'nicht lauschen' ein schmunzeln verkneifen, da ich ja wusste wie sensibel das Vampirgehör ist. „Es ist alles eine Sache der Übung. Ich bin schon sehr lange blind und irgendwann lernt man damit umzugehen und dafür sind die anderen Sinnesorgane ausgeprägter. Das ist auch so bei stummen oder tauben Menschen. Die Natur gleicht alles aus," erwiederte ich mit einer gewissen Weisheit. Der Vampir schweigt kurz.

„Wahre und weise Worte. Es scheint aber dennoch so als wäre sie hier nicht heimisch. Wo kommen sie ursprünglich her?" „Aus Kanada," antwortete ich knapp, denn irgendwie kam mir das wie ein Verhör vor und ich vetraute dem Vampir nicht. „Was führt sie dann nach Sizilien oder besser gesagt nach Italien, meine Liebe?", fragte er weiter. „Ich suche meine leiblichen Eltern. Sie sind kurz nach meiner Geburt verschwunden und ich kam in die Obhut meiner Patentante Zoey," erklärte ich. Wieder schwieg der Vampire kurz und ich konnte sein Verhalten nicht deuten. „Ein wunderschönes Medallion haben sie da, dürfte ich es mir mal ansehen?", fragte er und Unglaube schwank in seiner Stimme mit. Natürlich würde ich ihm mein Medallion, was ich seit dem Tag immer um den Hals trug, nicht geben. Zudem war mir sein Verhalten nicht geheuer. Zum Glück hörte ich wie sich Schritte näherten, Hailey's Schritte. Danke Hailey, du bist meine Rettung.

„Amelia, komm. Wir können noch mitmachen," sagte sie, aber ihre Stimme wurde immer verwundeter und irritierter zum Ende hin. Ich spürte förmlich ihren Blick auf mir. „Ja, natürlich," sagte ich erleichtert, ließ mir das aber nicht anmerken. „Es war nett mit ihnen zu plaudern. Schönen Tag noch," wandte ich mich ein letztes Mal an den Vampir und stand auf. Durch erneutes Geraschel im Sand bemerkte ich, dass der Vampir ebenfalls aufstand. „Gleichfalls, Amelia gleichfalls," erwiderte er und klang dabei nachdenklich. Das ist aber nicht das was mir sonderlich auffiel sondern eher die Art und Weise wie er meinen Namen aussprach. Seine Aussprache gefiel mir irgendwie nicht oder besagt eher nicht der Unterton, den ich allerdings nicht wirklich beschreiben kann. Dann entfernten sich seine Schritte aber auch schon und nur der durchbohrende Blick von Hailey blieb. Sie wollte bestimmt alles wissen.

Ich hörte wie sie schon Luft holte und mich bestimmt augenblicklich mit ihren Fragen bombardieren wollte. Aber ich spürte den Vampir noch in unserer Nähe. „Na dann lass uns mal anfangen. Wir wollen ja schließlich noch in der Zeit fertig werden," kam ich ihr zu vor. Mit meinen Lippen formte ich lautlos den Satz 'Ich werde es dir später erzählen'. Sie nickte kaum merklich und lotzte mich runter zum Strand. Für einige Augenblicke spürte ich noch den Blick des Vampires in meinen Rücken, doch dann schien er entgültig zu gehen.

Puh, das war knapp. Ich denke er hat nicht gemerkt, dass ich ein Halbvampir bin und hält mich einfach nur für ein blindes Mädchen, dass gut mit dieser Situation zurecht kommt und keine Hilfe braucht.

Lost Family || Volturi FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt