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Aftons Blick streifte meinen und zeigte Unsicherheit. Scheinbar hat meine angefangene Drohung Eindruck hinter lassen. Damit wir hier nicht noch bis heute Abend stehen und Aro nicht Afton's Gedanken liest, erbarmte ich mich doch. Ich seufzte und so lenkte ich die Aufmerksamkeit wieder auf mich. „Es war nichts wildes und ich bin eigentlich nur aufgebracht, weil Afton mich hierher geschliffen hat,“ ging ich bewusst hauptsächlich auf die zuvor an mich gestellte Frage ein. Aro zog jedoch nur eine Augenbraue hoch. „Nichts wildes?! Ihr seid die Treppe runtergefallen,“ sprach Afton dazwischen. Ich bedachte ihn daraufhin mit einem bösen Dein-Ernst Blick. Da versuche ich hier Schadensbegrenzung zu betreiben und er fällt mir einfach in den Rücken. Apropos Rücken: Da melden sich die Schmerzen auch gerade wieder. Doofes nachlassendes Adrenalin! „Du bist die Treppe runtergefallen?“, rief Aro aufgebracht und besorgt zugleich. „Meine Güte, ja und?! Es ist ja kein Weltuntergang,“ entgegnete ich, dabei bin ich bemüht gegen den Schmerz zu atmen und mir diesen nicht anmerken zu lassen.

„Wo hast du Schmerzen?“, fragte er mich sanft und stand auf einmal vor mir. „Ich habe keine...,“ „Lüg mich nicht an!“, unterbrach er mich prompt und griff nach meiner Hand. Natürlich ließ ich ihn nicht meine Gedanken lesen. „Lass das!“, knurrte er jetzt. „Lass du es!“, keifte ich zurück. „Dann sag mir die Wahrheit. Wo hast du Schmerzen?“ Auch ohne meine mittlerweile wieder aktive "Seh-Gabe" konnte ich seinen eindringlichen Blick, der keine Widerrede duldete, auf mich spüren. Genervt seufzte ich wieder. „Rechter Fuß und Rücken,“ gab ich widerwillig zu. „Geht doch,“ meinte er zufrieden und betrachtete meinen Fuß. „Markus kannst du dir das kurz ansehen,“ bat er Markus. Hat Markus überhaupt Ahnung von Medizin? „Nein, aber ich habe mir Wissen aus Büchern angeeignet,“ sagte Markus. Verwirrt sah ich zu ihm. „Meines Wissens nach kannst du keine Gedanken lesen,“ entgegnete ich ihm. „Ist auch nicht nötig, wenn du es laut aussprichst,“ erwiderte er grinsend. Highlight des Tages, rot zu makieren: Markus hat gegrinst.

„Verdammte scheiße, hör auf da zu tasten,“ fuhr ich Markus mit zusammengepressten Zähnen an, während er meinen Rücken abtastete. „Amelia!“, streng sah mich Aro an. „Jaja, mein Ton und so weiter, aber das tut weh,“ verdrehte ich die Augen. Seit Markus angefangen hat mich zu untersuchen, fluche ich vor mich hin und Aro ermahnt dann immer meine Ausdrucksweise. Endlich hört Markus auf mich weiter mit Schmerzen zu quälen. „So wie es scheint sind die Rippen nur geprellt und ihr Fuß nur ausgerenkt,“ stellt er seine Diagnose. „Felix würdest du bitte das Einrenken übernehmen?“, wandte er sich anschließend an Felix. „Nie und nimmer. Da renk ich mich schon selbst ein. Am Ende tut er mir mit seiner Stärke meinen Fuß noch abreißen,“ widersprach ich und erntete einen empörten Blick von ihm und zwei Seufzer von den Männern vor mir. Doch all das ignoriert ich gekonnt und ließ mich auf den Boden gleiten. Okay, Amelia du schaffst das. Ein und Ausatmen - ich umfasste meinen Fuß - ein und aus, ein und aus. Mit einer schnellen, kraftvoll ausgeführten Bewegung renkte ich meinen Fuß beim letzten Ausatmen wieder ein, was zwar ein ekliges Geräusch erzeugte, aber Hauptsache mein Fuß steht nicht mehr so komisch ab.

„Jetzt geht ein Stück zurück!“, wies ich die Aro und Markus an. „Wieso was hast du vor?“, fragte Aro skeptisch. „Markus hat vorhin gefragt ob es noch mehr solche Flammen gibt mit sagen wir speziellen Wirkungen und ich sagte ja,“ erklärte ich und hoffte, dass der Groschen von alleine fiel. „Du willst dich mit einer Flamme heilen,“ schlussfolgerte Caius, der immer noch auf seinem Thron saß. „Genau. Bisher habe ich zwar immer nur Tiere geheilt und noch nie mich selbst oder andere, aber wie sagt man so schön: Für alles gibt's ein erstes Mal,“ lächelte ich euphorisch. „Das ist viel zu riskant! Du lässt das schön bleiben! Was wenn du mit der Flamme wirklich nur Tiere heilen kannst?“, zog Aro mir natürlich wieder einen Strich durch die Rechnung. Ich verdrehte die Augen. „Jetzt sei mal nicht so eine Spaßbremse und wie oft muss ich das noch sagen: Ich kontrolliere das Feuer. Es wird mir nicht verletzen.“ „Spaßbremse, ich?“ War ja klar das er nur darauf eingehen würde. „Wer sonst?“, konterte ich gelangweilt. „Ich sorge mich um dich und da nennst du mich eine Spaßbremse?“, meinte er entrüstet und wir sind wieder beim Anfang, denn die Flammen tanzen höher als zuvor.

„Du sorgst dich jetzt?“, ironisch lachte ich und stand wieder auf. „Bisschen zu spät findest du nicht? Wo warst du denn die ganzen Jahre vorher, hmm? Du weißt gar nichts! Du bist ahnungslos! Du denkst du weißt alles: Alles über die Welt, über die Vampire, über mich! Aber gar nichts weißt du. Wie ich aufgewachsen bin, weißt du nicht. Wie Zoey gestorben ist, weißt du nicht. Wer meine Freunde sind, weißt du nicht. Du weißt ja noch nichtmal, wer mich aus Rache zu dir verflucht hat! Du weißt nicht was ich alles durchmachen musste. Ich wusste nichts über das Vampir sein. Nicht wie ich damit umgehen muss. Ich hatte Ängste. Zum Beispiel Angst davor, Zoey umzubringen, wenn ich mein Durst nicht kontrollieren konnte. Angst davor generell die Kontrolle zu verlieren. Du hast keine Ahnung wie schwer das alles war! Also wag es nicht dich jetzt hier aufzuspielen, wenn du nicht den leisesten Schimmer von meinem Leben hast!“, schrie ich ihm die Sätze wütend ins Gesicht, während auch Tränen über meine Wangen liefen.

Es war mucks Mäuschen still im Saal. Aro sah mich sprachlos an während ich aufgebäumt vor ihm stand. „Es tut mir leid. Aber du musst mir glauben, hätten wir gewusst, dass du ein Vampir wärst dann hätten wir dich nicht abgegeben,“ entgegnete Aro reumütig. „Das ist doch der springende Punkt! Nur weil ihr dachtet, ich wäre ein normales Menschenmädchen habt ihr mich abgegeben. Weißt du was traurig ist? - Ihr seid keinen deut besser als andere Eltern, die ihre Kinder weggeben,“ setzte ich noch eins oben drauf. „Amelia, kannst du uns überhaupt nicht verstehen? Wir wollten dir Leid ersparen. Wir wollten dich aus der übernatürlichen Welt raushalten. Wir wollten nicht, dass du eines Tages vor der Entscheidung stehst zwischen Tod oder Leben als Vampir,“ erklärte er. Aro nahm meine Hand versuchte allerdings nicht meine Gedanken zu lesen, was ich ihm in diesen Moment hoch anrechnete. „Deswegen bin ich auch so froh, dass du ein Halbvampir bist und wir dich nicht vor die Wahl stellen müssen. Auch wenn ich die Vergangenheit nicht mehr ändern kann, so warst du für uns immer das wichtigste in unserem Leben,“ fügte er noch hinzu und wischte mit seiner freien Hand meine Tränen beiseite. „Du hast recht, ich weiß nichts über dich und deswegen wollen wir dich auch umso mehr kennenlernen. Allerdings weiß ich eine Sache: Ich bin froh dich meine Tochter nennen zu können.“

Lost Family || Volturi FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt