Ein Klopfen riss mich aus den Gedankengängen. Scheiße! Schnell bildete ich einen Feuerkreis um mein Bett herum, damit niemand das Mädchen mitnahm oder aussaugte und lief dann zur Tür. Gerade als ich sie öffnen wollte, wurde sie von außen geöffnet und mir so vor den Kopf geknallt. „Scheiße, verdammt,“ fluchte ich vor mich hin. „Oh verzeiht, aber wieso kommt ihr auch selbst zur Tür und bittet nicht einfach herein?“, erkannte ich Jane's Stimme. „Schon gut und es ist nun mal persönlicher selbst die Tür zu öffnen,“ erwiederte ich ein bisschen ungläubig über ihre Aussage. „Jedenfalls erwartet Meister Aro euch im Thronsaal,“ kam sie dann direkt zum Punkt. Das hatte ich mir schon gedacht. Er will sicherlich wissen, warum ich gegangen bin. „Ist gut. Ich geh gleich hin,“ willigte ich ein, doch Jane machte keine Anstalten zu gehen. „Sonst noch etwas?“, fragte ich sie daher. „Ihr sollt jetzt sofort kommen,“ antwortete sie. Ich seufzte, aber nickte und folgte Jane zum Thronsaal. Es herrschte Schweigen auf dem Weg dahin. „Wie konntet ihr meine Gabe eigentlich abwehren? Das hat noch keiner geschafft,“ brach Jane die Stille. Überrascht sah ich sie an. „Du weißt selber nicht, wie man deine Gabe abblocken kann?“, hakte ich nach. „Nein, weiß ich nicht,“ gab sie zu. Wieder schaute ich sie überrascht an. Wie kann man selbst nicht alles über die eigene Gabe wissen? „Ich habe einfach an nichts gedacht,“ entgegnete ich schlussendlich knapp. Jane schien nachzudenken oder nickte einfach, denn eine direkte Antwort erhielt ich nicht. „Ich verstehe. Danke,“ sagte sie dann doch. „Wofür?“ „Dass sie es denn anderen nicht gesagt haben, sonst hätte ich bald wirklich keinen mehr zu quälen,“ lachte sie und ich lachte aus welchem Grund auch immer mit.
Dann kamen wir auch schon beim Thronsaal an und die Türen wurden uns geöffnet. Jane stellte sich an eine Säule in der Nähe der Throne, während ich einfach in der Mitte stehen blieb. Ich blieb still und wartete darauf, dass Aro etwas sagte schließlich wollte er mich ja sofort hier sehen. „Du hast das Abendessen zügig verlassen,“ machte Aro nach einer Weile den Anfang. Erwartet er jetzt schon eine Antwort von mir oder fährt er noch fort, weil eigentlich war das nur eine Feststellung. „Hast du überhaupt getrunken?“, fügte er dann doch noch an. „Ja, war das alles was du wissen wolltest?“, fragte ich, denn ich wollte schnell zurück zu dem Mädchen. Der Feuerkreis wird nicht ewig halten, schließlich bin ich nicht im Raum. „Warum hast du dich empfohlen?“ Wie ich dieses Mittelalter Deutsch doch hasste. Er hätte auch einfach fragen können: 'Warum bist du gegangen' So wie er es formuliert hat, spricht doch heutzutage keiner mehr. „Es ging mir nicht gut. Wahrscheinlich noch eine Folge der Heilung,“ log ich. Nun wünschte ich mir sehen zu können, um abschätzen zu können ob er mir meine Lüge abkaufte oder nicht. „Ich verstehe. Nun reden wir nochmal über den Treppensturz,“ wechselte er das Thema. Ich biss mir auf die Unterlippe. Ja darüber wollte er ja auch nochmal reden. „Ich wüsste nicht, was es da noch zu reden gibt,“ erwiderte ich distanziert. Das war wohl nicht die Antwort die er hören wollte, denn er baute sich wütend vor mir auf. Na super, wieso kann ich nicht mal einmal meine Klappe halten. Nur ein einziges Mal!
„Amelia, du bist halb menschlich. Da kannst du dir viel schneller was brechen als wenn du vollkommen unsterblich bist. Noch dazu bist du blind, da kann dir nochmal mehr passieren. Aber im Gegensatz zu anderen Blinden besitzt du etwas, was andere nicht haben: Eine Gabe. Die Hexe hat dir nicht umsonst eine Gabe geschenkt, die dir wenigstens ein bisschen räumliches Sehen ermöglicht. Doch was machst du in einem großen, dir unbekannten Schloss?“ Am Anfang klang seine Stimme noch ruhig, doch wurde er immer lauter. „Du läufst ohne diese Gabe herum! Dabei wusstest du gar nicht, wie die Gänge verlaufen und wo Treppen sind. Warum in Teufels Namen hast du deine Gabe nicht benutzt? Warum?“, donnerte er weiter und sah mich nun an. „Mir war doch auch schon, als ich am Fuße der Treppe lag, bewusst wie dumm das war. Ich brauche nicht nochmal eine Ausführung dazu,“ entgegnete ich darauf und verfluchte mich in selbem Moment dafür schon wieder. Was dachte ich mir auch was diese Worte bringen würden? Das Aro sich beruhigt und sagt:' Hervorragend, dann muss ich dir ja doch kein Vortrag mehr darüber halten, wie töricht das war' oder was? Denn es bewirkte definitiv das Gegenteil! „Warum?“, schrie er mich erzürnt an, weshalb ich auch kurz zusammen zuckte. „Und wage es nicht mich jetzt anzulügen!“, ergänzt er noch in derselben Tonlage. Tatsächlich hatte ich überlegt, ob eine Lüge nicht sogar besser wäre, da der Grund wirklich genau so dämlich war, aber das konnte ich mir dann ja jetzt auch abschminken. Zumal mir eine logische Lüge gerade eh nicht einfällt.
Ergeben nickte ich. „Ich wollte lernen mich ohne meine Gabe hier zurecht zu finden,“ nuschelte ich, aber mit dem Wissen, dass Aro mich genau verstanden hat. Ein scharfes „Wie bitte?!“, verunsicherte mich allerdings in der Annahme. Entweder hat er mich wirklich nicht verstanden oder er ist entsetzt. Heraushören konnte ich das nicht. „Nunja, wenn ich normales zu mir nehme, funktionieren meine Gaben ja nicht und da dachte ich mir versuche ich gleich ohne meine Gabe zurecht zu kommen, falls mir jemand wieder Kaffee oder so unterjubelt,“ führte ich einfach näher aus. Still ist es im Saal und das verunsichert mich. Ist es die Ruhe vor der großen Predigt? Lange musste ich nicht warten, bis Aro dann tatsächlich loslegte. „Wie konntest du in dem Moment so töricht sein? Wo wir das doch wissen würden wir dir das doch nicht antun! Wegen diesem banalen Grund hast du in Kauf genommen dich zu verletzen?“ Durch eine Aussage wurde nun auch ich wieder sauer. „Demetri hat es mir doch schon angetan, obwohl er es wusste. Angst schwingt doch in all euren Körper mit wegen meiner Feuer Gabe. Deswegen ja, ich hätte es euch wieder zugetraut!“ Aro wollte schon wieder ansetzen, doch wurde unterbrochen von Markus. „So kommen wir nicht weiter Aro. Ihr würdet euch nur im Kreis drehen.“ Aro schnaubte setzte sich aber wieder auf seinen Thron. „Jane begleite Amelia zurück zu ihren Gemächern,“ befahl zu meiner Verwirrung Caius. Jane trat zu mir und wir verließen den Thronsaal, dabei war ich total perplex! Ob es an dem abrupten Diskussionensende lag oder daran das Caius mal nichts spöttisches oder provozierendes gesagt hat, vermag ich nicht zu sagen!
„Welche Maßnahme die Meister jetzt auch treffen mögen ihr solltet bedenken, dass Meister Aro diese nur trifft, weil er sich sorgt,“ sprach Jane auf dem Weg. „Was für eine Maßnahme?“, hakte ich nach. „Vielleicht habt ihr auch Glück, aber Meister Aro wird sicher auf eine Maßnahme bestehen ohne kommt ihr glaube ich nicht davon.“ „Wegen dieser Lappalie?“, entrüstete ich mich. „Meister Aro ist besorgt um euch und liebt euch Meisterin schließlich seid ihr seine Tochter. Ich denke es steht mir nicht zu das zu sagen, aber ihr müsst versuchen mehr auf eure Eltern zu zugehen. Sie haben euch wirklich sehr vermisst und haben in dieser Hinsicht auch schon viele Enttäuschungen erlebt,“ erklärte sie. Mein erster Impuls war zusagen 'Du hast recht. Es steht dir nicht zu das zusagen.' Allerdings machte mich der letzte Satz neugierig. „Wie meinst du das? Also das mit den erlebten Enttäuschungen?“, fragte ich daher nach. „Noch bevor die Meister euch weggaben, gab es hier im Schloss ein Ball zu euren Ehren. Einige Wochen nach dem Ball gaben die Meister sie dann in die Obhut ihrer Patentante, da nicht festgestellt werden konnte ob ihr ein Vampir seid. Ich möchte nichts vorweg greifen. Das Gespräch mit ihren Eltern steht ja noch an. Jedenfalls wusste die Vampirwelt über euch Bescheid und im Laufe der Jahre kamen immer mal wieder Vampire und gaben vor die Tochter der Meister zu sein. Im Nachhinein stellte sich das natürlich immer als Irrtum heraus. Immer wieder neue Hoffnung zu bekommen, die dann doch ins Leere führte, war schwer für die beiden und jetzt wo ihr endlich hier seid, möchte der Meister natürlich nur das Beste für euch,“ erzählte Jane und passend zum Ende ihrer Erzählung kamen wir an meinem Zimmer an.
„Danke, dass du mir das erzählt hast,“ sagte ich mit belegter Stimme und wandte mich ihr zu. Sie nickte und verbeugte sich leicht ehe sie denselben Weg zurück lief. Betroffen ging ich in mein Zimmer. Jane hat mir auf jeden Fall wieder Stoff zum Nachdenken geliefert. Doch bevor ich darüber genauer grübeln konnte, schaute ich erstmal nach dem Mädchen. Sie lag immer noch schlafend in meinem Bett und auch der Feuerkreis war noch an. Eigentlich hätte der schon aus sein müssen, aber wahrscheinlich hat mein kleiner Anflug von Wut vorhin in zum weiter lodern gebracht. Ich schaute mich dann ein wenig im meinem Zimmer um und entdeckte einen Kühlschrank. Naja zumindest ging von dem Gerät sehr viel Kälte aus. Ich öffnete diesen und roch Blut. Super, ich habe Blutbeutel in meinem Zimmer. Ich nahm mir einen raus und setzte mich auf einen Sessel. Genießerisch biss ich hinein und trank ihn leer. Ist zwar nicht so berauschend als wenn direkt aus der Vene trinkt aber dennoch schmeckte es. Ich warf ihn weg, machte es mir wieder auf den Sessel gemütlich und hatte nun in Ruhe Zeit über Jane's Worte nachzudenken.

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Lost Family || Volturi FF
VampirosZum unsterblichen Leben verdammt zu sein ist hart! Doch für mich ist gleich noch härter. In einem Detail hebe ich mich nämlich von den anderen Vampiren ab und bin deshalb auch auf der Flucht. Vor wem? Vor den Gesetzehütern unserer Welt, den Volturis...