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Wo Carlisle jetzt gegangen ist, wollte ich eigentlich auch den Thronsaal verlassen. Die Betonung lag auf wollte, denn ein Räuspern der Meister ließ mich inne halten. Also schenkte ich ihnen meine Aufmerksamkeit. „Was?“, wollte ich wissen. „Wir hätten gerne ein paar Erklärungen,“ verlangte Caius. Seufzend und mich auf eine längere Unterhaltung einstellend, setzte ich mich mitten im Saal auf den Boden. „In Ordnung,“ willigte ich ein. „Was wollt ihr wissen?“ „Was war das eben für eine grüne Flamme?“, begann Caius. „Eine Brandmarkung verbunden mit einem Ruf,“ lautete die schlichte Antwort. „Gibt es noch mehr von solchen Flammen?“, wollte Markus wissen. „Ja,“ beantwortete ich die Frage wortkarg. „Wie konntest du Jane's Gabe abwehren?“, fragte Aro neugierig. Spöttisch lachte ich auf. „Ach bitte, tut doch nicht so als wäre das eine Glanzleistung gewesen. Jedes Wesen egal ob Mensch, Vampir oder Gestaltwandler kann Jane's Gabe umgehen.“„Wie denn?“, vernahm ich Dimitri's Stimme. „Als wenn ich es euch sagen würde? Dann würde ich es mir ja mit Jane verscherzen. Kommt selber drauf oder lasst es bleiben,“ meinte ich schulterzuckend und lächelte Jane an.

„Wieso hast du drei Gaben? Normalerweise hat man nur eine.“ Natürlich kam diese Frage ebenfalls von Aro. Sein Interesse war geweckt. Allerdings vermag ich es nicht zu beantworten, ob als Vater oder Meister. Mein Gehirn ließ aber nur den Gedanken zu, dass ihn das interessiert, da er mich als Rarität in seiner Sammlung sieht. Daher beschloss ich ihm nicht die Wahrheit zu sagen. „Das weiß ich selbst nicht,“ lautete meine einfallsreiche Lüge. Lieber immer so tun, als wüsste man es nicht, als sich in einem großen Lügennetz zu verstricken aus dem man nicht so leicht wieder raus kommt. Das gehört mit zu meinen Lebensweisheiten, die ich über all die Jahre gesammelt habe. „Könnte ich deine Gedanken lesen?“ Jetzt knurrte ich Aro an. „Meine Gedanken und Erinnerungen gehen niemandem etwas an." Zornig funkelte ich Aro an. „Amelia, Liebes natürlich gehen mich deine Gedanken etwas an. Ich bin dein Vater und da ist es mein gutes Recht zu erfahren, wenn dich etwas bedrückt,“ versuchte er es auf der sentimentalen Ebene. „Wenn mich etwas bedrücken sollte, wärst du der letzte an den ich mich wenden würde,“ gab ich bissig und in Rage zurück.

Aro seufzte. „Beantworte bitte meine Frage.“ „Die Antwort müsstest du eigentlich wissen! Oder liest niemand in diesem Saal Bücher?“, entgegnete ich frech. Mein Blick fiel dann auf Markus. „Auf meinen Reisen hörte ich, dass du viel ließt. Daher müsstest du genauso gut wie ich die Antwort kennen,“ sagte ich an ihn gewandt. Aro sah daraufhin seinen 'Bruder' fragend an. „Ja du könntest ihre Gedanken lesen, aber da sie auch eine Gedankengabe besitzt kann sie entscheiden was du siehst,“ erklärte Markus und ich nickte zustimmend. „Beruht das auf Gegenseitigkeit? Kann ich auch steuern, was Amelia sehen soll, wenn sie meine Gedanken liest?“, hakte er nach. Ich verdrehte die Augen. Aro scheint ja überhaupt nichts über Gedankengaben zu wissen. „Nein. Amelia's Gabe funktioniert anders als deine. Im Gegensatz zu dir, kann sie bestimmen was sie sehen will,“ erläuterte Markus. Die anderen schauen ihn verwundert an. Bestimmt, weil er heute so redselig ist, aber er schein mir der einzig Kompetente gerade.

„Na, neidisch.“ Ich konnte einfach nicht anders. Diesen Kommentar für mich zu behalten wäre bei der Flunsch die Aro zieht unmöglich. „In der Tat,“ stimmte er aber zu und nun sah ich etwas dämlich aus der Wäsche. Ich meine jeder würde doch den anderen dafür grimmig anschauen oder das abstreiten, aber doch nicht zustimmen. Oder liege ich das falsch? Naja jedenfalls bildet Aro da jetzt eine Ausnahme. „Sonst noch etwas, was ihr wissen wollt?“ überspielte ich meine kleine Fassungslosigkeit. „Ich würde noch viel mehr über dich wissen wollen, dich kennen lernen, aber das sollten wir denke ich morgen in einem Gespräch mit deiner Mutter klären. Du hast sicherlich auch Fragen an uns,“ entgegnete mein Vater, woraufhin ich angespannt nickte. Die Gefühle Wut und Trauer durchströmten meinen Körper und ich konnte es nicht verhindern, dass ein kleiner Feuerball in meiner Hand entsteht. Hypnotisierend schaute ich auf den Ball als wäre es eine Kristallkugel. Als würde ich in dieser Flamme schon jetzt alle meine Antworten sehen, doch natürlich war dies nicht der Fall. Mit meiner anderen Hand erstickte ich die Flamme und riss mich damit aus dieser Art Trance.

Abwesend schüttelte ich den Kopf ehe ich aufstand. „Gut, wenn es nichts weiteres gibt, kann ich ja gehen,“ meinte ich und lief Richtung Tür. „Warte!“, hielt Aro mich auf. „Was?“, knurrte ich. „Was war das gerade mit diesem Feuerball?“ „Ich habe mich beruhigt,“ entgegnete ich und setzte meinen Weg fort. „Bye, bye,“ und mit diesen Worten verließ ich endlich den Thronsaal. „Um 17:30 ist Heidi mit einer Touristengruppe hier im Thronsaal,“ rief Aro mir hinterher. Wann soll ich denn bitte wissen, wann 17:30 ist? „Bist du dumm oder so? Ich kann doch nicht sehen wie spät es ist,“ schrie ich zurück und mir war gerade egal, dass er ein Meister war. „Nicht in diesen Ton, Fräulein und du kannst jederzeit Hailey oder eine der Volturis fragen,“ brüllte er zurück. „Ich werde schon pünktlich da sein,“ entgegnete ich und lief erstmal in irgendeine Richtung. Wenn ich jetzt drei Wochen erstmal hierbleibe, kann ich mich auch ruhig umsehen. Ich spürte, wie es in diesem Gang kälter wurde. Dann wird hier wohl der Keller sein.

Absichtlich nutzte ich gerade meine Wärmebild Gabe nicht, damit ich mich auch zurecht finde, falls mir mal jemand wieder was anderes außer Blut unterjubelt. So tastete ich mich vorsichtig den Weg entlang, doch mit meinem rechtem Fuß trat ich auf einmal ins Leere. Dummerweise konnte ich mich nicht irgendwie abfangen und stürzte runter. Immer wieder stieß ich mich irgendwo, weshalb ich stark davon ausging, dass ich hier gerade eine Treppe runter fiel ohne Halt zu finden. Innerlich verfluchte ich mich gerade dafür nicht doch meine Gabe angewandt zu haben. Endlich fiel ich nicht mehr von Stufe zu Stufe und rieb mir meinen schmerzenden Rücken und meine rechten Fuß. Mein Fuß fühlte sich komisch verdreht an und schmerzte höllisch. „Verdammte Scheiße,“ fluchte ich. Wenn ich mir jetzt irgendwas gestaucht oder gebrochen habe, dann... „Meisterin, geht es euch gut?“, wurde ich aus meinem Gedanken gerissen. Was ist das denn für eine dumme Frage? Natürlich geht es mir nicht gut. Aber das würde ich bestimmt nicht sagen, wenn er meinen verdrehten Fuß nicht selbst bemerkt.

„Klar, mir könnte es nie besser gehen,“ antwortete ich ihm durch zusammengepresste Zähnen, während ich aufstand. Natürlich darauf Bedacht meinen Fuß nicht allzu sehr zu belasten. „Das sieht nicht so aus. Am besten bringe ich euch in den Thronsaal. Carlisle müsste noch da sein,“ meinte er zweifelnd. Also entweder er spricht das mit meinem Fuß aus Höflichkeit nicht an oder er schließt von meinem Gesichtsausdruck darauf. „Carlisle ist schon gegangen und hast du hier unten nicht irgendeine Aufgabe zu erledigen?“, versuchte ich ihn abzuwimmeln. „Jetzt jedenfalls eine bedeutenere,“ sagte er noch, weshalb ich verwirrt nachfragen fragen, warum erst 'jetzt'. Doch er legte plötzlich meinem rechten Arm über seine Schulter und rannte natürlich im Vampirspeed los. Nun wurde ich von ihm mitgerissen dabei stützte er mich allerdings. Völlig überrumpelt riss ich mich erst los als wir schon vor den Türen zum Thronsaal waren. „Was fällt dir eigentlich ein?“, blaffte ich ihn an. „Du kannst mich nicht einfach mitzerren. Wenn ich könnte wie ich wollte, dann...,“ fuhr ich ihn weiter an, kam nur nicht dazu meine kleine Drohnung zu Ende zu sprechen.

Von innen wurden nämlich die Türen geöffnet und wir beide einfach in den Saal reingezogen. „Fass mich nicht an.“ Aufgebracht schlug ich die Hand weg und lehnte mich an die nächste Säule. „Was ist denn der Grund für diesen Lärm?“, wollte Aro sofort wissen. Ich jedoch stirnte den Vampir an, der mich hergeschliffen hat. „Amelia, warum bist du nun wieder wütend,“ wandte er sich an mich. „Ich bin nicht wütend,“ stellte ich klar. „Lediglich aufgebracht und das ist ein Unterschied.“ Ich wandte meinen Blick nicht von dem Vampir ab und ich glaube er wird mein erster Trainingspartner sein. „Afton würdest du uns dann bitte erklären, weshalb ihr hier seid?“, wandte er sich an meinen Begleiter. Wahrscheinlich hat er kapiert, dass ich zum Sachverhalt nichts sagen werde. Immerhin wusste ich jetzt aber den Namen des Vampires. Herzlichen Glückwunsch, Afton, du wurdest so eben zu meinem neuen persönlichen Trainingspartner befördert!

Lost Family || Volturi FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt