Ich trat in mein Zimmer und schnappte mir mein Handy. „Hey Siri, ruf Rico an,“ sagte ich und hielt es mir abwartend ans Ohr. Nach einigem Tuten ertönte endlich Rico's Stimme:„ Hey Amelia, was gibt's?“ „Hey, du kannst Cat wieder zu mir bringen. Geht's ihr gut?“ „Ja alles in bester Ordnung. Sie teilt im Gegensatz zu dir mit mir die Leidenschaft zum Surfen,“ haut er provozierend raus. „Dafür kann ich wenigstens tanzen, was dir mit deinen zwei linken Füßen ja deutlich schwerer fällt,“ konterte ich selbstgefällig. Von der anderen Seite der Leitung konnte ich nur ein gebrummtes 'Pah' hören, was mich grinsen ließ. „Ich lass Catlyn über Ondina zu dir bringen,“ sagte Rico gespielt eingeschnappt und legte auf. Ich legte mein Handy beiseite und ließ im Badezimmer etwas Wasser in die Wanne laufen. So wie Blaze über Feuer zu Feuer wandern kann, kann Ondina dasselbe über Wasser.
Lange warten musste ich auch nicht, da erschien schon Rico's Wasserdrachin in meiner Badewanne und hielt eine schlafende Catlyn sachte in ihren Klauen. Stimmt in Kanada ist es quasi noch mitten in der Nacht. Ich nahm Ondina Catlyn ab, nickte ihr dankbar zu und schon verschwand sie wieder. „Cat aufstehen, deine Überraschung wartet,“ versuchte ich sie zu wecken. Dazu muss gesagt sein, dass ich grottenschlecht in sowas bin. Doch bei Cat schien es zu klappen. Sie öffnete nach ein paar Versuchen die Augen. „Was ist denn jetzt meine Überraschung?“, fragte sie neugierig, aber noch mit verschlafener Stimme nach. „Wenn ich es dir verrate, ist es doch keine Überraschung mehr,“ schmunzelte ich und stellte sie auf ihre Beine ab. „Wolltest du mich etwa zum Wecken in die Wanne schmeißen?“, hackte sie nun ungläubig nach, nachdem sie sich kurz orientierend umgeschaut hat. „Vielleicht,“ grinste ich und ging zurück ins Wohnzimmer. „Du bist gemein,“ schmollte Cat und setzte sich gespielt beleidigt auf das Sofa. „Du bist ja zum Glück vorher aufgewacht,“ entgegnete ich und setzte mich zu ihr. Ich bin froh, dass sie das so aufgefasst hat, da ich die Situation sonst nicht hätte erklären können. Natürlich hätte ich sie aber nicht in die Wanne geschmissen!
In den letzten Minuten erzählte Cat mir, was sie mit Rico alles gemacht hat und sie schwärmte richtig von Surfen. Da haben sich in der Tat zwei Surf Verrückte gefunden. Unterbrochen wurden wir dann als jemand klopfte. Garantiert Jane. Um dieses Mal keine Tür vor dem Kopf zu kriegen, rief ich herein und wie nicht anders zu erwarten erschien Jane im Wohnzimmer. „Cat Jane wird jetzt mit dir shoppen gehen und du kannst dir alles an Klamotten kaufen, was dir gefällt. Ich weiß, dass du eher ausgeleierte und alte Kleidung getragen hast, deswegen ist das meine Überraschung an dich: Eine ausgedehnte Shoppingtour,“ offenbarte ich ihr. „Aber ich habe doch kein Geld,“ widersprach sie und ich erkannte anhand ihrer Stimmlage, dass sie sich freute, aber auch unsicher ist. „Mach dir darum keine Sorgen. Geld spielt keine Rolle. Kauf wirklich alles was du möchtest,“ beruhigte ich sie. Sie nickte leicht und ging nochmal auf Toilette. „Wenn ihr etwas passiert, mach ich dich dafür verantwortlich,“ flüsterte ich Jane bedrohlich zu. Diese nickte ehrfürchtig. Zwar habe ich eigentlich Feuer Verbot, aber das wird mich nicht aufhalten, wenn Catlyn etwas passieren sollte.
Nachdem Catlyn mit Jane auf dem Weg in die Stadt war, lief ich in den Thronsaal. Zeit den Wissensstand zu den Gaben der Wachen zu testen. „So auf geht's,“ rief ich enthusiastisch. Bei den Gesichtern der Wachen war ich wohl gerade die einzigste, die sich freute. Wobei es bei mir auch pure Schadenfreude ist. Ich gehe nämlich stark davon aus, dass viele nicht alles über ihre Gabe wissen, wenn sogar Jane also jemand aus der obersten Garde nicht wusste, wie man ihre abwehren kann. „Gut, dann zeigen wir dir mal deine neue Trainingshalle,“ verkündete Aro und schon begaben wir uns auf den Weg. Tatsächlich folgten uns die, die gelacht hatten brav. Gut so!
An einen Raum sehr weit hinten in einem Seitengang blieben wir stehen. Scheinbar sind wir an meinen neuen Trainingsraum angekommen. Markus öffnete die Tür und deutete mir einzutreten, was ich natürlich tat und mich dann begeistert umblickte. Durch meine Gabe sah ich, dass die Wände Kälte ausstrahlten. Sie mussten mit Metall verstärkt worden sein. Gut mitgedacht im Bezug auf meine Feuer Gabe muss ich doch zugegeben. Dann konnte ich auch noch einige übliche Trainingsgeräte ausmachen. „Oh wow danke,“ bedankte ich mich dann auch bei den Meistern. „Gerne, die Wände sind Blei verstärkt. Also feuerfest wenn du mit deiner Gabe trainierst,“ erklärte Aro stolz und ich kann mir gut vorstellen, dass er wieder ein fettes Grinsen im Gesicht hat. Daran werde ich mich wohl gewöhnen müssen.
„Darf ich es bitte kurz einmal Blaze zeigen?“, fragte ich meinen Vater ganz lieb, weil ich ja eigentlich Feuer Verbot habe. Ich muss ja auch mal testen, wie ich ihn erweicht bekomme. „Nur hervorrufen, nichts austesten,“ betonte er streng. Ha! Also lieb und nett fragen funktioniert. Wenn ich wieder sehen kann muss ich unbedingt mal den Hundeblick ausprobieren! Ich suchte Blaze in meinem Inneren bis mir wieder einfiel, dass ich ihn ja losgeschickt hatte, um die Hexe zu suchen. Also schickte ich ihm eine Nachricht mit der Frage, ob er den Trainingsraum sehen möchte und fragte auch gleich nach einem Statusbericht. Blaze formte sich nach ein paar Minuten vor mir und verbeugte sich wie immer. „Herrin, die Suche nach der Hexe gestaltet sich als schwierig. Es ist als würde sie ihre Fährte verschleiern und am Tage habe ich es ja sowieso schwer nicht entdeckt zu werden. Übrigens der Trainingsraum ist wahrlich wunderbar für uns geeignet,“ lieferte er mir auch gleich seinen Bericht. Ich nickte bedächtig. „Gut, mach erstmal Pause und setze deine Suche heute Nacht fort. Vielleicht hast du dann mehr Glück, weil sie sich in Sicherheit wiegt,“ erklärte ich ihm meinen neuen Plan, dem er zustimmte und sich zum rasten in mir zurück zog.
Aro nickte mir zufrieden zu, dass ich mich wirklich dran gehalten habe. Allerdings machte er und seine 'Brüder' keine Anstalten zu gehen. „Habt ihr nicht noch was zu erledigen oder wollt ihr euch das auch mit anhören?“, fragte ich sie deshalb. „Wir werden bleiben und zuhören. So ein Defizit kann von uns nicht geduldet werden,“ entgegnete welch überraschend Aro. Natürlich wie hätte ich anders denken können. Schande über mein Haupt. Genervt kopfschüttelnd machte ich es mir auf eine der herumliegenden Turnmatten gemütlich und ließ mir von dem Ersten seine Gabe schildern.
Sein Name ist Caleb und er hatte die Gabe sich zu teleportieren. Das ist wirklich cool und er ist mir auch sehr sympathisch. Allerdings denkt er sich grenzenlos teleportieren zu können. Doch jede Gabe hat Grenzen! Bei ihm ist es dasselbe wie bei mir mit Feuer. Zu häufige Anwendung führt zur Erschöpfung. „Caleb, du kannst dich nicht unendlich viele Male teleportieren. Bei dir ist es wie wenn ich zu oft mein Feuer benutze. Irgendwann bist du erschöpft und musst ruhen,“ wies ich ihn drauf hin. „Bei einem Auftrag wurde mir nach einigen Teleportationen schwindelig. Ist das ein erstes Anzeichen?“ Ich bestätigte seine Annahme. „Woher wisst ihr eigentlich so viel über die verschiedenen Gaben?“, traute er sich zu fragen. Ich lächelte ihm milde zu. „Zum anderen durch Bücher, Erfahrungen aus meinen Reisen und durch die Ältesten,“ zählte ich auf und dachte an die ein oder anderen Belehrungen der Ältesten. Von denen wir übrigens auch so einiges zu den Umgang mit unserem jeweiligen Element gelernt haben.
Er bedankte sich für meine ehrliche Antwort und stellte sich hinter der inzwischen gebildeten Reihe. So ging es einige Zeit weiter und jedem gab ich freundlich eine Anmerkung zur Gabe, was sie noch nicht wussten. Neben Caleb führte ich noch mit zwei weitere Vampire ein längeres Gespräch. Auch die beiden sind sehr sympathisch und ich beschloss mich mit ihnen anzufreunden. Mein Vater wird mich nicht mehr gehen lassen und da tun Freunde in diesem riesigen Schloss gut. Das wären neben Caleb, Lucia und Kilian. Lucia's Gabe finde ich auch richtig cool. Sie kann durch Wände gehen und sich wie eine Chamäleon der Umgebung anpassen. Sie hat erzählt, dass sie sich einmal beim Jagen einem Baum anpasst hat und dann ihr Opfer angesprungen ist. Der Mensch dachte, er würde von einem Baum attackiert werden. Kilians Gabe ist eher pragmatisch, aber absolut praktisch in einem Kampf. Er kann Bewegungen voraussehen und sogar dann kopieren, wie ein Scanner. Er hat berichtet, dass er sich dadurch als noch frischer Vampir Salto, Flickflack und andere Turnelemente beigebracht hat, die er in seinem Kampfstil nun zum Ausweichen nutzt.
Um fair zu bleiben, erzählte ich im Gegenzug auch allen etwas zu meinen Gaben. Natürlich tat ich das nicht ohne Hintergedanken. Ich erhoffte mir dadurch, dass sie mein Feuer nun weniger fürchteten auch wenn es einen Vampir töten könnte. Zudem wollte ich nicht, dass die Wachen Angst vor mir haben, sondern lediglich Respekt wie bei Aro, Markus und Caius. Den dreien, aber allen voran meinem Vater wollte ich verdeutlichen, dass ich kein hilfloses Mädchen bin, welches eine Leibwächterin nötig hätte!

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Lost Family || Volturi FF
VampirZum unsterblichen Leben verdammt zu sein ist hart! Doch für mich ist gleich noch härter. In einem Detail hebe ich mich nämlich von den anderen Vampiren ab und bin deshalb auch auf der Flucht. Vor wem? Vor den Gesetzehütern unserer Welt, den Volturis...