[8]

258 8 0
                                    

Die ganze Nacht sind wir im Vampirspeed durchgerannt und im Morgengrauen angekommen. Nun bin ich also tatsächlich in Volterra und hier, in der Stadt der Volturis, sollen meine Eltern leben? Eigentlich hätte ich nicht gedacht, dass meine Eltern so dumm sind und sich freiwillig in die Höhle des Löwen begeben. Aber wer weiß, ob sie überhaupt freiwillig zu den Volturis gegangen sind. Vielleicht wurden sie damals erpresst und deswegen bin ich bei Zoey aufgewachsen. Oder sie haben nicht gewusst, dass ich ein Halbvampir bin und haben mich deswegen in die Obhut meiner Patentante gegeben. Wer weiß, wer weiß! Was ich allerdings jetzt so kurz vorm Ziel weiß ist, dass ich jetzt doch ein wenig nervös bin. Unglaublich viele Szenarien unseres Treffen spielen sich in meinem Kopf ab. Tausende von Fragen schwirren herum. Die zwei wichtigsten: Werde ich überhaupt bei ihnen bleiben? Werde ich ihnen verzeihen und irgendwann vertrauen?

„Willkommen am Sitz der Volturis," verkündete Alec feierlich, doch ich zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. Immerhin kann ich auf meine Gaben wieder zugreifen und mein Gefühl sagt mir, dass ich auch schon sehr bald mein Feuer unter Beweis stellen werde. „Folgt uns und benehmt euch," meinte Jane streng. Ich wollte gerade einen Konter abgeben, doch Hailey zog mich zurück und dank meiner Gabe sah ich, dass sie mich mahnend anschaute. Also schluckte ich meinen Kommentar herunter und folgte den dreien mürrisch. Sie sollen mich ja bald zu meinen Eltern führen, wie sie es gesagt haben! Ansonsten könnte es passieren, dass in dem ach so tollen Volturi Sitz mal ein kleines Feuer entfacht und das wollen wir doch nicht. Jedenfalls sie bestimmt nicht; ich könnte mich mit den Gedanken durchaus anfreunden. Hailey wäre sicherlich meiner Meinung.

Aber gut: Wir folgten ihnen also durch die knarzenden Türen und hielten schließlich vor einer prunkvoll verzierten Flügeltür an. „Das ist der Thronsaal. Hier werdet ihr jetzt auf die Meister treffen," erklärte Jane wieder. Abermals schluckte ich meinen Konter hinunter und nickte einfach nur resigniert. Demetri öffnete die beiden Türen und wir betraten alle den riesigen Saal. Sofort spürte ich die Anwesenheit zahlreicher Vampire, vor allem die Aura der Meister nahm ich deutlich wahr. Mich wundert es, dass ich die fast schon erdrückende Aura von Aro nicht schon beim ersten Mal bemerkt habe. „Willkommen zurück ihr drei. Ich bin froh dich wiedezusehen, Amelia. Natürlich freut es mich auch deine Freundin näher kennenzulernen," begrüßte uns Aro überschwänglich. Ich schnaubte innerlich; nichts als leere Worte. Dennoch beobachte ich ihn mit meiner Gabe aufmerksam. „Zwei Menschen, Bruder? Sag mal, willst du mich auf den Arm nehmen? Das soll...," regte sich einer der anderen beiden Vampir Könige auf. Von Erzählungen über die Charaktereigenschaften der Könige bin ich mir hundertprozentig sicher, dass das Caius war. Der Vampir König der keine Gabe besitzt. Seine erste Bemerkung brachte mich auch schon fast wieder zur Weißglut. Wir sind schließlich keine Menschen!

„Wir sind keine Menschen sondern Halbvampire und im Gegensatz zu ihnen haben wir Gaben," unterbrach ich ihn konternd und war sogar von mir selbst überrascht, dass ich Caius siezte. In dem gesamten Saal war eine gespenstische Stille eingetreten. „Was erlaubst du dir, du blinde, schwache Möchtegern Vampirin?", brüllte Caius mich dann auch schon an. Er würde wirklich einen erstklassigen Brüllaffen abgeben. „Ich erlaube mir die Wahrheit zu sagen und wie ich gerade schon gesagt habe, sind wir Halbvampire keine Möchtegern Vampire," erwiderte ich unbekümmert. Erst dann realisierte ich, dass er mich auch auf mein Handicap reduziert hat. Diese Tatsache brachte mich nun wirklich doch zum Kochen. Der Vulkan stand kurz von Ausbruch und war somit dabei mein Geheimnis zu wecken. „Und ja ich bin blind. Ich bin ein blinder Halbvampir. Na und? Vielleicht bin ich auch nicht die Größte und eher klein. Aber ich bin verdammt nochmal nicht schwach. Alle in diesem Saal würden von meiner einen Gabe zurück weichen wie jämmerliche Angsthasen. Fragt doch Demetri, Alec und Jane, was sie gemacht haben nur weil sie Angst vor meiner Gabe hatten," schrie nun auch ich. Mein Feuer war schon in Lauerstellung!

„Wovon spricht meine liebste Amelia?", wollte nun auch Aro wissen. Bei seiner Anrede könnte ich brechen. „Nun ja, Meister, ich habe ihr Kaffee gegeben anstatt Blut," druckste Demetri ein wenig herum. „Was soll daran so schlimm sein?", hörte ich Markus verwirrt fragen. Wow, Markus kann sprechen. Viele Vampire haben erzählt, dass er nicht mehr spricht seit seine Gefährtin gestorben ist. „Demetri hat vergessen zu erwähnen, dass ich normale Nahrung nicht vertrage. Wenn ich was anderes zu mir nehme außer Blut kann ich vorübergehend nicht meine Gaben einsetzen. Das wussten die drei und trotzdem haben sie mir Kaffee gegeben," knurrte ich jetzt schon und meine Wut auf Demetri flammte wieder auf. Wortwörtlich! Feuer begann meinen Körper zu umspielen und aus diesem Feuer formte sich eine Kreatur, ein Drache. Genauer gesagt: Mein Feuerdrache mit dem Namen Blaze. Das bedeutet auch so viel wie Brand oder Glut!

„Herrin," verbeugt sich Blaze und ich lächle leicht. Eigentlich habe ich ihm schon so oft gesagt, dass er mich so nicht nennen braucht. Er besteht allerdings auf diese Form der Anrede und Unterwerfung. Wie zu erwarten ist jeder im Saal zurück gewichen und starrt gebannt auf Blaze. „Wer hat euch so wütend gemacht?", fragte er sogleich und sieht sich um. „Mein Großer, die richtige Frage wäre, wer nicht? Du weißt doch, dass ich schnell wütend werde," scherzte ich leicht. „Gut, wer hat euch dann nicht wütend gemacht, Herrin?" „Meine aller beste Freundin Hailey. Sie steht unter unserem Schutz." „Wie ihr wünscht," ergeben senkte er wieder sein Haupt und nickte anschließend Hailey respektvoll zu. „Heißt das ich darf mit all den anderen spielen?", bei dieser Frage klang er wie ein kleines Kind. Ich formte meine Hand zur Faust. So kann er mit seinem Feuer niemanden verbrennen. „Mit Demetri darfst du spielen. Mit ihm habe ich noch eine Rechnung offen," entgegnete ich ihm und deutete auf Demetri. Freudig wandte er sich ihm zu und umschlängelte ihn. „So, so. Du hast also meine Herrin geärgert?" Mit seiner gewaltigen Rute warf Blaze ihn immer wieder hoch. Demetri schrie die ganze Zeit 'Hilfe, ich verbrenne', was ich sehr lustig fand.

„Halt deine Schnauze! Dank meiner gutmütigen Herrin verbrennst du nicht. Solange sie ihre Hand zu Faust geballt hat, kann mein Feuer niemanden verletzen," fauchte Blaze ihn an, als ihm das Geschreie auf den Wecker ging. „Herrin, bitte?", flehte er mich nun an. Natürlich wusste ich was er wollte, aber ich konnte es nicht erlauben. Anderseits muss Blaze sich 'entladen'. Er entstand nämlich gerade aus meiner Wut. Wenn ich Blaze jetzt zurück rufe, ist die Wut immer noch in mir auch wenn ich nicht mehr wütend bin. „Ihn nicht. Er ist für die drei dort wichtig," antwortete ich ihm mitleidig. „Die drei dort? Ich werde dir Respekt beibringen," rief da Caius zornig. Sofort ließ Blaze von Demetri ab und bäumte sich vor Caius auf. „Bring du lieber meiner Herrin Respekt entgegen. Immerhin könnten wir dich ohne weiteres verbrennen schließlich bist du ein Vollvampir," knurrte er bedrohlich leise. „Wir könnten jeden einzelnen Vollvampir von euch töten!", wiederholte er nochmal mit lauter Stimme. Wo er recht hat, hat er Recht: Wir könnten jeden hier Anwesenden ganz leicht töten!

Lost Family || Volturi FF Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt