Nach einer Versammlung verließ ich den Thronsaal und ging in mein Büro und Carlisle anzurufen. Eigentlich hätte ich auch eine der Wachen schicken können, aber ich wollte ihm die Situation persönlich mitteilen. „Carlisle Cullen,“ meldete sich mein alter Freund am anderen Ende der Leitung. „Hallo Carlisle mein alter Freund, kannst du bitte nach Volterra kommen?“, fragte ich ihn direkt. „Aro, wie schön das du anrufst. Hat einer der Kinder irgendetwas angestellt oder warum soll ich nach Volterra kommen?“, fragte er. „Carlisle, du müsstest doch wissen, dass ich dann Demetri zu euch geschickt hätte. Du kannst also beruhigt sein. Es ist das komplette Gegenteil: Ich möchte, dass du meine Tochter untersuchst,“ erklärte ich ihm. „Tochter?“ „Ja, Sulpicia und ich haben eine Tochter. Sie ist ein Halbvampir, aber ein blinder und noch dazu verträgt sie keine normale Kost. Wenn sie etwas isst, blockieren sich ihre Gaben,“ schilderte ich ihm das Seltsame. „Das ist unmöglich! Natürlich werde ich mich sofort auf den Weg machen.“ „Danke, Carlisle. Bis dann,“ verabschiedete ich mich und legte auf. Hoffentlich findet Carlisle heraus, was bei ihr nicht stimmt.
Amelia's Sicht
Als ich wieder zu mir kam, dröhnte mir der Kopf. Immer noch sah ich die Bilder vor Augen wie der Mann, mein Großvater, sein Kind, meine Mutter, misshandelte. Wie konnte mein Opa seiner Tochter sowas antun? Hatte Mum keine schöne Kindheit, weil er schon immer so grausam war oder hat sich das erst mit den Jahren entwickelt? Diese und weitere Fragen über diesen Vorfall schwirrten in meinen Kopf umher. Das wichtigste Detail an der ganzen Sache unterschlug mir mein Gehirn jedoch fast. Nur langsam sickerte die Erkenntnis das Aro und Sulpicia tatsächlich meine leiblichen Eltern sind zu mir durch. Einer der Vampir-Könige mein Vater?! Daran habe ich im Traum nie gedacht. Doch selbst diese Tatsache warf weitere Fragen bei mir auch. Haben sie mich abgegeben, weil ich blind bin? Dachten sie ich wäre ein normaler Mensch? Ich seuzfte. Wenn ich auf all meine Fragen antworten haben möchte, schätze ich, haben wir drei viel zu bereden.
„Hey, wie geht's dir?“, riss Hailey's Stimme mich urplötzlich aus meinen Gedanken und ich spürte, dass sie meine linke Hand leicht drückte. „Ganz gut, denke ich. Was ist passiert, nachdem ich ohnmächtig wurde?“, wollte ich wissen, um zu erfahren wo ich jetzt eigentlich bin. „Nicht viel. Alec hat dich auf dein Zimmer gebracht, wobei das hier fast schon eine kleine Wohnung ist und ich durfte bei dir bleiben.“ „Haben sie dir irgendwas angetan? Wie lange war ich eigentlich bewusstlos?“, fragte ich anfangs alamiert. „Nein, nein mir geht es gut. Sie haben mir auch etwas zu Essen gebracht. Du warst übrigens 1½ Tage ohnmächtig,“ antwortete sie mir. „Das heißt es ist jetzt mittags?“, hakte ich nach, was sie bejahte. Na toll, schon wieder habe ich einen ganzen Tag verpasst. „War sonst noch jemand hier?“, wollte ich weiter wissen. „Abwechselnd kam mal einer der Wache und hat nach dir geguckt, aber dein Vater war auch ein paar Male da.“ „Nenn ihn nicht so!“ „Aber Lia er ist doch dein Vater. Ich dachte du würdest dich freuen deine leiblichen Eltern zu finden.“ „Ja schon, nur ich hätte nie damit gerechnet, dass die Meister und Meisterinnen meine Familie sind und irgendwie habe ich das nicht ganz zu Ende gedacht. Einerseits will ich Aro und Sulpicia kennen lernen, andererseits bin ich total wütend.“ „Bevor du irgendwas sagst, ich habe mir schon vorgenommen mit ihnen zu reden,“ fügte ich noch hinzu. Durch meine Gabe sah ich wie Hailey nickte und lehnte mich noch einen Moment in die Kissen zurück, da Aro bestimmt nicht lange auf sich warten lässt.
Doch mein brennender Hals ließ mich nicht entspannen. Hailey bemerkte das anscheinend, denn sie drückte mir mit den Worten „Hier, reinblütiges Blut,“ eine Becher in die Hand. Dankbar lächelte ich sie an und trank den Becher in einem Zug leer. Doch natürlich reichte das nicht aus, um mich zu sättigen und so musste mir Hailey einigemale nach schütten. Plötzlich öffnete sich die Tür und am Geruch erkannte ich Aro. „Schön, dass du wach bist, Liebes. Geht es dir besser?“, erklang auch so gleich seine Stimme. Ich nickte stumm. „Trotzdem würde ein alter Freund von mir dich gerne untersuchen. Er ist auch hier um festzustellen, warum du blind bist und nichts anderes außer Blut verträgst im Gegensatz zu Hailey.“ „Gut, aber ich mach das nur, weil es mich selbst interessiert und nicht um deiner Willen,“ stellte ich klar. Er seufzte leise und dann kam ein mir unbekannter Vampir rein. „Hallo Amelia, mein Name ist Carlisle und ich würde jetzt gerne ein paar Untersuchungen mit dir machen,“ sagte der Vampir freundlich. „Ist gut, aber Aro soll rausgehen,“ bestimmte ich. Wieder kam ein Seufzen von ihm, doch er verließ tatsächlich mein Zimmer.
Ich ließ alle Fragen und Tests von Carlisle über mich ergehen und hoffte für ihn, dass er auch zu einem Ergebnis kam, denn sonst könnte es sein, dass Blaze ihm mal einen Besuch abstattet. Als er fertig mit seinen Untersuchungen war, gingen wir in den Thronsaal, wo nur die Wachen mit Gaben und die Meister anwesend waren. Auch Sulpicia und eine wunderschöne mir noch unbekannte Frau standen bei den Thronen. „Nun, Carlisle, was hast du herausgefunden?“, fragte Aro sofort als er uns bemerkte. „Also körperlich ist sie vollkommen gesund, der nunja... Vorfall hat sie psychisch nur zu sehr belastet und sie ist deshalb in Ohnmacht gefallen,“ erklärte er zunächst einmal. „Und wegen ihrer Blindheit? Was konntest du da herausfinden?“, wollte Aro ungeduldig weiter wissen. „Das ist ein Fluch. Warum sie verflucht wurde, weiß ich natürlich nicht, aber ich denke ich weiß wer sie verflucht hat,“ entgegnete Carlisle ruhig. Ich allerdings war überhaupt nicht ruhig. Auf mir liegt ein Fluch?! Das ist für mich unvorstellbar. „Spann uns nicht auf die Folter!“, mischte sich Caius knurrend ein. „Aro, du hast mir erzählt, dass ihr Amelia in die Obhut von Zoey gegeben habt. Sie war diejenige die Amelia großgezogen habt, also denke ich, dass diese Zoey eine Hexe war und...,“ „Nein,“ unterbrach ich ihn wütend und presste in mit voller Wucht an die nächste Wand. „Du lügst! Zoey war keine Hexe sondern ein Mensch. Sie hat mich geliebt und großgezogen als wäre ich ihre eigene Tochter. Niemals hätte Zoey mir soetwas auch nur angetan,“ schrie ich ihn an und schleuderte ihn gegen die nächst beste Säule. Mit Vampirspeed war ich sofort wieder bei ihm und drückte ihn mit meinem Ellenbogen an seinem Hals an die Säule. „Sie wäre die einzige die mir in den Sinn käme,“ krächzte er. „Halt den Mund,“ knurrte ich ihn an und formte in meiner anderen Hand einen Dolch aus Feuer.
Entsetzt schaute er mich an und wagte sich nicht zu wehren. „Amelia es reicht,“ rief Aro. „Ja, das tut es wirklich. Ich lasse mir von diesem Tierblut trinkenden Vampir nicht meine Patentante schlecht reden,“ knurrte ich und näherte mich mit dem Dolch seinem Hals. Durch meine Gabe nahm ich allerdings Felix wahr, der auf mich zu kommt. Schnell ließ ich den Dolch in meiner Hand verpuffen und umfasste mit meiner nun freien Hand Felix' Hals, bevor er mich von Carlisle wegziehen konnte. In einem hohen Bogen stieß ich ihn von mir weg und konnte ein knacken hören. Nun kamen auch Jane, Alec und Demetri auf mich zu. „Bleibt lieber stehen, sonst wird mein Feuer dafür sorgen, dass Felix' Knochen nicht zusammen wächst. Dann würde mein Feuer den Knochen Stück für Stück verbrennen und dann auf die nächsten Knochen überschlagen. Felix wird innerlich verbrennen und so qualvoll sterben,“ erklärte ich düster. Natürlich kann ich mein Feuer nicht auf Felix's Knochen ansetzen, aber die Volturis wissen ja nicht was ich alles mit der Gabe machen kann und was nicht. Sagen tue ich das nur, damit sie mir gerade nicht in die Quere kommen. Meine Worte zeigten Wirkung, da ich ihre Schritte nicht mehr auf mich zukommen höre. Doch aufeinmal spürte ich heftige Schmerzen, die mich beinahe zu Boden gingen ließ. Jane's Gabe! Es ist nur eine Illusion, rief ich mir ins Gedächtnis und versuchte an nichts weiter zu denken, um so der Schmerz-Illusion zu entkommen. Zu meinem Erstauen klappte es auch und ich schoss als Reaktion einen Feuerball in ihre Richtung. „Meine letzte Warnung,“ sprach ich mit kalter Stimme und konzentrierte mich wieder voll und ganz auf Carlisle, der mich ängstlich und bewundernd zugleich anstarrte.
Plötzlich wurde ich allerdings kräftig an den Schultern zurückgezogen und prallte gegen einen warmen, massiven Körper. „Herrin, ihr geht zu weit,“ hörte ich die Stimme von Blaze. „Blaze, lass mich los!“, befahl ich ihm. „Es tut mir leid, Herrin, aber ich kann euch nicht loslassen. Ich habe damals versprochen euch zu beschützen und jetzt beschütze ich euch vor euch selbst,“ widersetzte er sich mir, worauf ich ihn bloß anknurrte und versuchte mich von ihm loszureißen. Dummerweise hat Carlisle die Chance genutzt und ist zu den Thronen der Meister geflüchtet, was mir ein weiteres Knurren entlockte. „Beruhigt euch bitte! Ich spüre, dass seine Worte euch verletzt und aufgebracht haben, aber ihr kennt Zoey am besten...“ „Ja, deswegen darf er nicht so über sie urteilen. Er kann nicht irgendwelche Behauptungen über meine tote Patentante aufstellen. Man darf nicht schlecht über Tote sprechen. Sie kann sich für seine Worte schließlich nicht mehr verteidigen, aber ich kann sie verteidigen,“ schnitt ich ihm das Wort ab. Dabei spiegelte meine Stimme Wut und Trauer wieder. Blaze Griff um meine Schultern lockerte sich kurz und das nutzte ich um wieder auf Carlisle zu zustürmen. Doch ehe ich bei ihm ankam, hatte Blaze mich schon wieder gepackt und klemmte mich nun zwischen seinem Flügel.
Er trug mich zum Fester und stieß es mit seiner Schnauze auf. Es war schon dunkel draußen. So schnell ist der Tag also umgegangen. Na gut ich bin auch erst mittags aufgewacht. „Blaze, lass mich sofort wieder runter!“ Er schwenkte sein Flügel in dem er mich hielt aus dem Fenster. „Nein, lass mich nicht hier sondern drinnen runter.“ „Sobald ihr euch beruhigt habt.“

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Lost Family || Volturi FF
VampirosZum unsterblichen Leben verdammt zu sein ist hart! Doch für mich ist gleich noch härter. In einem Detail hebe ich mich nämlich von den anderen Vampiren ab und bin deshalb auch auf der Flucht. Vor wem? Vor den Gesetzehütern unserer Welt, den Volturis...