Teil 19

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Im letzten Moment erst rollte er sich zusammen 

Damit seine Stacheln den Fall des Riesen aufhalten könnte. Dem Gewicht konnte die kleinen Stachelstäbchen nichts entgegensetzen, sie wurden einfach platt gedrückt und der Körper darunter auseinander gequetscht.

Er platzte sozusagen nach allen Seiten auf und das Innere verteilte sich gleichmäßig, alles bildete nur noch eine dünne Schicht.

Dagegen fiel der Körper des Riesen in voller Länge zu Boden, selbst der Boden, auf den er fiel, vibrierte sogar noch etwas nach. Damit hatte Lennard nicht gerechnet, weil gerade war doch noch alles in Ordnung, denn er lief und lief, nur konnte er absolut nicht sagen, warum er lief. Lief er vor etwas weg oder hatte er eine Aufgabe, die er erfüllen musste.

Alles war für ihm gerade in einem anderen Leben abgelaufen, ein Leben, in dem er nichts mehr zu suchen hatte.

Denn er konnte sich nicht mehr daran erinnern, eine neblige Decke hatte sich über seinen ganzen Körper gelegt, die Lennard auch wirklich weh tat.

Also entfernt sich die Straße vor mir mit allen übereinander geschichteten Universen, die tatsächlich parallel übereinander verliefen.

Dazwischen war zwar noch etwas Platz, was sich dort befand, darüber konnte Lennard nur spekulieren. Vielleicht, so dachte er nebenbei, sind dort unsichtbare Universen untergebracht. Unsichtbar deswegen, weil sie in einer völlig fremdartigen Dimension eingelagert sind.

Was immer das zu bedeuten hatte und was das für Dimensionen das sein sollten, war mehr etwas für Fantasten.

War er wieder eingeschlafen und was hatte es mit Dimensionen zu tun?

Natürlich hatte ihm seine Schlafkrankheit genau dahin gebracht, diesen ganzen Schwachsinn zu träumen. Was ihm aber gefiel, das war das wirklich schöne Gesicht, dieses außerordentlich gewandten Mädchens, was tatsächlich auf Händen laufen konnte, was ihm gegenübergestanden hatte.

Was da in der Mensa geschehen war, dafür schämte er sich nun vollends, denn es war so echt gewesen, dass es einfach kein Traum gewesen sein konnte.

Wenn er hier nicht aufgewacht wäre, dann, vielleicht dann, würde er noch immer in der Kammer herumstehen, weil die Sekretärin Feierabend machen wollte.

Noch nie hatte sich ein Tag geneigt, mit einem so ungutem Gefühl, eines sich anbahnenden Schreckens, es war nicht einfach nur ein Schrecken, der da wie eine böse Wolke über den sich neigenden Tag senkte.

Es war mehr eine absolute Gewissheit, einer sich nahenden Katastrophe, die sich immer mehr aufzubauen suchte.

Klaus hatte wohl wieder zu viel getrunken, denn irgendwie schien ihm die Realität abhandengekommen zu sein, etwas anderes konnte er sich einfach nicht vorstellen. Noch nie vorher hatte er ein so großes Angstgefühl, was es so einfach nicht geben durfte.

Nichts, aber auch nichts hatte dazu beigetragen, dass es eine große Gewaltanwendung ihn gegenüber vorlag.

Er selbst war noch nie ein gewaltbereiter Mensch gewesen. Im Gegenteil, wenn er auf eine Party auftauchte, dann war er der Schlichter. Er war der Ruhepol, der alle Parteien wieder befrieden konnte.

Er war doch noch nicht mal in der Lage, einer Flieg etwas zuleide zu tun.

Nein, es gab überhaupt keinen Grund, so ein Gefühl der Angstpanik zu entwickeln, oder gab es noch einen anderen Grund?

Der Mensch, der sich erst aus dem Tierreich entwickelt hatte, kannte in seiner Frühphase noch Urinstinkte, die sicherlich der eine und andere noch erhalten hatte.

Es konnte ja auch in Klaus einige Urinstinkte erhalten geblieben sein, die ihm dazu auswählten, schon im Vorfeld, feinste Spannungen in der Luft wahrzunehmen, die sich dann zu einer voll entwickelten Gefahr entwickeln konnten. Zwei, drei Gläser Bier weniger, hätten ihm vielleicht davor bewahrt, solch ein Gefühl zu entwickeln. Nun war er aber auch kein Trinker, deswegen vertrug er auch nicht so viel.

Im Gegenteil, schon nach dem ersten Bier hatte er ein leichtes nebliges Gefühl, was ihm schon im Vorfeld ein eigenartiges Gefühl verlieh.

Was sollte nach noch mehr Bieren in seinem Kopf ablaufen, wenn das eine Bier ihm schon fast die Füße wegschlug.

Im ersten Moment hatte er sogar abgewogen, einfach nach Hause zu gehen und seine Arbeitskollegen einfach sitzen zu lassen.

Nur empfand er eine solche Flucht als unhöflich gegenüber seinen Kollegen, die sich gerade mit ihm etwas mehr angefreundet hatten. Auch wenn er ein Eigenbrötler war, so sehnte er sich trotzdem nach Gemeinschaft, die ihn wirklich fehlte. Also blieb er sitzen und trank immer mit, wenn die Kellnerin eine neue Lage auf den Tisch stellte. Jetzt musste er eines dieser Urinstinkte erweckt haben, denn er soff, ohne weiter darüber nachzudenken.

Was da vor ihm abgestellt wurde, musste heruntergeschüttet werden, auch wenn der im Bier enthaltende Alkohol Dinge mit Klaus anstellen konnte, die ihm vielleicht später unangenehm sein werden.

Alkohol befreit den Kopf von unerwünschten Eigenschaften, zu viel über die Konsequenzen nachdenken zu müssen, die ihm im Moment daran hindern könnten, einer von ihnen werden zu können. Dabei war das Ende schon vorprogrammiert, denn was sollte schon werden, wenn erst der Alkohol seine wahre Natur ausbildet, das Gehirn völlig seine Arbeit eingestellt haben wird, ja dann ist wirklich alles möglich. Wenn, die wahre Natur zum Augenschein aller wird und der erste Moment des Erwachens einen nicht möglichen Irrsinn suggeriert.

Mit dem Rücken an eine Wand gelehnt, der Hintern sitzt in etwas Feuchtem, was sich im ersten Moment wie eine Pfütze ausmacht.

Der Kopf hängt vorne, nach unten ausgerichtet, das Kinn berührt gerade noch die Brust, ein kühler, unangenehmer Luftzug streift über den nur lax bekleideten Körper. Im Innern steigt die Kälte unangenehm auf, ein leichtes Zittern ist die Folge, noch nicht so schlimm, dass sich die Zähne aufeinander zubewegen, um ein Klappern zu verursachen.

Dazu kommt die Feuchtigkeit von der Po – Ecke, die merkwürdig nach allen Seiten ausstrahlt.

Etwas stimmt hier absolut nicht, rührt sich der innere Kern von Klaus, der sich gerade an nichts erinnern kann, weil scheinbar alles hinter einen dunstigen Nebel entschwunden scheint. Mit anderen Worten,

Klaus kann sich gerade an nichts erinnern, was gerade los ist und was noch viel schlimmer ist.

Es ist einfach nicht möglich, zu entziffern, wo er sich überhaupt hier befindet. 

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