20. Kapitel - Ihr erstes Lebenszeichen

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Obwohl ich an diesem grauen Montagmorgen früher aufgestanden war, hatte ich meinen Großvater nicht mehr erwischt, um ihn nach der alten Adresse meiner Grandma zu fragen. Also musste ich mich ohne weitere Informationen auf den Weg zur Schule machen. Dort angekommen fragte ich Michelle und Rily, doch sie hatten keine Ahnung von wem ich überhaupt sprach und waren mehr daran interessiert gewesen, warum ich dieses Haus überhaupt finden wollte. Es war sehr merkwürdig, dass sie von dem Brand nichts mitbekommen hatten. Schließlich war der Ort sehr klein und ich war davon ausgegangen, dass sich sowas rumsprach. Außerdem war der Brand gerade mal ein Jahr her. Aber ich hakte nicht länger nach, schließlich geriet ich selbst in Erklärungsnot und löste somit die Gespräche schnell wieder auf. Gegen all meiner Erwartungen lief ich weder Mason, noch Jayden über den Weg, worüber ich sehr froh gewesen war. Und auch Leah musste Zuhause geblieben sein.

Der Tag verlief recht ruhig. Es schien als wären alle mit den Gedanken noch im Wochenende. Ich war mir nicht sicher, ob ich seit dem Beschwörungsritual von gestern, sensibler geworden war oder ob die Zufälle wieder zurück in mein Leben gefunden hatten. Schon kurz nachdem ich das Haus verlassen hatte, ereignete sich der erste Zufall. Ein Mädchen im Bus trug genau das gleiche Oberteil, wie ich. Es war eins der Wenigen, die ich schon seit über zwei Jahren besaß und deshalb der Meinung gewesen war, dass es wohlmöglich kein Anderer mehr trug. Im ersten Kurs markierte ein Mädchen vor mir ihre Mitschriften, mit exakt den gleichen Farben, an genau den gleichen Stellen. Im nächsten Kurs gab es wieder jemanden, der die gleichen Schuhe trug, wie ich und ein weiteres Mädchen, das ihre Haare auf die gleiche Art und Weise hoch gesteckt hatte, wie ich. Und dann war da noch die Sachen mit dem Zehn-Doller Schein. Es war nicht so, dass ich wirklich einen gefunden hatte. Aber fast jeder, mit dem ich an diesem Tag zu tun hatte, stellte einen Zusammenhang damit her.

Michelle und zwei ihrer Freundinnen, hatten alle Drei genau nur noch einen Zehn-Doller Schein in ihrem Portmonee, mit denen sie sich etwas in der Mensa kauften. Rily verwickelte mich während des Unterrichts ungewöhnlicher Weise in ein Gespräch, über die Beschaffenheit von Zehn-Doller Scheinen und auf dem Rückweg lief vor mir ein Typ, der einen Zehn-Doller Schein verlor, den ein Mädchen hinter ihm aufhob und ihm wiedergab.

Von Zufall zu Zufall war ich immer mehr in Panik geraten. Dabei waren das keine Zufälle, die mich hätten ängstigen müssen. Ich meine es waren einfach nur belanglose Zufälle. Ich hatte nur das ungute Gefühl, Maliee und ich könnten letze Nacht etwas ausgelöst haben. Die Zufälle ereigneten sich nun noch schneller hintereinander, als sonst, ich hatte diesen seltsamen Traum gehabt und dann waren da noch die gewellten Linien, die einfach nicht verschwinden wollten. Im Gegenteil, es sah fast so aus, als würden sie mit der Zeit immer deutlicher werden. Ich hatte mir den ganzen Tag über alle Zufälle und merkwürdigen Ereignisse notiert, um sie später mit Maliee genauer durchzugehen. Vorher musste ich jedoch eine weitere Telefonkarte kaufen, da unser Gespräch gestern Nacht spontan abgebrochen war und mein Guthaben mittlerweile nicht mal mehr einen Doller betrug. Beim Kaufen bemerkte ich, dass mir bald das Geld ausging. Damit stellte sich mir das nächste Problem in den Weg. Ich wollte meinen Großvater nicht nach Geld fragen, es war aber auch keine Option Maliee nicht mehr erreichen zu können. Wohl oder übel müsste ich mir bald einen Nebenjob suchen. Wenigstens die Gespräche mit Maliee musste ich haben, wenn es schon keinen Weg hier raus gab. Langsam fing ich sogar an zu glauben, dass es einen wirklich guten Grund geben musste, warum ich hier her verfrachtet worden war.

Gegen 16 Uhr traf ich auf meinen Großvater und zögerte nicht lange, ehe ich ihn in ein Gespräch verwickelte:

„Hi, wie geht's dir?" Es fühlte sich seltsam an ihn das zu fragen. Seit meiner Ankunft hatte keiner den Anderen gefragt, wie es ihm ging. Wahrscheinlich, weil es uns einfach nicht interessierte. Mein Großvater musste die Frage mindestens genauso seltsam finden wie ich, denn er sah mich mit erhobener Augenbraue fragend an und schob sich dann einen Löffel Joghurt in den Mund. Zögernd setzte ich mich ihm gegenüber. Mir war mulmig zumute. Es graute mir davor ihn nach der alten Adresse meiner Grandma zu fragen, aber ich hatte ja keine andere Wahl.

Zufall oder Magie? (1. Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt