Ich war betrunken. Schon wieder. Doch dieses Mal war ich wirklich gut drauf. Es war keines dieser traurigen Besäufnisse. Es machte Spaß.
Casey und Dex waren ein unschlagbares Team. Wir waren in zwei Bars gewesen und dann in einem Club gestrandet und einer von beiden sorgte stets dafür, dass ich ein Drink in der Hand hatte. Es war fantastisch. Beinahe so fantastisch, dass ich nicht an Scott denken musste.
Jedenfalls bis der DJ entschied es wäre Zeit für den schlechtesten Remix, den jemals jemand von Kiss me gemacht hatte, zu spielen. Sixpence None The Richer hätten diesen Kerl verklagen sollen, doch nach einem Tequila und einem Vodka war es mir beinahe schon wieder egal.
Wir tanzten einfach weiter. Mir war klar, dass ich wesentlich betrunkener war als Casey und Dex zusammen, doch es kümmerte mich nicht und ich genoss es, dass ich an nichts denken musste. Ich vertraute den beiden und wusste, dass ich sicher war und einfach den Moment leben konnte. Etwas das ich noch nie getan hatte.
Doch auch wenn die beiden alles taten, konnten sie mich nicht davon abhalten an Scott zu denken. Mir zu wünschen, dass er hier war, mich berührte, seine Finger in mein Fleisch graben und mich an sich pressen würde. Ich wünschte mir sein Atem auf meiner überhitzten Haut zu spüren. Seine Lippen in meinem Nacken, auf meinem Hals, auf meinem Kinn zu spüren. Ihn leise meinen Namen sagen hören.
Ich wollte mit ihm in unserer kleinen Blase sein. In der es die Welt da draußen nicht gab. Wo es keine Lilly, kein Eishockey, keine Realität gab. Wo es einen Scott gab, dem ich wirklich etwas bedeutete. Der mir schrieb und sagte, dass alles nur ein Missverständnis war. Der mich liebte. Der mich so liebte, wie ich ihn liebte.
Ich riss die Augen auf. Ich musste aufhören. Ich heulte ihm hinterher, wie ein Teenager. Aber ich war erwachsen und Scott auch. Er hatte sich entschieden und damit musste ich leben. Ich würde nicht mein Leben lang an ihm hängen können. Vielleicht sollte ich mir einfach einen anderen suchen. Jemand der mir egal ist. Denn dann tat es nicht so weh, wenn ich ihm egal war.
Ja, das würde mir gefallen. Langsam ließ ich den Blick schweifen und sah wie Casey und Dex an der Bar standen. Sie waren beide total unterschiedlich, aber beide unglaublich attraktiv.
Casey war einer dieser aristokratischen Männer die sich an alle Regeln hielt und eine gewisse Eleganz ausstrahlte. Und wenn er lächelte raubte er einem den Atem.
Dex war roher, wilder aber nicht weniger gutaussehend. Mit seinen dunklen Locken und diesem verschmitzen Grinsen schien er immer genau den Ton zu treffen. Ich konnte keiner der Frauen verübeln, dass sie immer wieder zu ihnen blickten. Vielleicht sollte ich Dex und Sarah mal einander vorstellen?
Es wäre einfacher, wenn ich einfach Gefühle für einen der beiden hätte. Es hatte eine Zeit gegeben in der ich geglaubt hatte, dass Casey und ich vielleicht mal heiraten würden. Doch wir hatten uns auseinandergelebt. Jedenfalls in einer Beziehung. Doch ich war froh über unsere Freundschaft. Auch wenn wir uns nur selten sehen konnten.
Mit einem Lächeln auf dem Gesicht steuerte ich die Bar an. "Hey, Harp." Rief Dex und grinste breit. "Wie geht's dir?" Wollte er wissen und ich lachte auf. "Mir..." Begann ich und überlegte. Ich wollte weder ihn noch mich belügen, doch wenn ich ehrlich war, war ich trotzdem glücklich.
Vielleicht sollte es nicht sein und vielleicht sollte das alles, was passiert war, mir zeigen, dass ich nicht auf etwas warten musste, dass nicht für mich bestimmt war. Vielleicht sollte ich darauf vertrauen, dass es eben nach Plan lief auch wenn es nicht unbedingt meiner war.
"Mir geht es wirklich gut. Danke, Dex. Du weißt gar nicht, wie froh ich über unsere Freundschaft bin." Sagte ich und umarmte ihn. Es war das erste Mal, dass ich sah wie er errötete und verlegen lächelte. Doch er schüttelte es schnell ab und kehrte zu seiner Selbstsicherheit zurück.
"Gut. Wenn du glücklich just, bin ich es auch." Erklärte er, doch dann huschte ein Ausdruck über sein Gesicht und ich stutzte. "Was ist?" Fragte ich, sah ihn an und runzelte die Stirn. "Ich muss meinen Flieger kriegen." Stellte er fest und blickte auf sein Telefon. Es war schon zehn vor drei. Erschrocken schnappte ich nach Luft. "Dann los!" Der Flieger, den er kriegen muss flog um Viertel nach fünf und wir mussten noch quer durch die Stadt. Panisch blickte ich mich nach Casey um, der gerade auf uns zugeschlendert kam und lächelte. Unter andern Umständen hätte ich sicherlich danach gefragt, was er getrieben hatte, dass ihm ein solches Lächeln aufs Gesicht zauberte.
"Wir müssen los!" Sagte ich aber nur, schnappte seinen Arm und zog beide, leicht angetrunken aus dem Club.
Es war schon kühl geworden die letzten Wochen. Den Sommer hatte ich irgendwie verpasst und jetzt wo der Herbst mit einer Heftigkeit einzog war ich beinahe überrascht gewesen. Doch der Herbst in New York war ruhig. Ruhiger als der Rest des Jahres. Denn viele zogen sich zurück und verkrochen sich hinter den Fernseher. Etwas was ich auch gemacht hätte, wenn ich ehrlich war. Doch trotzdem genoss ich die Schönheit des Herbstes viel zu sehr. Zumal ich alles liebte das auch nur Ansatzweise nach Kürbis schmeckte. Pumpkin Spice 4 Ever!
Wir kamen und kurz nach halb fünf in Caseys Wohnung an und ich sah mich um. Seine Wohnung war das reine Chaos. Sein Leben war reines Chaos, seit ich hier war und ich war dankbar dafür. Wirklich dankbar. Doch vielleicht sollte ich mich um das Chaos kümmern und dann auch wieder nach Hause fliegen.
Nach Hause? Die letzten Jahre hatte sich nie etwas nsch einem wirklichen Zuhause angefühlt und es überraschte mich, dass ich so intuitiv nun von meinem Zuhause sprach.
Egal was zwischen mir und Scott war, Lilly war meine Schwester und Dad war mein Dad. Sie waren meine Familie und so ziemlich alles an Familie was ich noch hatte.
Aber ich würde weder Dex, noch Casey oder Sarah vergessen. Und meinen Job auch nicht. Ich liebte mein Leben eigentlich. Auch wenn es mal schlechte Zeiten gab. Und ich wollte mich nicht verstecken, nicht davonlaufen.
Das hatte ich lange genug getan. Und damit war jetzt Schluss. Ein für alle mal!
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ICECOLD - 1 - Scott Knight
RomanceUnsere Blicke verschränkt sich ebenso fest miteinander. "Harper." Flüsterte er, als könnte er kaum glauben, dass ich hier war. Vor ihm stand. Langsam hob ich meine andere Hand und legte sie an seine Wange. Die Wärme seiner Haut zog direkt in mich e...