Das Blatt wendet sich - Teil 3

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Grell aufleuchtende Augen, die mich anstarrten. Es war immer wieder derselbe Traum.


Nach der letzten Nacht, bei der Yuna nicht die Gelegenheit hatte, in das Mondwohnheim einzubrechen, vergingen weitere Tage und Nächte, bei der sie an jedem Klassenwechsel aufs neuste überprüft musste, ob jeder der Schüler das Wohnheim verlassen hatte. Seltsamerweise war es immer wieder ausgerechnet Maria gewesen, die fehlte. Hatte sie von Kaname noch mehr Ärger einstecken müssen? Vielleicht weil Aido sie ihres Verhaltens wegen verpfiffen hatte? Yuna dachte daran, wie Maria ihre Griffel bei Aido hatte und sie das in Rage gebracht hatte. War es etwa Eifersucht, was sie dazu verleitet hatte? Durchaus möglich, wobei das gar nicht ihre Art war. Jedenfalls erübrigte sich die Frage nach Marias Aufenthalt, als sie weitere Tage später beim Klassenwechsel auftauchte und die Vertrauensschülerin nicht beachte. Gut so, denn dass sie endlich das Wohnheim verließ, hieß für Yuna, dass es an der Zeit war, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Dafür schleppte sie Yuki mit, die von ihrem Vorhaben nicht sonderlich begeistert war – zumal Zero der einzige bei der Nachtschicht war und die Gefahr bestand, dass dies auffallen könnte. Gerade bei neugierigen Vampiren.

Die beiden Mädchen verloren deswegen keine Zeit und nahmen den Weg durch den Wald, der deutlich länger war als der Hauptweg, bei dem sie an den Wächter vorbeimüssten – eine schlicht und ergreifend unmögliche Tat.

»W-Warte!«, stöhnte Yuki, als sie an einer Absperrung ankamen und die Brünette vor Luftprobleme bereits auf die Knie fiel. Yuna hatte überraschenderweise nur eine beschleunigte Atmung. Sie merkte deutlich, dass sie sich in den letzten Tagen besser und vor allem stärker fühlte, auch wenn die Albträume sie nach wie vor heimsuchten. Dafür verblassten sie allmählich.

»Wir sind da.« Yuna betrachtete den hohen Gitterzaun, der nur eine zu gute Absperrung für neugierige Menschen abbildete. Es war fast unmöglich, darüber zu klettern. Aber nur fast.

»Keiner der Nachtschwärmer würde jemals da drüber kommen«, erwiderte Yuki weiterhin noch schwer atmend.

Yuna schmunzelte und ging wenige Schritte zurück, nur um Anlauf zu nehmen und die Absperrung in Windeseile hinaufzuklettern. Oben an der Kante angekommen überschlug sie sich und landete mit einem Satz auf die andere Seite.

Yuki blickte perplex drein. »Gut, keiner außer dir.«

Yuna drehte sich um und betrachtete den hinteren Teil des Mondwohnheims. Hier konnte sie unmöglich ihre Eiskrallen in die Fassade reinschlagen, ohne dabei Spuren zu hinterlassen. Yuki sah sich in der Zeit auf einem Baum nach einer perfekten Sitzmöglichkeit um, von der sie einen perfekten Blick auf den Hauptweg Richtung Mondwohnheim hatte.

»Wenn du jemanden siehst, wirfst du die Kieselsteine an ein Fenster, verstanden?«

Yuki nickte und gab ihr zusätzlich ein Handzeichen. »Viel Erfolg.«

Yuna nickte – Erfolg war genau das, was sie jetzt brauchte. Mit entschlossenen Schritten suchte sie den Weg zum Hintereingang, der sich in der Nähe von einer prächtigen Terrasse befand. Es stellte sich nur schnell heraus, dass dieser Eingang verschlossen war, sodass sie unruhig zum Vordereingang eilte, der auch abgeschlossen war. Mit einem leichten Seufzer musste sie sich schnell etwas einfallen lassen und kreiste um das pompöse Mondwohnheim rum, bis sie zu ihrem Glück ein halb offenes Fenster im Erdgeschoss fand. Yuna nutzte die Gelegenheit und schaute sich rasch um, ehe sie das Fenster öffnete und behutsam durchstieg, ohne die Pflanzen von der Fensterbank runterzustoßen. Innen angekommen war es stockfinster, doch für ihre Augen kein Hindernis, um zu erkennen, dass sie sich in der Küche befand, die viermal so groß war wie ihr eigenes Zimmer im Wohnheim. Yuna schüttelte bei diesem Anblick den Kopf. Diese verdammten Vampire.

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