Als Yuna die Augen öffnete, erkannte sie zunächst die vereinzelten Sonnenstrahlen, die an den Vorhängen vorbeischienen. Das gegenüberliegende Bett von Agatha war ordentlich gerichtet, aber leer. Sie war also früher wach geworden – wie untypisch.
Mit einem pochenden Schmerz im Kopf erhob sich Yuna und massierte die Schläfen, bis der Schmerz kleiner wurde und sie einen klaren Gedanken fassen konnte. Die Erlebnisse in der Nacht waren absolut kein Traum gewesen, dafür sorgte die Schnittwunde an ihrer Handinnenfläche, die seltsamerweise schon fast vollständig verheilt war. Ein Déjà-vu.
»Na endlich bist du wach! Weißt du, was ich mir für Sorgen gemacht habe? Jedenfalls können wir uns jetzt auf keinen Fall mehr im Unterricht blicken lassen«, fuhr Agatha sie mit einem überraschenden Ausdruck im Gesicht an. Sie trug immer noch ihr Pyjama und die flauschigen, pinken Pantoffeln. Ihr Haar jedoch hatte sie bereits gekämmt.
»Wovon redest du?«, fragte Yuna schlaftrunken und gähnte diskret. Sie fühlte sich seltsamerweise viel erschöpfter als sonst.
»Wovon ich rede?«, kopfschüttelnd setzte sie sich neben ihrer Freundin hin, »du hast geschlafen wie ein Stein, Yuna. Es war unmöglich, dich irgendwie wachzubekommen. Schau mal auf die Uhr.«
Sie gehorchte ihrer besten Freundin und rieb sich nochmals die Augen, um eine klare Sicht auf den Wecker zu bekommen, der auf ihrem Nachtschränkchen stand. Sie traute ihren Augen nicht, als sie feststellte, dass Agatha Recht hatte. Erstaunt stürzte sie sich auf den Wecker und warf einen näheren Blick darauf, aber ihre Augen trügten sie nicht. Sie hatte die ersten fünf Schulstunden verschlafen!
»Wie ist das möglich...«, murmelte Yuna nachträglich und stellte gleichzeitig fest, dass sie zwar wieder von ihrem Albtraum heimgesucht wurde, er aber verblasst auftrat und sie nicht dazu drängte, sofort aufzuwachen. Es hatte sich angefühlt als würde irgendeine äußere Macht versuchen, alles Böse in ihrer Wahrnehmung zu unterdrücken.
»Jedenfalls haben wir wegen dir den Unterricht verpasst und werden großen Ärger bekommen, falls wir jetzt noch auftauchen sollten«, stellte Agatha mit verschränkten Armen fest.
Sie hatte Recht. Normalerweise hatte sich Yuna zur Verfügung gestellt, um Agatha aus dem Bett zu zwängen, da der Wecker keinerlei Wirkung auf sie zeigte. Dadurch, dass Yuna ihrer Albträume wegen sehr früh wach wurde, konnte sie dies problemlos tun, aber nun stellte sich heraus, dass sie mehr als drei Stunden geschlafen hatte! Das konnte unmöglich wahr sein!
»Und was schlägst du vor?«, fragte Yuna und versuchte, ihr Erstaunen in Schach zu halten.
»Auf jeden Fall nicht zum Unterricht gehen. Wir kassieren nur Nachsitzen für die nächsten zwei Wochen.«
»T-Tut mir leid.«
»Ach was!«, entgegnete sie mit einem breiten Lächeln, »ist doch nicht so schlimm. Ich meine, nachdem du mir diese Wahnsinns Szene abgeliefert hast, kann ich dir das erst recht nicht übelnehmen.«
»Wovon redest du?«, fragte Yuna mit gerunzelter Stirn.
Der Körper des Mädchens, das sich an Aido angelehnt hatte, entspannte sich und ihr Herz schlug in einem langsamen, gleichmäßigen Rhythmus. Yuna war eingeschlafen und er konnte sich beim besten Willen nicht sagen, was ihn dazu getrieben hatte, sie aufzusuchen und ihr in diesem Moment beiseitezustehen. Alles an ihr verwirrte ihn mehr als alles andere auf der Welt und sein Verhalten ihr gegenüber gehörte ebenso dazu.
›Warum fühlt es sich trotz allem richtig an?‹
Der plötzlich aufsteigende, süße Geruch ihres Blutes nahm er erneut in seiner Nase auf. Aido war in seinen Gedanken so vertieft gewesen, dass dieser unwiderstehliche Geruch in Vergessenheit geraten war! Dass sowas überhaupt möglich war, schockte ihn zutiefst, denn normalerweise war er es unter den Vampiren, der den Blutgeruch eines Menschen nicht vergessen oder ignorieren konnte, sobald er diesen wahrgenommen hatte.

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Ich werde dir folgen, bis ans Ende der Welt ♡
FanfictionAsuna alias Yuna lebte bei einer Familie, die aus adligen Vampiren bestand. Sie selbst aber war nicht als Level-B, sondern als Mensch mit besonderen Fähigkeiten geboren. Solche "Wesen" nannte man Shurshio. Vampire fürchteten diese Wesen, da ihre Fäh...