Auf Leben und Tod

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Die Musik hallte und füllte den Ballsaal in ein wohliges Licht, das die Menschen und Vampire umgab und mit einem fröhlichen Gelächter versorgte. Sie tanzten oder unterhielten sich angeregt – einige von ihnen schlossen sogar neue Freundschaften. Für die meisten war dieser Abend einer der schönsten im ganzen Jahr gewesen. Jeder von ihnen spürte dieses wohlige Licht, das ihre Seele berührte. Alle – außer Aido, der sich in der Nähe des Ballsaals befand und regungslos auf seine Hände hinabblickte, die noch vor wenigen Momenten zuvor Yunas dünne Arme umschlossen hatten. Seine Gedanken waren gefüllt von Vorwürfen, dass er sie nicht hätte gehenlassen dürfen und den Befehl missachten müssen. Noch nie zuvor war er über die Befehle, die er einem Reinblüter befolgte, unentschlossener gewesen als jetzt. Er horchte und führte sie aus Gründen der Loyalität aus. So war das schon immer verfügt worden, denn die Vampire hatten sich Reinblüter unterzuordnen. Warum also blickte er finster drein und stellte den Befehl von Kaname in Frage?

Aido beobachtete den Reinblüter, der sich zusammen mit ihm und einigen wenigen Night-Class Schüler versammelt hatte. Er hörte, wie sie über die nächsten Schritte sprachen und den richtigen Zeitpunkt abwarteten, damit sie Yuna ergreifen konnten.

»Kaname-Sama«, hörte er Ichijo rufen, »der Senat weiß von ihrer Existenz Bescheid. Wir müssen nach verdächtigen Anzeichen seitens des Senats Ausschau halten. Sie werden mit Sicherheit versuchen, sie zu töten

Bei den letzten Worten zuckte Aido zusammen. »Ich werde sie suchen«, murmelte er und entfernte sich von seinen Mitschülern, die ihm hinterherriefen, bevor Kaname sie dazu aufgefordert hatte, ihn gehenzulassen. Gut so, dachte er und eilte zum Sonnenwohnheim, wo keine Menschenseele zu spüren war, sodass er seine Schnelligkeit bis zu ihrem Zimmer nutzte, die Tür aufbrach und hineinplatzte. Er seufzte verbittert, als er schnell feststellte, dass sie nicht hier war, ihr Kleid aber auf dem Bett vorfand. Aido überlegte fieberhaft nach, wo sie sein könnte, da nicht einmal ihre Präsenz bis in die Ferne zu spüren war.

Es war als hätte sie nie existiert.

Aido näherte sich dem Kleid und dachte an diesen einzigartigen Moment, wo er Yuna für eine längere Zeit nahstehen und mit ihr tanzen konnte. Ein kurzer Film spielte sich in seinem Kopf ab, wo sie ihm selig in die Augen blickte und anlächelte.

Ein leises Knurren ertönte, was Aido aus seinen Gedanken hervorlockte. Er senkte seinen Blick zu Boden und bemerkte schnell, dass dieses Geräusch von diesem merkwürdigen Fuchs kam, den er heute Nachmittag auf Yunas Schulter kennengelernt hatte. Dieses kleine Wesen hatte sich aus einem großen Kissen erhoben und funkelte ihn böse an. Es war eine verrückte Idee, aber wenn dieses Tier aus dem mysteriösen Tal stammen sollte, dann sollte sie...

»Wir müssen reden

Der kleine Fuchs weitere kurz seine Knopfaugen, was ihm die Bestätigung gab, dass sie ihn verstehen konnte. Mina knurrte daraufhin nur noch lauter und fletschte die Zähne, als Aido sich auf die Knie hockte und sich zu ihr beugte. Er blieb von ihrer Warnung unbeeindruckt und streckte seine Hand nach ihr aus, was mit einem Bellen beantwortet wurde. Er rührte sich nicht.

»Ich bitte dich. Bitte sag mir, wo meine Schwester ist.«

Mina verstummte plötzlich und trat einen Schritt zurück. Zwischen den beiden herrschte lange Zeit nicht mehr als eine unerträgliche Stille, die Aido den letzten Nerv raubte.

»Ihr wisst es also.«

Aido hob die Augenbrauen an und glaubte kaum, was er da gerade vernommen hatte. Der Fuchs hatte gesprochen! Und dass in einer weiblichen, etwas hohen Stimme.

»J-Ja. Bitte sag mir, wo sie zu finden ist. Sie ist in Gefahr.«

»Ich werde Euch nicht verraten, wo sie sich befindet.«

Ich werde dir folgen, bis ans Ende der Welt ♡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt