Das Tagebuch von Akane Hayomi

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Yuna war von dem heutigen Tag und Abend mehr als bedient. Mit einem nur zu offensichtlich genervten Gesichtsausdruck trat sie stumm in ihr Zimmer ein und ignorierte die einkommenden Rufe von Agatha, die ihr auf Schritt und Tritt hinter trottete. Yuna blieb natürlich nicht davon verschont, dass sie nach ihrem Wohlbefinden gefragt wurde.

»Yuna, nun sag doch endlich etwas!«, rief sie ein letztes Mal, bis sie schließlich doch aufgab und ihrer Freundin dabei zusah, wie sie einen kleinen weißen, mit Blut befleckten Beutel aus der Rocktasche zückte und diesen in die Schublade ihres Nachttisches warf.

»Bestens«, antwortete Yuna zornig und schlug die Schublade mit einem nachhallenden Klang zu. Natürlich ging es ihr nicht bestens, gerade nicht seitdem ihre Halskette in einem Haufen von Scherben lag. Sie hatte aber gewiss nicht vorgehabt darüber zu reden, sodass sie sich aus ihrer Day-Class Uniform schälte und in ihr Nachthemd schlüpfte. Agatha nahm die stumme Ablehnung mit einem Seufzen hin und begab sich zu der Schublade, die noch eben wütend zugeschmissen wurde. Mit einem kurzen Blick auf Yuna, die sich die Bettdecke über sich gezogen hatte, öffnete sie die Schublade und das darin befindliche Tüchlein. Agatha wollte sich selbst ein Bild von dem Ausmaß der Zerstörung machen. Doch dann stutzte sie.

»Y-Yuna?«

Die Angesprochene schwieg und bewegte keinen Muskel. Daraufhin wiederholte Agatha ihren Namen, diesmal eindringlicher.

»Bitte schau dir das an.«

Yuna warf die Bettdecke mit einem Stirnrunzeln von sich und verstand nicht, was dieser plötzliche Aufruhr zu bedeuten hatte. Sie folgte jedoch ihren Anweisungen und begab sich zu ihrem Nachtschränken. Bei dem Blick in die Schublade stockte ihr der Atem.

»D-Das ist nicht möglich«, wisperte Yuna und griff in den geöffneten Beutel hinein. Der Anhänger ihrer Halskette war... ganz! Zwar lagen noch die vereinzelten Scherben neben dem Anhänger, aber er war wieder ganz. Aber auch anders, denn der Zylinder bestand aus purem Eis! Mit zittrigen Händen berührte sie das Eis und nahm schließlich den Anhänger heraus.

»Y-Yuna? Was für ein Zauber ist das?«, fragte Agatha nicht weniger schockiert über diese Entdeckung.

Sie schüttelte langsam den Kopf. »I-Ich weiß es nicht.«

Behutsam legte Yuna den Anhänger auf ihre Handfläche und strich mit der Fingerspitze sanft über die Rillen, die das Eis so unvollkommen machte. Sie war sichtlich erstaunt, aber auch verwirrt über diese Regeneration. Hatte Aido den Anhänger so erschaffen, damit sich das Eis beim Bruch von selbst regeneriert? Sie glaubte kaum, dass er über solch eine Macht verfügen könnte, aber allein diese Tatsache ließ sie eines Besseren belehren. Das war nur nicht das einzig fantastische an der Situation, sondern eher die Schneeflocken, die im Anhänger fixiert waren, und so aussahen, als wären sie nie beschädigt worden Doch etwas unterschied sich deutlich von den Schneeflocken zuvor: Sie waren rot.

Yuna wusste sofort, dass das rot von ihrem Blut herrührte. Es war schlicht und ergreifend unglaublich. Die Schneeflocken hatten das Blut an ihren Händen aufgesaugt – als wären es Vampire.


Unmittelbar nach dem Unterrichtsschluss hatten sich die Night-Class Schüler in kleinen Gruppen geschlossen, wobei die meisten sich um Kaname versammelten und ihm die Aufmerksamkeit schenkten. Aido blieb derweil auf seinem Platz sitzen und faltete die Hände zusammen, während er sich diese Stimme, von der er herausgefunden hatte, dass sie einer weiblichen Person zuzuordnen war, mehrmals ins Gedächtnis rief – in der Hoffnung, dass es nicht Yuna war. Er analysierte haargenau die Stimmfarbe, doch egal wie oft er versuchte, der Tatsache auszuweichen, es gelang ihm nicht. Mit einem leidvollen Seufzer erhob er sich schließlich von der Sitzbank und verließ stumm das Klassenzimmer.

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