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Keine fünf Minuten später klingelte es an der Tür. Ich wich ihm zum ersten Mal von der Seite und sprintete zur Tür, um diese regelrecht aufzureißen. Ein flüchtiges Hallo kam mir gerade so über die Lippen, bevor ich wieder mit den beiden Sanitätern in mein Zimmer ging. Eli lag immer noch unbeweglich im Bett. Sein Gesicht war ganz blass und er hatte die Augen geschlossen. Ein Sanitäter prüfte sofort seinen Puls, während der andere sich auf meine Bitte, seinen Bauch ansah. In mir kroch die Angst hoch. Was wenn er es nicht schaffte? Ich wäre schuld. „ Brauchen wir gar nicht diskutieren. Krankenhaus. Sie kommen denke ich mit, als sein Bruder?" Hastig nickte ich, ohne zu realisieren, dass ich ihre Aussage eigentlich korrigieren müsste. War aber auch egal. Hauptsache er überlebte. „ Mein Kollege geht ein Tragetuch holen. Könnten sie mir sagen, wie das passiert ist?" Mein Blick wanderte zur zu Eli. Er schüttelte hastig den Kopf und formte mit den Lippen immer wieder stumm das Wort bitte. Eigentlich wollte ich ihm das nicht antun, aber ich hatte keine Wahl. „ Er wurde angegriffen, kann sich aber nicht mehr dran erinnern, wer es war. Es ging ihm gut, deswegen sind wir nicht ins Krankenhaus. Seine Wunden konnte ich selbst versorgen." Ein bisschen geflunkert war es schon, aber der Kern stimmte und das war am wichtigsten. „ Danke. Helfen sie mir bitte ihn anzuheben?" Der Sanitäter war mit einem Tuch zurück, welches er ein Stück unter Eli schob. Ich packte unter seinen Armen mit an und ließ den Sanitäter das Tuch unter ihn schieben. „ Nehmen sie ihm noch Jacke und Schuhe mit und dann kommen sie." Aus meinem Schrank griff ich schnell eine Stoffjacke, nahm dann noch seine Schuhe und rannte dann hinter den beiden Sanitäter die Treppe runter. Zusätzlich griff ich mir meine eigenen Schuhe und den Haustürschlüssel, bevor ich auch schon hinter mir zumachtet. Jetzt wo ich im Krankenwagen saß und Zeit hatte, meine Gedanken kreisen zu lassen, kam die Panik wie eine Welle über mich herein geschwappt. Er könnte sterben. Alleine unter fremden Menschen, die er kein Stück kannte. Ich kannte ja nicht mal seinen vollständigen Namen. Hatte er selbst Panik, oder bekam er das gar nicht mehr mit? Ich bemerkte selbst erst jetzt, wie sehr meine Hände zitterten, als ich versuchte nach seiner Hand zu greifen. Sanft streichelte ich über seinen Handrücken und hoffte, damit irgendwas zu bezwecken. Und sei es nur ihm das Gefühl zu geben, nicht alleine zu sein. „ Danke.", bekam er gerade so schwach über die Lippen. Auch wenn die Situation scheiße war, konnte ich nicht verhindern, dass meine Mundwinkel sich nach oben zogen. „ Immer doch. Ich bin für dich da.", versicherte ich ihm und legte nun auch meine zweite Hand um seine.

Bis zum Abend hockte ich im Wartezimmer und versuchte mir nichts schlimmes auszumalen. Selbst wenn ich ihn nicht kannte, er war mir nicht egal. Ich hatte selbst meine Großeltern angelogen. Hatte ihnen gesagt, dass ich bei einem Freund war und es später werden würde. Meine Nerven lagen blank und ich wusste bald nichts mehr mit mir anzufangen. Unruhig lief ich seit Minuten hin und her. Was dauerte das den auch so lange. „ Entschuldigen sie, sind sie zufällig ein Angehöriger von Felix Haber?" Erst wollte ich schon den Kopf schütteln, als mir etwas auffiel. Eli. Eli war die Abkürzung von Felix. Wieso war ich da nicht selbst drauf gekommen. Sofort nickte ich und hoffte dadurch Informationen zu bekommen. Als Begleitperson bekam ich diese Info nämlich nicht. „ Er ist wohl auf und bereits aufgewacht. Er hatte eine Milz Ruptur und dabei einiges an Blut verloren. Wir konnten ihn weitestgehend versorgen. Wenn er sich schont, dürfen sie ihn wieder mit nach Hause nehmen. Einen Kontrolltermin würde ich so in einer Woche vereinbaren. Wenn sie mir dann bitte folgen würden." Erleichtert atmete ich durch. Ihm war nichts passiert. Es war gerade so alles gut gegangen. Ich beeilte mich ihr zu folgen. Ich wurde zu einem kleinen Zimmer geführt und dann vor der offenen Tür stehen gelassen. „ Komm ruhig rein. Ich bin gleich fertig.", wurde ich von einem Arzt herein gebeten. Zaghaft öffnete ich die Tür weiter und trat in den Raum. „ Also wie gesagt schon dich. Fünf Tage Bett wären angemessen. Danach kannst du dich langsam steigern. Alles Gute für die Zukunft und gute Besserung." Damit verschwand auch der Arzt und wir waren wieder alleine. Noch immer war er blass und sah total fertig aus. „ Hey wie geht's dir?", fragte ich und setzte mich neben dem Bett auf einen Stuhl. „ Genauso beschissen, wie davor. Warum hast du mir geholfen? Du hättest mich einfach sterben lassen sollen.", murmelte er schwach. Nach den Schnitten schockte mich so eine Aussage wenig. Eins verstand ich daran allerdings nicht. Ihm ging es schlecht, er wollte sterben und hatte sich sogar selbst schwer verletzt. Warum tat er es nicht selbst? Hatte er zu viel Angst? Die Frage war aber, konnte ich ihn einfach so fragen. Wahrscheinlich eher nicht. „ Glaubst du, ich hätte das gekonnt? Unterlassene Hilfeleistung ist strafbar und ich bin sicher, dass es komisch kommt, wenn ein Schwerverletzter Fremder in meinem Haus stirbt und ich ihm nicht geholfen hab, weil er nicht wollte. Außerdem. Dein Leben hat noch einiges zu bieten. Du bist viel zu jung, um zu sterben. Klar ist das Leben manchmal scheiße und glaub mir, ich kann das bestens nachvollziehen. Aber wenn du unten angekommen bist, was soll dann noch passieren? Es geht von da nur Berg auf. Ich will dich nicht bedrängen, oder dir vorschreiben, was du zu tun hast, aber ich würde dir helfen. Du kannst mit Problemen zu mir kommen, ich werde dir helfen. Ich pass auf dich auf. Du musst nur die Hilfe annehmen." „ Danke. Auch das du mich nicht verpfiffen hast. Hilfe anzunehmen ist nicht leicht, aber ich werde es probieren. Bevor du dich auf mein Chaos einlässt, möchte ich, dass du eins weißt. Ja ich hab Selbstmordgedanken, ja ich ritze mich. Und ich werd das auch nicht ewig durchhalten. Beim nächsten mal mach ich sicher keinen halt mir das Leben zu nehmen. Ich möchte nur, dass du das weißt und mich dafür nicht verurteilst. Sicher werd ich keine fünfzig, aber das ist okay. Zumindest für mich. Du musst dich darauf einstellen, dass ich von heut auf morgen weg bin."

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