„Willst du die Krücke sicher nicht mitnehmen?", fragte Sue skeptisch, während ich auf der Treppe saß und mir von ihr die Schnürsenkel binden ließ, weil mein Arm immer noch in dem nervigen Gips steckte. Die Wunde an meinem Fußrücken war innerhalb der letzten Wochen so gut verheilt, dass der Verband nur noch aus einer dünnen Lage bestand und ich endlich wieder Schuhe an beiden Füßen tragen konnte.
„Ich benutze die doch seit fast einer Woche so gut wie nicht mehr, warum sollte ich sie also jetzt auf einmal mitnehmen?"
Sue seufzte. „Ich meine ja nur. Besser du hast sie wenigstens dabei, falls du sie brauchst. Deiner Mom würde das bestimmt auch lieber sein."
Ich verdrehte die Augen. „Mom ist aber nicht hier und du musst ihr ja nichts davon erzählen." Sie machte sich sowieso schon genug Sorgen um alles Mögliche und rief viel zu oft an, um sich zu versichern, dass es mir gut ging und ich immer noch nicht zurück nach Hause wollte.
Sue setzte zu einer Antwort an, als auf der Veranda Schritte ertönten und es kurz darauf an der Tür klopfte. Sie stand auf und öffnete die Haustür, vor der ein lächelnder Nate in einem rotkarierten Hemd und mit einem Blumenstrauß in der Hand stand.
Ein wohliges Kribbeln schoss bei diesem Anblick durch meinen Bauch. Eilig stemmte ich mich von der Treppe hoch, zupfte meine Jeansshorts zurecht und schenkte Sue ein flüchtiges Lächeln zum Abschied.
„Hey, nicht so schnell", forderte sie, als ich aus dem Haus schlüpfte, um so schnell wie möglich vor ihren neugierigen Blicken zu verschwinden, den sie seit Wochen nicht verbergen konnte, wenn Nate und ich auch nur miteinander redeten.
„Was denn noch?", stöhnte ich und drehte mich wieder um.
„Um zehn seid ihr wieder da."
„Um zehn?", wiederholte ich frustriert, während Nate „Geht klar" antwortete. Vorwurfsvoll schlug ich ihm gegen den Arm.
„Irgendjemand muss hier doch die Erziehungsberechtigten ersetzen", grinste Sue schulterzuckend.
„Zehn ist zu früh." Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Mindestens Mitternacht."
„Halb elf."
„Mitternacht."
Sue lachte. „Gut, elf."
„Halb zwölf."
„Elf ist mein letztes Wort."
Ich grollte. „Du bist eine Spraßbremse."
Anstatt zu antworten, griff sie hinter sich und förderte meine Krücke zum Vorschein.
„Tu mir den Gefallen und nimm die mit", bat sie Nate und ich stöhnte erneut auf. „Maylea ist zu stur dafür."
Während ich meine Tante mit einem sauren Blick bedachte, nahm Nate ihr das Teil mit dem charmantesten Lächeln ab, das ich je an ihm gesehen hatte. Vielleicht übertrieb er es, um mir eins auszuwischen, denn insgeheim stand er auf Sues Seite. Von ihm konnte ich mir genauso oft anhören, ob so viel Belastung für meinen Fuß nicht zu früh war.
„Auf wiedersehen", sagte ich betont übertrieben, dann packte ich Nates Handgelenk und zerrte ihn hinter mir her die Veranda hinunter.
„Viel Spaß", rief Sue uns hinterher, wofür ihr nur Nate dankte.
„Gott, das ist so nervig", knurrte ich, als wir außer Hörweite waren. „Wie alt sind wir denn? Zwölf?"
„Also mit zwölf hätte ich niemals auf ein Date gehen dürfen", entgegnete Nate und hob entschuldigend einen Mundwinkel, als ich ihn erneut ungläubig ansah.
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Backroads
Teen FictionFür Maylea scheint der bevorstehende Sommer der absolute Wahnsinn zu werden: Jede Menge Partys, Abenteuer mit ihrer besten Freundin und zum allerersten Mal kein öder Urlaub mit ihrer Mum. Doch die Ferien haben kaum begonnen, schon macht nur ein Ge...